Classement thématique série 1848–1945:
V. CODIFICATION DU DROIT INTERNATIONAL
1. Conférence de La Haye sur le désarmement
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 4, doc. 306
volume linkBern 1994
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001A#1000/45#541* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(A)1000/45 41 | |
Dossier title | Nr. 461. Allgemeines, 1898 - Mai 1899 (1898–1899) | |
File reference archive | B.231-1 |
Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
Archival classification | CH-BAR#E1001#1000/6#31* | |
Dossier title | Anträge des Eidg. Politischen Departementes 1899-1901 (1899–1901) | |
File reference archive | 1.2 |
dodis.ch/42716
Durch Note der niederländischen Gesandtschaft vom 7. April2 ist dem Bundesrate die endgültige Einladung zugekommen, sich an der den 18. Mai nächsthin im Haag zusammentretenden Abrüstungskonferenz vertreten zu lassen. Konkrete Vorschläge für die Konferenzverhandlungen liegen nicht vor. Die niederländische Note weist lediglich auf das ziemlich vage Programm hin, welches in der russischen Note vom 30. Dezember 1898/11. Januar 18993 enthalten ist und bemerkt, dass noch andere Fragen, welche mit den im Rundschreiben vom 12. August 18984 entwickelten Gedanken in Zusammenhang stehen, an der Konferenz zur Erörterung gelangen können. Dagegen wird neuerdings betont, dass Fragen, welche die politischen Beziehungen der Staaten unter einander oder die durch Verträge geschaffenen Zustände betreffen, nicht zur Verhandlung zugelassen werden dürfen.
Wir werden nun das russische Programm Punkt für Punkt durchgehen und daran jene Erörterungen knüpfen, welche uns im Hinblick auf die unsern Delegierten zu erteilenden Instruktionen geboten erscheinen.
1) Entente stipulant la non-augmentation, pour un terme à fixer, des effectifs actuels des forces armées de terre et de mer, ainsi que des budgets de guerre y afférants; étude préalable des voies dans lesquelles pourrait même se réaliser dans l’avenir une réduction des effectifs et des budgets ci-dessus mentionnés.
Der Chef des Generalstabes begutachtet in seinem Berichte ans Militärdepartement5 diese Frage in dem Sinne, dass wir eine Verpflichtung, den gegenwärtigen Effektivstand unserer Streitkräfte und das hierauf bezügliche Büdget auf eine festzusetzende Zeit nicht zu vermehren, nicht eingehen können, ohne den verfassungsmässigen Grundsatz der allgemeinen Wehrpflicht preiszugeben.
Wir halten auch dafür, dass hierin ein ausschlaggebender Grund liegt, uns gegenüber dem russischen Vorschlag ablehnend zu verhalten. Da alle grossen festländischen Heere auf der gleichen Grundlage der allgemeinen Wehrpflicht beruhen, so ist nicht zu befürchten, dass wir bei dieser Ablehnung isoliert dastehen. Es ist undenkbar, dass die Staaten, gross und klein, die auch bei unbedeutenden Fragen stets so eifrig bestrebt sind, ihre Souveränetät zu wahren, nun bereit sein sollten, einen wesentlichen Teil dieser Souveränetät aufzugeben und sich gerade da Fesseln anlegen zu lassen, wo es sich um ihre Sicherheit und Selbsterhaltung handelt.
Die Erhaltung des Friedens wäre durch ein Einvernehmen zwischen den Mächten im Sinne des russischen Vorschlages nichts weniger als verbürgt. Denn da die Ursachen, welche die Beunruhigung hervorbringen, d. h. ebenjene politischen Verhältnisse, die von den Konferenzverhandlungen ausgeschlossen sein sollen, fortbestehen bleiben, so würden die rivalisierenden Grossmächte doch fortfahren, im geheimen zu rüsten, um sich gegenseitig zu überflügeln. Hieraus könnte aber leicht ein casus belli entstehen.
