Résumé de l’affaire Richthofen et interdiction à ce dernier, sous peine d’expulsion, de signer des actes officiels en qualité de Consul général de Turquie à Genève.
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 4, doc. 353
volume linkBern 1994
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001A#1000/45#1492* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(A)1000/45 229 | |
Dossier title | Generalkonsulat in Genf (1896–1917) | |
File reference archive | C.421-16-2 |
dodis.ch/42763
Wir sehen uns veranlasst, Ihnen die Ausweisung des Freiherrn von Richthofen, welcher fortfährt, sich die Funktionen eines türkischen Generalkonsuls in Genf anzumassen, zu beantragen. Der Bundesrat hat sich schon wiederholt mit Herrn von Richthofen zu befassen gehabt; es wird aber nicht überflüssig sein, hier die Thatsachen im Zusammenhang kurz zu rekapitulieren.
Wer ist Freiherr von Richthofen? Der Staatsrat des Kantons Genf hatte uns am 11. Juli 1900 u.a. folgendes berichtet:
«La conduite de M. de Richthofen, depuis qu’il est à Genève, a toujours été louche. – La première fois qu’il s’est présenté au Bureau des étrangers, pour obtenir un permis de séjour, il avait fait établir ce permis sous ses seuls prénoms soit «Cari Prétorius» et n’avait pas indiqué qu’il était marié. – Ce n’est qu’après avoir obtenu des renseignements sur son compte, qu’il fut convoqué de nouveau pour retirer un permis rectifié.
L’appartement qu’il occupe n’est pas loué en son nom, mais en celui de sa belle- sœur, Madame Hilda Zimmermann. Actuellement il demeure Chemin des Falaises, 1.
M. de Richthofen a habité Paris, rue Rivet, pendant plusieurs années. De renseignements demandés et obtenus le 15 février 1889, on avait de fortes raisons de croire que cet individu était placé hors cadre de l’armée allemande et s’occupait du service des renseignements. Il a habité également Bruxelles pendant plusieurs années, où il recevait une correspondance volumineuse.
Il a joué un rôle très actif auprès des jeunes Turcs, pour cesser [sic] de faire paraître à Genève les divers journaux turcs qui se publient actuellement à Londres.
Son état-civil est: von Richthofen Prétorius Cari, fils de Emile et de Maria Augusta, né le 20 février 1843, à Berlin, ex-chef d’escadron, originaire de Hombourg, Ober Taunus, Prusse, se dit marié avec Zimmermann Clara, née le 4 juin 1854.»
Bis Ende 1899 stand das Türkische Generalkonsulat in Genf unter der Leitung von Ressoul Effendi, welcher am 29. Juni 1899 das Exequatur des Bundesrates erhalten hatte. Am 29. November 1899 teilte uns Ressoul Effendi telegraphisch mit, er gehe in Urlaub und habe die interimistische Verwaltung des türkischen Generalkonsulates dem Herrn Freiherrn Carl von Richthofen übertragen. Wir haben hiegegen keine Einwendung erhoben, weil wir nach der Fassung des Telegrammes annehmen mussten, dass Ressoul Efendi nur einen Urlaub angetreten habe, und weil es nicht Brauch ist, zu der interimistischen Vertretung eines Konsuls das Exequatur zu verlangen. Nachdem aber mehrere Monate verstrichen waren und wir von einer Rückkehr des Ressoul Effendi auf seinen Posten noch nichts vernommen hatten, erkundigten wir uns bei dem türkischen Gesandten in Brüssel, Karatheodory Effendi, welcher uns am 19. Juni mitteilte, dass Ressoul Effendi nicht mehr Generalkonsul sei.
