Thematische Zuordung Serie 1848–1945:
II. BILATERALE BEZIEHUNGEN
18. Spanien
18.2. Handelsvertragsverhandlungen
Abgedruckt in
Diplomatische Dokumente der Schweiz, Bd. 5, Dok. 40
volume linkBern 1983
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Signatur | Vgl. Edition |
Dossiertitel |
dodis.ch/42895 Der Vorsteher des Handels-, Industrie- und Landwirtschaftsdepartementes, A. Deucher, an seinen Stellvertreter, E. Müller1
Mein lieber College!
Vor allem besten Dank für Deinen mir übermittelten Bericht betr. Handelsvertragsunterhandlungen mit Deutschland und Spanien2.
Was die Kündigung des letzteren Vertrages betrifft, so komme je länger je
mehr zur Ansicht, dass wir einfach künden müssen, ich halte diesen meinen
Antrag entschieden aufrecht und bitte Dich dringend, für dessen Annahme zu
wirken. Im Falle einer gegenteiligen Beschlussfassung müsste ich alle Verantwortlich/£ezY/ in aller Form ablehnen.
Die Bedenken des Herrn Frey waren mir längst bekannt; es sind diejenigen
des Herrn Eichmann, ich habe selbe auch wiederholt vor Einreichung meines
Antrags in Erwägung gezogen, musste aber finden, dass sie selbst dann nicht,
stichhaltig wären gegenüber den Nachtheilen einer zu späten Kündigung des
spanischen Vertrages, wenn sie begründet wären. Letzteres sind sie aber nicht
und es werden für uns aus einer Kündigung mit Frankreich nicht eher Komplikationen entstehen, als wenn wir nicht kündigen. Man weiss in Paris nur zu gut, wie
die Situation bei uns ist und dass als nothwendige Folge unserer neuen Verträge
nun eine Revision des Abkommens zwischen der Schweiz und Frankreich
kommen muss. Übrigens brauchen wir die neuen Verhandlungen mit Spanien gar
nicht erst zu beginnen, bevor [wir mit Deutschland im Reinen sind, die Sache
hat Zeit und ist die Hauptsache nur die, dass jetzt gekündet wird.
Was die Bemerkung betrifft, dass für die Inkraftsetzung der neuen Verträge
Deutschlands nicht der erste Juli nächsten Jahres, sondern der 1. Januar 1906 in
Aussicht genommen sei, so weiss ich wohl, dass in verschiedenen Zeitungen dies
behauptet wird, muss aber bemerken, dass offiziell darüber überhaupt nichts
bekannt ist, und dass nach der mir von ziemlich zuverlässiger Seite gewordenen
Mitteilung der Termin 1. Juli 1905 heute noch ebenso viel Wahrscheinlichkeit für
sich hat wie der andere. Sei dem wie ihm wolle, so dürfen wir uns jedenfalls nicht
der Gefahr aussetzen, wenn der erstere Termin eingehalten werden sollte, dann
durch unsern spanischen Vertrag noch gerade für die entscheidende Weinposi
tion noch über diese Zeit gebunden zu sein, abgesehen davon, dass wir nur bei
sofortiger Kündigung bei neuen Verhandlungen den richtigen Druck auf Spanien
ausüben können. -
Ich weiss wohl, dass ich mich mit diesen Anschauungen im Gegensatz zum
Chef der Handelsabteilung befinde, aber ich trage die Verantwortlichkeit und
vor der Bundesversammlung habe ich die Sache zu vertreten, darum ceterum
censeo: Kündigung.
Ich bitte Dich, mir sofort nach Beschluss des Bundesrates telegraphisch
Mitteilung von demselben zu machen, da ich sozusagen keinen ruhigen Augenblick mehr habe, bis die Angelegenheit, freilich hoffentlich in meinem Sinne,
entschieden ist.3
Bis dahin grüsse ich Dich und die Collegen, in alter Freundschaft.
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