Unsere Delegierten werden bei Erörterung dieser Frage so wenig als möglich mitsprechen; wenn aber die Reihe an sie kommt, die bündige Erklärung abgeben, dass die Schweiz, deren Milizarmee nur dazu bestimmt sei, Angriffe von aussen abzuwehren, bei aller Anerkennung, die sie den grossherzigen Gesinnungen des Kaisers von Russland zolle, sich keine Einschränkung ihrer Verteidigungsmittel gefallen lassen könnte, bei welcher es nicht möglich wäre, den verfassungsmässigen Grundsatz der allgemeinen Wehrpflicht zur Ausführung zu bringen.
2) Interdiction de la mise en usage, dans les armées et dans les flottes, de nouvelles armes à feu quelconques et de nouveaux explosifs, aussi bien que de poudres plus puissantes que celles adoptées actuellement tant pour les fusils que pour les canons.
Der Chef des Generalstabes spricht sich hierüber in seinem Berichte vom 22. Februar6 dahin aus, dass die Schweiz einer auf Beibehaltung des status quo abzielenden Vereinbarung mit Bezug auf die Infanteriebewaffnung ohne Gefährdung unserer Armeeinteressen beitreten könnte, sofern rein mechanische Verbesserungen an den bestehenden Handfeuerwaffen nicht unter das Verbot fielen. Wieweit aber, möchten wir fragen, dürfte man mit solchen Verbesserungen gehen? Die Grenze zu bestimmen, scheint uns schwierig, wenn nicht unmöglich zu sein. Deutschland z.B. beabsichtigt, ein neues Gewehrschloss einzuführen, welches wesentliche Vorzüge vor dem bisherigen aufweist. Wenn wir recht unterrichtet sind, so bestehen diese Vorzüge darin, dass das Laden automatisch vor sich geht und auf diese Weise mehrere Schüsse ohne abzusetzen abgegeben werden können. Man kann sich fragen, ob diese Verbesserung nicht derart sei, dass sie auch unter jenes Verbot fallen sollte.
Mit Bezug auf die Artillerie-Bewaffnung spricht sich der Chef des Generalstabes dahin aus, dass wir auf die Anschaffung eines neuen Geschützmaterials angesichts der Neubewaffnung unseres westlichen und nördlichen Nachbars nicht verzichten können.
Über die Schwierigkeiten, die sich der praktischen Durchführung des Verbotes entgegenstellen, neue Sprengstoffe oder ein neues Pulver zu verwenden, welches leistungsfähiger als das gegenwärtig für Gewehre und Geschütze in Gebrauch befindliche wäre, verweisen wir auf den Bericht der technischen Abteilung der Kriegsmaterialverwaltung vom 3. März abhin.
Wir sind der Ansicht, dass unsere Delegation auch gegenüber dem ganzen Postulat 2 sich ablehnend verhalten, also auch mit Bezug auf die Infanterie-Bewaffnung keine Zugeständnisse machen sollte. Ihre Erklärungen werden dahin zu lauten haben, dass die Schweiz, welche nur dann von den Waffen Gebrauch mache, wenn man sie angreife, nicht zum vorneherein auf jene bessern Verteidigungsmittel verzichten dürfe, die ihr die Waffentechnik und die Wissenschaft liefern könnten.
3) Limitation de l’emploi, dans les guerres de campagne, des explosifs d’une puissance formidable déjà existants et prohibition du lancement de projectiles ou d’explosifs quelconques du haut des ballons ou par des moyens analogues.
Man scheint damit die Verwendung von Brisanzgeschossen beschränken zu wollen, d.h. von Artillerie-Geschossen, welche mit brisanten Sprengstoffen (Schiesswolle, Melinit, Pikrinsäure etc.) gefüllt sind, und die vermöge ihrer grossen Sprengkraft eine ausserordentlich zerstörende Wirkung haben können.
