Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 5, doc. 145
volume linkBern 1983
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
Archival classification | CH-BAR#E2001A#1000/45#551* | |
Dossier title | Nr. 465. Beitritt der Schweiz zur Konvention vom 29.7.1399 über die Gesetze und Gebräuche des Landkrieges, 1907 (1906–1907) | |
File reference archive | B.231-1 |
dodis.ch/43000
Am 12. Juni abhin haben Sie uns zum Mitbericht über die Frage eingeladen, ob die Schweiz der Haager Konvention vom 29. Juli 1899 über die Gesetze und Gebräuche des Landkrieges beitreten soll oder nicht.
Das Militärdepartement hat Ihnen hierüber am 18. Juni abhin Bericht erstattet2 und ist zum Schlüsse gekommen, der Bundesrat sollte, unter Bezugnahme auf die im Eingang zur Konvention vom 29. Juli 1899 enthaltene Erklärung, der Bundesversammlung den Antrag unterbreiten, schon jetzt und nicht erst bei herannahender Kriegsgefahr dieser Konvention beizutreten.
In Ihrer Botschaft vom 22. Mai 18993 hatten Sie der Bundesversammlung die Gründe auseinandergesetzt (S. 14 & ff.), warum Sie diese Übereinkunft nicht unterzeichnen zu sollen glaubten, und am Schlüsse Ihrer Ausführungen bemerkt:
«Sollten die eidgenössischen Räte bei Prüfung der Akten dazu gelangen, die vorliegende Vereinbarung trotz der von uns beanstandeten Art. 1 und 2 als vorteilhaft zu erachten, so kann der Beitritt zu derselben nach Art. 4 jederzeit erfolgen.»
Die Bundesversammlung billigte Ihren Standpunkt. Von einigen Rednern (Gobat, Secretan) wurde zwar betont, wie wünschenswert es wäre, dass die Schweiz der Übereinkunft über die Gesetze und Gebräuche des Landkrieges beitrete, allein ein dahingehender Antrag wurde nicht gestellt.
[...]
Wenn wir auch nicht alle vom Militärdepartement für den Beitritt zum Haager Abkommen ins Feld geführten Argumente als zutreffend anerkennen können, so stimmen wir doch seinem Antrag zu, es sei der Bundesversammlung der Antrag zu unterbreiten, der gedachten Konvention beizutreten. Nur möchten wir, dass dieser Antrag etwa so motiviert werde:
Die Bemühungen der Schweiz, die Anerkennung des Volkskrieges unter der einzigen Bedingung durchzusetzen, dass die Kriegsgebräuche beobachtet werden, sind in Brüssel (1874) und im Haag (1899) erfolglos geblieben. Die Haager Übereinkunft vom 29. Juli 1899 räumt die Rechte Kriegführender nur den organisierten Streitkräften ein, welche Jemanden an ihrer Spitze haben, der für das Verhalten seiner Untergebenen verantwortlich ist, ein festes, aus der Ferne erkennbares Abzeichen tragen, die Waffen offen führen und bei ihrer Kriegführung die Kriegsgesetze und -Gebräuche beobachten. Art. 2 des Haager Reglements erkenne allerdings die Rechte Kriegführender auch der nicht auf diese Weise organisierten Bevölkerung eines nicht besetzten Gebietes unter der Bedingung zu, dass sie die Kriegsgebräuche beobachte, allein diese Bestimmung ist derart verklausuliert, dass es ratsam erscheint, darauf kein Gewicht zu legen.
An dieser durch die Haager Übereinkunft geschaffenen Sachlage können wir nichts ändern, ob wir dem Abkommen beitreten oder nicht. Es fragt sich daher, ob es für uns nicht besser sei, uns darein zu fügen und in die Gemeinschaft der Staaten zu treten, welche die Konvention angenommen haben. Diese Frage glauben wir entschieden bejahen zu sollen, denn es ist nicht zu verkennen, dass es besonders für einen kleinen Staat vorteilhafter ist, sich auf geschriebene Rechtssätze wie die des Haager Reglements, so lückenhaft und elastisch sie auch sind, berufen zu können, als auf ungeschriebenes Gewohnheitsrecht. Allerdings müssen wir darüber im Klaren sein, dass uns dann die Verpflichtung erwächst, schon in Friedenszeiten dafür zu sorgen, dass wir im Kriegsfälle das gesamte wehrfähige Volk, organisiert, wie es Art. 1 des Haager Reglements verlangt, aufbieten können.
Wir knüpfen also an unsere Zustimmung zum Antrag des Militärdepartements eine wesentliche Bedingung, nämlich die, dass wir ohne Säumen an eine solche Organisation unseres Landsturmes herangehen, welche uns gestattet, dem eindringenden Feind die ganze waffenfähige Mannschaft der Schweiz entgegenzustellen.
Wie ist es gegenwärtig damit bestellt?
Herr Bundespräsident Hauser hatte in der Sitzung des Nationalrates vom 10. Dezember 1900 in Antwort auf die Reden der Herren Gobat und Secretan folgendes bemerkt:
«Bei Beratung des Landsturmgesetzes wurde betont, dass wir damit noch 300,000 Mann ausgerüstet ins Feld werden stellen können. Gewiss, wir haben so viel Gewehre in unsern Arsenalen, aber kaum 50,000 Landstürmer, die eingereiht sind unter den Wehrtragenden. Würde es nach der Konvention nicht einst heissen können: Ihr hättet beizeiten euer Volk auszurüsten Gelegenheit gehabt, ihr habt es aber nicht getan.»
Vielleicht hält es der Bundesrat für angezeigt, das Militärdepartement zu einem ergänzenden Bericht über diesen wichtigen Punkt zu veranlassen, bevor er beschliesst, der Bundesversammlung einen Antrag auf den Beitritt der Schweiz zur Haager Konvention zu unterbreiten4.
Tags
Hague Peace Conferences (1899 and 1907)