Ressoul Effendi war also definitiv von seinem Posten abberufen worden; die türkische Regierung hatte aber versäumt, uns davon zu benachrichtigen. In der That konnte sie uns nicht wohl die Abberufung Ressouls anzeigen, ohne uns gleichzeitig von der Ernennung eines ändern Generalkonsuls Mitteilung zu machen und für diesen das Exequatur zu verlangen. Die türkische Regierung war hiebei auf eine Schwierigkeit gestossen: Der Sultan hatte Herrn von Richthofen, der sich als ein vorzüglicher Polizeiagent erwiesen hatte, zum Konsul ernannt; die deutsche Regierung wollte sich aber nicht dazu verstehen, Herrn von Richthofen, der deutscher Unterthan ist, zu gestatten, das Amt eines Generalkonsuls der Türkei zu übernehmen. Daraus erklärt sich, warum das Gesuch um Erteilung des Exequatur an Hrn. von Richthofen unterblieb. Dies hinderte indessen den türkischen Konsulatsverweser (gérant provisoire) nicht, sich als Generalkonsul zu gerieren und offizielle Aktenstücke in dieser Eigenschaft zu unterzeichnen. Als von Richthofen am 14. Juni 1900 an den Sekretär des Politischen Departements ein von ihm als Generalkonsul gezeichnetes Schreiben richtete, antwortete ihm Herr Graffina im Einverständnisse mit dem Departementsvorsteher, er bedaure, ihm keine Antwort geben zu können, da er sich eine Eigenschaft anmasse, die ihm nicht zustehe; er – von Richthofen – habe das eidgenössische Exequatur nicht erhalten und dürfe nicht als Generalkonsul zeichnen. Wir benachrichtigten hievon den türkischen Gesandten Karatheodory und ersuchten ihn dringend, dahin zu wirken, dass dem Treiben des Pseudo-Konsuls von Richthofen ohne Verzug ein Ende gemacht werde. Karatheodory versicherte uns, er habe Hrn. von Richthofen strenge Weisungen erteilt, sich ja auf die Rolle eines Konsulatsverwesers zu beschränken; er habe seiner Regierung vorgestellt, wie dringend es sei, die Verhältnisse des Generalkonsulats in Genf zu regeln, und hoffe, uns bald befriedigende Mitteilungen machen zu können.
Herr Richthofen kümmerte sich um die Weisungen des türkischen Gesandten so wenig als um unsere Vorstellungen und fuhr fort, sich als Generalkonsul auszugeben und die Funktionen eines solchen auszuüben. [...]2
Karatheodory Effendi wurde von diesen Vorgängen in Kenntnis gesetzt. Er antwortete uns, er habe Herrn von Richthofen die frühem Weisungen neuerdings eingeschärft und zweifle nicht daran, dass derselbe sie nunmehr befolgen werde. Er bemerkte ferner: «Ainsi que je vous l’ai télégraphié, je compte, Monsieur le Président, sur votre bienveillance de même que sur celle du Conseil fédéral pour que le statu quo actuel continue pour peu de temps encore. A la fin de l’année ou tout au commencement de janvier prochain, j’aurai l’honneur de venir moi-même à Berne et alors nous pourrons régler ensemble et à notre satisfaction mutuelle l’affaire dont il s’agit» (Note du 21 octobre 1900). Offenbar wollte Karatheodory noch Zeit gewinnen; er hoffte noch, den Sultan dazu bestimmen zu können, Herrn von Richthofen fahren zu lassen. Am 1. November beschlossen Sie, es sei dem türkischen Gesandten mitzuteilen, dass der Bundesrat nicht gewillt sei, Herrn von Richthofen länger zu dulden, weder als Generalkonsul noch als provisorischen Vertreter des türkischen Generalkonsuls in Genf. Jedoch willige er, aus Rücksicht auf die Person Karatheodorys ein, die Beschlüsse der türkischen Regierung noch bis Ende November abzuwarten. Das klang als eine Art Ultimatum, als ein unwiderruflicher Beschluss des Bundesrates. Warum kam aber dieser Beschluss bis jetzt nicht zur Ausführung?