Die Petersburger Konvention vom 11. Dezember 1868 verbietet die Verwendung von Geschossen, welche bei einem Gewichte unter 400 Gramm entweder explodierend oder mit entzündlichen oder brennbaren Stoffen gefüllt sind. Es fallen also unter dieses Verbot nur Geschosse aus Handfeuerwaffen, welche mit einer Sprengladung versehen sind, die sich beim Aufschlag entzündet und das Platzen des Geschosses im getroffenen Körper herbeiführt. Diese Geschosse waren lediglich zu dem Zwecke eingeführt worden, Munitionswagen in die Luft zu sprengen. Da aber dabei nicht verhindert werden konnte, dass auch Menschen getroffen wurden, die dann einen qualvollen Tod zu erdulden hatten, so wurde die Verwendung von Sprenggeschossen unter 400 Gramm aus dem Infanteriegewehr durch die Petersburger Erklärung vom 11. Dezember 1868 gänzlich untersagt. Der preussische Delegierte an der Konferenz in St. Petersburg hatte die Ausdehnung dieses Verbotes auf weitere Zerstörungsmittel vorgeschlagen; dem lebhaften Widerspruch Englands ist es zuzuschreiben, wenn dem preussischen Antrag keine Folge gegeben wurde.
Der eidgenössische Generalstab ist der Meinung, dass die schweizerische Delegation sowohl der Einschränkung des Gebrauches starkwirkender Sprengstoffe als dem Verbote, aus Ballons heraus die in Deckung befindlichen Truppen mit Explosivstoffen zu überschütten, ohne weiteres zustimmen kann.
Es wird ferner im Berichte des Chefs des Generalstabes bemerkt:
«Es will uns scheinen, dieser Punkt 3 sollte noch ein mehreres umfassen: nämlich eine zeitgemässe Neugestaltung des Inhaltes der Petersburger Deklaration von 1868. Es genügt dem heutigen Humanitätsgefühl nicht mehr, dass nur die wirklich explosiven Gewehrgeschosse verboten sind; es sollten auch alle diejenigen Gewehrprojektile ausgeschlossen werden, welche durch ihre Deformierung den Charakter der Wunden und die Leiden des Getroffenen erschweren. Dahin gehören alle Geschosse, bei welchen die Spitze des Mantels durchlöchert oder abgefeilt ist, um beim Aufschlag im menschlichen Körper grössere Verheerungen zu erzielen; ferner auch die Geschosse, deren glatter Durchschlag durch einen innern Hohlraum oder durch Verwendung von Weichblei gehemmt wird etc.»
Wir sind auch der Ansicht, dass derartige Geschosse, wenn nicht dem Buchstaben, so doch dem Geiste der Petersburger Erklärung nach verpönt sein sollten, und möchten die Anregung des Militärdepartements warm befürworten, welche dahin geht, die schweizerische Delegation an der Haager Konferenz sei zu beauftragen, eine Ausdehnung jener Erklärung im angedeuteten Sinne vorzuschlagen. Dieser Vorschlag, welcher darauf gerichtet ist, unnütze Grausamkeiten zu verhüten, wird aller Wahrscheinlichkeit nach Unterstützung finden. Dagegen zweifeln wir daran, ob die Mächte geneigt sein werden, sich mit Bezug auf den Gebrauch starkwirkender Sprengstoffe im Feldkriege die Hände binden zu lassen. Russland will die Verwendung von bereits vorhandenen Explosivstoffen nicht gänzlich verbieten, sondern nur beschränken. Wie wird aber darüber eine Kontrolle im Kriege geführt werden? Wir sehen auch nicht ein, warum der Gebrauch dieser verheerend wirkenden Stoffe nur im Landkriege und nicht auch im Seekriege beschränkt werden sollte. Sei dem wie ihm wolle, die Schweiz hat keinen Grund, dem Postulat 3, so wie es von Russland formuliert worden ist, nicht zuzustimmen.