Wir wollen hier sogleich einschalten, dass die türkische Regierung nichts Eiligeres zu thun hatte, als dem deutschen Auswärtigen Amt, wo ein Bruder des Herrn von Richthofen als Staatssekretär sitzt, von unserm Ultimatum Kenntnis zu geben, in der Hoffnung, eine Intervention der deutschen Reichsregierung in dieser Angelegenheit zu provozieren. Dies geht aus den Berichten des Herrn Ministers Roth hervor.
Nun geschah das Merkwürdige, dass nicht Herr von Richthofen, der Pseudo-Generalkonsul, sondern Karatheodory Effendi, der uns genehme Gesandte, entlassen wurde. Am 16. November 1900 richtete Tewfik Pascha, türkischer Botschafter in Berlin, an unsern dortigen Gesandten folgende Note:
«Sa Majesté Impériale le Sultan ayant le désir d’accréditer S. E. Munir Bey en qualité d’Envoyé extraordinaire et Ministre plénipotentiaire auprès de la Confédération helvétique, je suis chargé par la Sublime Porte de demander par l’intermédiaire de Votre Excellence si votre Gouvernement voudrait bien agréer cette nomination. Munir Bey qui est titulaire de l’Ambassade ottomane à Paris, serait appelé à exercer conjointement avec cette charge les fonctions de Ministre à Berne, qui étaient remplies jusqu’ici par Karatheodory Effendi.»
Am 23. November erklärten Sie, die Ernennung Munirs Bey zum Gesandten sei Ihnen genehm.
Wenn dieser Schachzug der türkischen Diplomatie darauf berechnet war, die Ausführung des Bundesratsbeschlusses vom 1. November 1900 zu vereiteln und die Regelung der Angelegenheit Richthofen noch auf die lange Bank zu schieben, so muss man zugeben, dass dies ihr vollkommen gelungen ist. Der damalige Vorsteher des Politischen Departements fand, dass nachdem die Ankunft eines neuen Gesandten angekündigt worden war, es geboten erscheine, noch zuzuwarten, um die Sache mit dem neuen türkischen Vertreter zu besprechen und danach zu trachten, dieselbe mit ihm zu erledigen. Diesen Punkt wollen wir besonders hervorheben, weil während die türkische Regierung sich uns gegenüber in beispiellos rücksichtsloser Weise benahm, indem sie alle unsere gerechten Vorstellungen ausser Acht liess, wir nicht aufhörten, ihr alle möglichen Rücksichten angedeihen zu lassen und ihr zuletzt noch die Gefälligkeit erwiesen, einen nach wiederholt aber umsonst erhobenen Vorstellungen gefassten Beschluss fallen zu lassen. Indem wir mit Karatheodory verhandelten, hatten wir in der That mit der türkischen Regierung selbst verhandelt, denn Karatheodory hatte ihr Bericht erstattet und unsere das Ultimatum enthaltende Note wörtlich mitgeteilt; sie hätte sich daher nicht beklagen können, wenn wir ohne Rücksicht auf den Gesandtenwechsel nach jenem Beschluss vorgegangen wären. Wenn aber der Bundesrat dem Antrag des Vorstehers des Politischen Departements gemäss beschloss, an der Frist vom 30. November nicht mehr festzuhalten, so legte dies neuerdings von seinem aufrichtigen Wunsche Zeugnis ab, die Angelegenheit in freundschaftlicher Weise zu erledigen. Dabei hoffte er, dass der neue Gesandte Munir Bey bald nach Bern käme, um sein Beglaubigungsschreiben zu überreichen, eine Hoffnung, die sich jedoch bis jetzt nicht erfüllt hat. Im Dezember wurde sodann die Angelegenheit von Gobat im Nationalrate zur Sprache gebracht; der Bundesrat beschränkte sich darauf zu erwidern, es seien Schritte eingeleitet, um dem inkorrekten Gebaren des Herrn von Richthofen ein Ziel zu setzen.