4) Défense d’employer dans les guerres navales des bateaux torpilleurs sousmarins ou plongeurs, ou d’autres engins de destruction de la même nature; engagement de ne pas construire, à l’avenir, des navires de guerre à éperon.
Der Chef des Generalstabes bemerkt hiezu, dass die Schweiz keine Ursache hat, dieser Milderung des Seekrieges nicht gerne zuzustimmen.
Wir sind dagegen der Ansicht, dass die Schweiz sich mit Bezug auf diesen Punkt, der unsere Verhältnisse nicht berührt, vollständig neutral zu verhalten hat.
Frankreich setzt auf seine neuen Taucher-Torpedoboote die grössten Hoffnungen und erblickt darin eine wertvolle Ergänzung seiner Verteidigungs- und Angriffsmittel gegenüber ändern der seinigen überlegenen Flotten. Wir haben keinen Grund, in dieser Hinsicht Frankreich entgegenzutreten. Es wird vielmehr klüger sein, sich weder für noch gegen diesen Vorschlag auszusprechen und die Regelung der Frage den beteiligten Seemächten zu überlassen.
5) Adaptation aux guerres maritimes des stipulations de la Convention de Genève de 1864, sur la base des articles additionnels de 1868.
6) Neutralisation, au même titre, des navires ou chaloupes chargés du sauvetage des naufragés pendant ou après les combats maritimes.
Russland scheint die Annahme der nicht ratifizierten Zusatzartikel von 18687, soweit sie den Seekrieg betreffen, mit einer einzigen Änderung Vorschlägen zu wollen. Art. 6 des Entwurfes von 1868 bestimmt nämlich:
«Les embarcations qui, à leurs risques et périls, pendant et après le combat recueillent ou qui, ayant recueilli des naufragés ou des blessés, les portent à bord d’un navire soit neutre, soit hospitalier, jouiront jusqu’à l’accomplissement de leur mission de la part de neutralité que les circonstances du combat et la situation des navires en conflit permettront de leur appliquer.
«L’appréciation de ces circonstances est confiée à l’humanité de tous les combattants.»
Wie man sieht, ist die im Entwurf von 1868 den mit der Bergung von Schiffbrüchigen sich befassenden Fahrzeugen gewährte Neutralität so verklausuliert, dass sie sich in praxi als illusorisch erweisen dürfte. Russland möchte nun, wie sich aus Postulat 6 ergibt, die Schiffe und Schaluppen, die sich während oder nach den Seeschlachten mit der Rettung Schiffbrüchiger beschäftigen, unbedingt neutral erklären.
Es sei uns nach dieser die Tragweite von Postulat 6 klarstellenden Bemerkung gestattet, einen kurzen Rückblick auf die Verhandlungen zu werfen, aus denen die Zusatzartikel von 1868 hervorgegangen sind, sowie auf die Umstände, die bis jetzt die Ratifikation dieser Artikel verhindert haben. Es wird sich hieraus ergeben, dass dem Abschluss einer Übereinkunft über die Anwendung der humanitären Grundsätze der Genfer Konvention auf den Seekrieg grössere Schwierigkeiten entgegenstehen, als der Revision der auf den Landkrieg bezüglichen Bestimmungen der Genfer Übereinkunft.
Die im Kriege von 1866 gemachten Erfahrungen hatten eine Revision der Genfer Konvention nahegelegt. Bei Anlass der Weltausstellung im Jahre 1867 fand eine internationale Konferenz der Hilfsvereine in Paris statt, an der sich die meisten Regierungen durch eigene Abgeordnete vertreten Hessen. Die Konferenz formulierte eine Anzahl Vorschläge, welche den Regierungen mitgeteilt wurden mit dem Gesuche, die Genfer Konvention möchte im Sinne derselben durch Zusatzartikel ergänzt werden.