Wir haben nicht ermangelt, auch unsere Gesandtschaft in Berlin von der Sachlage in Kenntnis zu setzen und sie zu ersuchen, bei Tewfik Pascha dahin zu wirken, dass endlich einmal die türkische Regierung unseren Reklamationen Gehör schenke. Da der Staatssekretär des Auswärtigen in Berlin, Herr von Richthofen, den Wunsch zu erkennen gegeben hatte, der Bundesrat möchte, wenn er sich zur Ergreifung von Massregeln gegen seinen Bruder veranlasst sehen würde, denselben mit Rücksicht auf ihn und seine Familie keine Publizität geben, so benutzen wir den Anlass, dem Wunsche Ausdruck zu geben, die deutsche Reichsregierung möchte sich ihrerseits in Constantinopel dafür verwenden, dass Herrn von Richthofen jede Thätigkeit auf dem türkischen Generalkonsulate in Genf untersagt werde. Wir haben guten Grund anzunehmen, dass die deutsche Regierung dies auch gethan hat. Wir verweisen diesfalls auf die zwischen uns und der schweizerischen Gesandtschaft in Berlin gewechselte Korrespondenz.
Am 11. Dezember teilte uns die schweizerische Gesandtschaft in Berlin mit, Tewfik Pascha habe von seiner Regierung die Meldung erhalten, dass infolge seiner Berichte in Sachen Richthofen der frühere Generalkonsul in Genua, Haidar Bey, zum Generalkonsul in Genf ernannt worden sei; Munir Bey werde diese Ernennung dem Bundesrate anzeigen und das Exequatur verlangen.3
Wenn wir uns der Hoffnung hingaben, nunmehr die leidige Angelegenheit in kürzester Frist aus der Welt geschafft zu sehen, so haben wir uns abermals getäuscht. Am 29. Dezember teilte uns der Staatsrat des Kantons Genf mit:
«Nous avons l’honneur de vous transmettre, ci-inclus, un passeport délivré le 11/24 décembre par le Consulat général de Turquie à Genève, à une famille Nochemson, signé «Le Consul général Baron de Richthofen».
«Nous vous serions très obligés de bien vouloir nous faire savoir si nous pouvons admettre ce passeport comme valable pour la délivrance de permis de séjour.»
Der Pass Nochemson liegt hier bei.
Wir antworteten hierauf, dass dieser Pass für die schweizerischen Behörden keinen Wert habe; die Regierung möge alle von Richthofen als Generalkonsul Unterzeichneten Papiere zurückbehalten und uns einsenden.
Herr Lardy wurde ebenfalls hievon benachrichtigt und ersucht, Munir Bey vorzustellen, wie dringend es sei, Herrn von Richthofen ein für allemal das Handwerk lahm zu legen. Erfolgt nicht sofortige Remedur, so müsste der Bundesrat auch die Frage erwägen, ob nicht die Bewilligung zur Errichtung eines türkischen Konsulates in Genf zurückzuziehen sei, da ja, wie die Erfahrung zeige, die Gründung dieses Konsulats eher zur Störung als zur Förderung der zwischen beiden Staaten bestehenden guten Beziehungen beitrage.
Statt des Antrages auf Erteilung des Exequatur an den neuen Generalkonsul Haïdar Bey erhielten wir durch Vermittlung des Herrn Lardy das Gesuch, wir möchten Haïdar Bey gestatten, provisorisch zu amten, ohne Exequatur. Wir traten selbstverständlich darauf nicht ein.
Wie Minister Roth mit Tewfik Pascha, so verhandelte auch Herr Lardy mit Munir Bey, um die definitive Entlassung Richthofens schnellstens zu bewirken. Am 11. Januar 1901 war Hr. Lardy endlich in der Lage, uns folgende Botschaft zu schicken:
«Munir Bey m’a déclaré qu’il avait fait venir à Paris M. Karl de Richthofen et qu’il lui avait intimé l’ordre de cesser toute relation quelconque avec le Consulat général ottoman à Genève. Munir m’a autorisé à vous faire savoir officiellement que la question Richthofen était liquidée, que cet homme était un «disparu», que toutes relations étaient rompues avec lui et qu’il ignorait même où Richthofen s’était rendu après leur entretien. Munir Bey a ajouté que le futur Consul général Haïdar était à Genève depuis avant-hier et venait de lui télégraphier qu’il était en possession de toutes les archives du Consulat et avait pris ses mesures pour empêcher Richthofen de rentrer.»
Wir haben hier also eine amtliche Mitteilung Munirs Bey vor uns, dass Herr von Richthofen keine Beziehungen mehr zum türkischen Generalkonsulat in Genf hat. Eine vom Bundesrate gegen Richthofen erlassene Ausweisungsverfügung würde demnach einen einfachen Privatmann, keinen türkischen Beamten treffen. Wenn eingewendet würde, dass wir ja nicht wissen können, ob Munir Bey der treue Dolmetsch seiner Regierung sei, und ob nicht immer noch hinter Richthofen die türkische Regierung stecke, so müssten wir bemerken, dass wir mit der türkischen Regierung nie direkt verkehren, sondern immer durch Vermittlung des von ihr bei der Schweiz akkreditierten Gesandten oder, in Ermangelung eines solchen, eines bei einem ändern Staate beglaubigten türkischen Vertreters. Munir Bey ist türkischer Botschafter in Frankreich, und wenn er amtlich unserm Gesandten in Paris eine Erklärung zu unsern Händen abgibt, so müssen wir diese Erklärung so hinnehmen, wie wenn sie uns direkt von der türkischen Regierung abgegeben würde. Es steht daher für uns bis auf weiteres fest, dass Richthofen durch die türkische Regierung nicht mehr gedeckt wird. Sollte es sich aber damit thatsächlich anders verhalten und Richthofen noch immer im Dienste der türkischen Regierung stehen, so könnten wir uns nur umso leichter jeglicher Rücksicht auf eine Regierung entschlagen, welche mit uns ein unwürdiges Doppelspiel treibt. Die türkische Regierung wird sich übrigens schon deshalb über die Ausweisung von Richthofens nicht beschweren dürfen, weil dieser ja nie das Exequatur erhalten hat und daher von uns nicht als türkischer Konsul betrachtet werden kann.
Am 15. Januar abhin richtete Herr Richthofen an uns folgendes Schreiben:
«Monsieur le Président,
«En vertu des attaques calomnieuses auxquelles ma personne a été exposée aux Chambres fédérales, attaques qui ont trouvé un écho non moins odieux dans une certaine presse mal informée;
«En vertu du fait que la question de mon exequatur n’a pas trouvé de solution – et j’en ignore la cause – pendant plus d’une année où j’ai l’honneur de me trouver par la confiance du Gouvernement Impérial Ottoman à la tête du Consulat général.
«J’ai pris la résolution de refuser dorénavant ma signature et mon sceau aux actes consulaires, comme passeports, visas, légalisations, certificats d’origine etc.
«Je regrette d’autant plus de me voir forcé de prendre cette résolution que mes efforts ont en tout temps porté à compléter et à consolider les relations de sincère amitié si heureusement existante entre la Confédération suisse et l’Empire Ottoman, ainsi qu’à développer les rapports commerciaux et industriels – et ceci avec succès – entre la Turquie et la Suisse, dont les milliers de citoyens établis dans l’Empire Ottoman jouissent par leur conduite exemplaire en toute tranquillité de l’hospitalité que le Gouvernement Impérial accorde si librement aux citoyens de toutes les nations amies.
«Je prie donc Votre Excellence de bien vouloir donner l’ordre que les Chancelleries d’Etat des différents Cantons soient informées de la résolution que j’ai prise.
«Veuillez agréer, Monsieur le Président, l’assurance de ma profonde estime et de ma très haute considération.
Baron de Richthofen, Consul général de Sa Majesté l’Empereur des Ottomans.»