Auf die Einladung des Bundesrates hin trat am 5. Oktober 1868 in Genf eine internationale Konferenz zusammen, welche einen 15 Artikel umfassenden Entwurf feststellte, wovon 5 sich auf den Landkrieg, 10 auf den Seekrieg beziehen. Ein erster Entwurf der auf den Seekrieg bezüglichen Vereinbarung sicherte dem Personal unbeschränkte Neutralität zu, während die Neutralität der Spitalschiffe nur dahin beschränkt wurde, dass sie nicht eine stärkere Bedeckung führen dürfen, als für den innern Polizeidienst notwendig sei; auch dass sie an Munition und Proviant nichts mehr mit sich führen sollten, als ihre besondern Zwecke es erforderten. Frankreich erhob gegen diese Bestimmung lebhaften Widerspruch, und so musste in einer zweiten Beratung der erste Entwurf abgeändert werden. Die Neutralität des Materials der Militär-Hospitalschiffe wurde fallen gelassen und für dieselben einfach die Artikel 1 und 4 der 64er Konvention anwendbar erklärt. So bleiben nach Art. 9 der Zusatzartikel die Militär-Hospitalschiffe, was ihr Material betrifft, den Kriegsgesetzen unterworfen. Sie werden Eigentum des Eroberers, der sie jedoch während der Dauer des Krieges ihrer speziellen Bestimmung nicht entziehen darf.
Der Berichterstatter begründete diese Änderung des ersten Entwurfes folgendermassen (Protokoll der Verhandlungen, S. 43):
«La suppression de la neutralité du navire de guerre hôpital, en ce qui concerne le matériel, est en premier lieu une assimilation complète à ce qui a été stipulé pour les hôpitaux de terre» – es sind die stabilen Militär-Spitäler gemeint, denn das Material der mobilen Feldspitäler darf der Feind sich nicht aneignen –. «En outre» – und das ist der wichtigste Grund – «on a pu craindre que des valeurs considérables en matériel maritime, et elles se comptent aujourd’hui par millions, ne pussent être soustraites aux chances de la guerre. Ainsi, qu’une importante construction maritime se trouve avariée pour quelque cause que ce soit dans un pays lointain, ne pourrait-elle être transformée en hôpital et acquérir ainsi une neutralité qui lui permettrait de rejoindre sans danger les arsenaux de réparation et de redevenir plus tard une puissante machine de guerre?»
Am 20. Oktober 1868 wurde der Entwurf von allen Vertretern der 14 Staaten, die sich an der Konferenz beteiligt hatten, unterzeichnet. So durfte man hoffen, dass diese Staaten der Vereinbarung ihre Ratifikation nicht verweigern würden. Es sollte aber anders kommen.
Durch Note vom 23.0ktober/30. November 1868 teilte der Bundesrat den Signatarmächten der Genfer Konvention die Ergebnisse der Genfer Konferenz
Am 11. Dezember 1868 erklärte die französische Regierung, sie sei bereit, die Zusatzartikel anzunehmen, wünsche aber, dass Art. 9, welcher die Militär-Hospitalschiffe dem erobernden Feinde preisgibt, einen Zusatz erhalte, der es den Marinetruppen ermögliche, sich von Hospitalschiffen, welche des Vorzuges der Neutralität genössen, begleiten zu lassen. Der daherige von Frankreich formulierte Zusatz lautete:
«Toutefois, les navires impropres au combat que, pendant la paix, les gouvernements auront officiellement déclaré être destinés à servir d’hôpitaux maritimes flottants, jouiront, pendant la guerre, de la neutralité complète du matériel comme du personnel, pourvu que leur armement soit uniquement approprié à leur destination spéciale.»
Der Bundesrat empfahl den Staaten mit Note vom 16. Dezember 1868 dieses Amendement zur Annahme.