Diese Mitteilung Richthofens schien die Eröffnungen Munirs Bey an Herrn Lardy zu bestätigen, dass nämlich Richthofen nunmehr wirklich beseitigt sei. Allein schon am 19. Januar machte uns Herr Minister Roth in Berlin darauf aufmerksam, dass er diese leidige Angelegenheit durch die von Munir Bey Herrn Lardy erteilten Informationen noch keineswegs für erledigt halte. «Bei der Unzuverlässigkeit und Doppelzüngigkeit der türkischen Diplomaten und Beamten überhaupt – schrieb Herr Roth – muss man sich auf alles gefasst machen, und es würde mich nicht wundern, wenn der in Constantinopel wegen seiner «Findigkeit» in der Überwachung der Jungtürken besonders gut angeschriebene Richthofen in Genf trotz allem demnächst hinter den Coulissen mit dem Generalkonsulate doch wieder in Verbindung stehen würde.»
Diese Vermutung hat sich denn auch als zutreffend erwiesen. Am 26. dies, übermittelte uns das Justiz- und Polizeidepartement des Kantons Genf ein Nationalitätszeugnis, welches Herr von Richthofen als Generalkonsul am 25. Januar einem Garabed Kalfaïan ausgestellt hat. Der Chef des Genfer Justizund Polizeidepartements bemerkt: «Il résulte de ce document que le baron de Richthofen continue à s’attribuer une fonction qu’il n’a pas, et à s’occuper des affaires du Consulat de Turquie, malgré qu’il nous ait lui-même déclaré qu’il avait cessé ces fonctions.»
Dies die heutige Sachlage, bei welcher es sich fragt, ob und welche Mittel es gebe, dem Treiben des Hrn. von Richthofen ein für allemal ein Ende zu machen. Wir sind der Ansicht, dass wenn wir nicht fortfahren wollen, die Rolle des Düpierten zu spielen, uns nichts anderes übrig bleibt, als von Richthofen des Landes zu verweisen. Entweder den Dingen ihren Lauf lassen und gleichgültig zuschauen, wie Herr Richthofen immer neue Mittel und Wege finden wird, dem Bundesrate zum Trotz die Funktionen eines türkischen Generalkonsuls in der Schweiz auszuüben, oder den frechen Eindringling vor die Thüre setzen. Es will uns scheinen, das wir genug reklamiert, genug Vorstellungen in Brüssel, Berlin und Paris erhoben haben, und dass nunmehr für den Bundesrat der Augenblick gekommen sei, einen Beschluss zu fassen, der für immer Abhülfe schafft. Es soll nicht ausser Acht gelassen werden, dass Herr von Richthofen zugleich ein eifriger Polizeiagent ist – darüber dürfen keine Zweifel mehr bestehen – und dass wir es ihm hauptsächlich zu verdanken haben, wenn sich der Sultan die ganze Schweiz nichts anderes als die Zufluchtsstätte von Verschwörern vorstellen kann, welche ihm beständig nach dem Leben trachten und denen er vielleicht ohne den wachsamen Cerberus von Richthofen schon zum Opfer gefallen wäre. Die von Richthofen bei uns entfaltete Thätigkeit, seine unser Land anschwärzenden Berichte an den Sultan sind geeignet, unsere guten Beziehungen zum Türkischen Reiche zu gefährden, und auch von diesem Gesichtspunkte aus erscheint seine Ausweisung gerechtfertigt und notwendig. Auf diese Seite der Thätigkeit von Richthofens werfen einige Streiflichter die Äusserungen, welche vor kurzem der in Genf schon eingetroffene, aber noch nicht in Funktion getretene neue türkische Generalkonsul Haïdar Bey einem Redaktor der «Suisse» gegenüber gethan hat. Die «Suisse» schreibt hierüber (nach der «Neuen Zürcher Zeitung» vom 21. Januar):
«Wir erhielten Freitag nachmittag den liebenswürdigen Besuch des Herrn Haïdar Raschid Bey, des neuen Generalkonsuls der Türkei in der Schweiz. Indem er die Richtigkeit unserer Mitteilungen in der gestrigen Nummer anerkannte, hat Haïdar Raschid Bey erklärt, dass er gerade heute Freitag morgen eine Depesche seiner Regierung erhalten habe, laut welcher alle Verurteilungen, die wir gestern aufzählten, aufgehoben worden seien, wenigstens soweit Verurteilte in Frage kämen, die ihren Wohnsitz in der Schweiz haben.