Wenn Artikel 9 Frankreich zu eng erschien, so ging für England Art. 10 zu weit, indem er die Handelsschiffe, die Kranke und Verwundete mit sich führen, als neutral erklärte. Dieses Privileg drohte nämlich das Prisenrecht, das England so sehr am Herzen lag, illusorisch zu machen. Auch der letzte Absatz von Art. 10, welcher den Höchstkommandierenden in dringenden Fällen die Befugnis einräumt, durch besondere Abkommen die zur Ausräumung (évacuation) von Verwundeten und Kranken verwendeten Schiffe zeitweilig neutral zu erklären, flösste England Bedenken ein. Wenn einer blokierten Stadt – bemerkte die britische Regierung – gestattet sein sollte, die Kranken und Verwundeten fortzuschaffen, so würde der belagerte Feind dadurch unter Umständen in den Stand gesetzt werden, länger Widerstand zu leisten.
Über diese Frage fand zwischen der britischen und der französischen Regierung ein Meinungsaustausch statt, ln einer Note des französischen Botschafters Fürst de la Tour d’Auvergne in London an den Grafen von Clarendon, d.d. 26. Februar 1869, wird die Tragweite von Art. 10 folgendermassen festgestellt: «Les stipulations de la Convention de Genève n’ont eu pour objet de modifier sur aucun point les principes généralement admis, en ce qui concerne les droits des belligérants. Il demeure donc entendu, pour le Gouvernement de l’Empereur, que tout navire, porteur de malades ou de blessés, qui aurait à son bord de la contrebande de guerre ou des marchandises ennemies, ne saurait invoquer le bénéfice de la neutralité. Quant au dernier paragraphe de l’article X additionnel, il donne seulement à l’assiégé la faculté d’entrer en pourparlers avec l’assiégeant, pour l’évacuation d’un port bloqué; c’est-à-dire que le fait de l’entrée ou de la sortie d’un navire ayant pour mission spéciale de transporter des malades et des blessés, ne peut résulter que d’un accord préalable entre les belligérants.»
Alle Signatarmächte der Genfer Konvention hatten ihre Zustimmung zu den Zusatzartikeln, zu der von Frankreich vorgeschlagenen Modifikation von Art. 9 und zu der Auffassung Frankreichs mit Bezug auf die Tragweite von Art. 10 ausgesprochen, als Russland am 21. April 1870 eine Note an den Bundesrat richtete, um zu verlangen, dass in Art. 12 eine Bestimmung aufgenommen würde, um den Missbrauch der die Neutralität sichernden Flagge zu verhüten. Russland beantragte, den zweiten Absatz von Art. 12 (Les belligérants exercent à cet égard toute vérification qu’ils jugent nécessaire) durch folgenden zu ersetzen:
«A l’exception des navires hospitaliers qui se distinguent par une peinture extérieure spéciale, tout bâtiment de guerre ou de commerce ne peut se servir du pavillon blanc à croix rouge que dans le cas où il en aurait reçu l’autorisation par suite d’une entente préalable des belligérants. En l’absence d’une pareille entente, le bénéfice de la neutralité n’est accordé qu’à ceux des navires dont le pavillon neutre tel qu’il est établi pour les bâtiments hospitaliers a été hissé avant qu’ils ne fussent aperçus par l’ennemi.»
Der Bundesrat teilte auch diesen Antrag den Staaten mit, und am 7. Oktober 1873 konnte er konstatieren, dass alle Staaten, Deutschland ausgenommen, sich mit dem russischen Zusatz einverstanden erklärt hatten.
Der schweizerische Gesandte in Berlin (Herr Hammer) machte wiederholt bei der deutschen Regierung Schritte, damit sie das letzte Hindernis, welches noch der Ratifikation der Zusatzartikel von 1868 entgegenstand, beseitige, erhielt aber stets ausweichende Antworten. Als dann Russland im Jahre 1874 die Staaten zu einer Konferenz nach Brüssel behufs einer Kodifizierung des Kriegsrechtes8 einlud, da erklärte Deutschland, den willkommenen Anlass als Vorwand benutzend, die Frage der Ratifikation der Zusatzartikel stehe in Zusammenhang mit der von Russland vorgeschlagenen Konvention; es empfehle sich daher, die Sache vorläufig auf sich beruhen zu lassen und das Ergebnis der Brüsseler Konferenz abzuwarten.
Vor dem Zusammentritt dieser Konferenz erklärte aber England in einer Note an Russland (4. Juli 1874) kategorisch, dass es keine Delegierten nach Brüssel entsenden würde, wenn Russland und die übrigen zur Konferenz eingeladenen Staaten der englischen Regierung nicht die Zusicherung gäben, dass ihre Vertreter keine auf den Seekrieg bezügliche Frage, weder direkt noch indirekt, berühren werden. Die Zusatzartikel von 1868, soweit sie den Seekrieg betreffen, kamen somit in Brüssel nicht zur Sprache und befinden sich noch heute im Stadium des Entwurfes.
Wenn wir uns, nachdem wir einen Blick auf die Vergangenheit geworfen haben, fragen, ob gegenwärtig bessere Aussichten für das Zustandekommen einer Vereinbarung über die Ausdehnung der Genfer Konvention auf den Seekrieg vorhanden seien, so müssen wir gestehen, dass wir keine grossen Hoffnungen in dieser Hinsicht hegen. Die Bemühungen der Seemächte, das sog. Prisenrecht abzuschaffen oder zu beschränken, sind bis jetzt erfolglos geblieben und hierin liegt ja die grosse Schwierigkeit. Das italienische Centralkomitee des Roten Kreuzes hat einen Ausweg gesucht und an den Konferenzen der Hilfsvereine in Rom (1892) und in Wien (1897) vorgeschlagen, die Hospitalschiffe besonders zu konstruieren und sie als solche schon bei Friedenszeiten zu bezeichnen.
Das russische Postulat 6 trägt aber den im Jahre 1868 erhobenen Einwendungen und den seither vorgeschlagenen Lösungen keine Rechnung. Man wird sich daher auf grosse Diskussionen gefasst machen müssen, bei welchen das ganze Projekt leicht scheitern könnte. Es wäre deshalb unserer Ansicht nach unvorsichtig, die Frage der von uns mit Bezug auf den Landkrieg angestrebten Revision der Genfer Konvention mit derjenigen der Ausdehnung der Grundsätze dieser Konvention auf den Seekrieg zu verquicken. Während eine Revision der Genfer Übereinkunft auf keine grossen Schwierigkeiten stossen dürfte, sind die auf die Marine bezüglichen besondern Verhältnisse derart, dass eine Einigung unter den Mächten heute noch als sehr zweifelhaft erscheint. Es ist auch zu bedauern, dass die Wissenschaft sich bis jetzt mit diesem Gegenstand wenig befasst hat. Das Institut für Völkerrecht hat zwar die Frage der Ausdehnung der Genfer Übereinkunft auf den Seekrieg in die Tagesordnung seiner Verhandlungen aufgenommen, aber bis jetzt nicht behandelt.
Wir kommen aus diesen Gründen zu folgendem Schlüsse: die schweizerische Delegation an der Haager Konferenz sei zu beauftragen, den Antrag auf Revision der Genfer Konvention zu stellen. Dieser Gegenstand sei aber gesondert von den Postulaten 5 und 6 des russischen Programms zu behandeln, welche eine Regelung der maritimen Verhältnisse im Auge haben. Da letztere Frage lediglich die Seemächte angeht, so wäre sie von den Vertretern dieser Mächte allein zu beraten und eventuell durch eine besondere Übereinkunft zu regeln.
Wie wünschenswert es ist, die Genfer Konvention einer Revision zu unterwerfen, wird sich aus nachfolgender Untersuchung ergeben.
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