«Haïdar Raschid Bey hat uns erklärt, dass die ottomanische Regierung irregeführt worden sei durch «zu eifrige» Agenten, die ein Interesse hatten, ehrenwertejunge Leute, die sich einfach zu liberaleren Ideen bekennen als die Regierung, anzuschwärzen. Der neue Genralkonsul hat uns zudem versichert dass auf seinen Bericht hin, worin der wahre Sachverhalt dargestellt war, die türkische Regierung die auf Grund übertriebener, tendenziöser und alarmierender Nachrichten ausgesprochenen Verurteilungen aufgehoben habe.
«Haïdar Raschid Bey hat uns gebeten, dies der Öffentlichkeit kund zu thun, und erklärt, er werde in dieser Richtung seines Amtes zu walten fortfahren; er werde sorgfältig unterscheiden zwischen Anarchisten und in der Schweiz lebenden Türken, die sich lediglich zu liberalen Ideen bekennen. Er hofft, auf diese Weise sich die Sympathien des Publikums wieder zu erwerben, die den zu eifrigen und interessierten Persönlichkeiten, deren Vorgehen er in allererster Linie tadle, verloren gehen mussten. Sollten die Thaten des neuen Generalkonsuls zu seinen Versprechungen stimmen, so wird sich seine Erwartung sicherlich erfüllen.»4
Die Frage, ob nicht Herr von Richthofen strafrechtlich verfolgt werden sollte, glauben wir schon deshalb unerörtert zu lassen, weil es uns nicht so sehr an einer Bestrafung v. Richthofens liegt, als daran, ihn so bald als möglich und für immer los zu werden.
Wir legen Ihnen den Entwurf eines Ausweisungsbeschlusses5 vor und beantragen, Sie wollen denselben genehmigen.6
- 1
- Proposition: E 2001 (A) 1499. Pl Freiherr von Ausweisung. La correspondance mentionée dans cette proposition n’est pas reproduite.↩
- 2
- Suivent des exemples qui illustrent les prétentions de Richthofen.↩
- 4
- Remarque manuscrite: Wir verweisen auch auf den beiliegenden Bericht der Bundesanwaltschaft vom 30. Januar 1901. Non reproduit.↩
- 5
- Non reproduit.↩
- 6
- Le Conseil fédéral décide le 5 février 1901: i) Es sei dem Freiherrn von Richthofen in Genf durch die Genfer Behörden zu eröffnen, dass wenn er sich beikommen lassen sollte, die Funktionen eines türkischen Generalkonsuls auf Schweizergebiet weiter auszuüben, irgend ein Aktenstück (Pass, Nationalitätszeugnis, Ursprungszeugnis u.s.w.) als Generalkonsul oder auch nur als Konsulatsverweser zu unterzeichnen, der Bundesrat ihn sofort des Landes verweisen würde. Die Regierung des Kantons Genf sei ferner einzuladen, alle in Betracht kommenden Behörden ihres Kantons davon zu benachrichtigen, dass Hr. von Richthofen nicht berechtigt sei, Konsularfunktionen im Namen des ottomanischen Reiches zu verrichten, weder als Generalkonsul noch als Konsulatsverweser. Das politische Department habe eine gleiche Mitteilung den Regierungen der übrigen Kantone zugehen zu lassen. ii) Dem Hrn. Minister Lardy sei folgendes mitzuteilen: So lange Munir Bey beim Bundesrat als ausserordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister der Türkei nicht akkreditiert sei, d. h. solange er sein Kreditiv nicht überreicht habe, solange werde der Bundesrat nicht in der Lage sein, auf das gestellte Gesuch um Siegelung der Räumlichkeiten des türkischen Generalkonsulates in Genf einzutreten. (E 1004 1/204, no 503).↩
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