dodis.ch/42582 Le Ministre de Suisse à Berlin,
A. Roth, au Chef du Département des Affaires étrangères,
A. Lachenal1
Confidentiell Berlin, 27. Mai 1895
In Beantwortung Ihrer Depesche vom 21. d. Mts.2 beehre ich mich, Ihnen auf Grund einer confidentiellen Mitteilung des Unterstaatssekretärs des Auswärtigen Amtes des Deutschen Reichs, Freiherr von Rotenhan, folgendes zu berich
Die Reichsregierung hat das bewusste Memorandum des italienischen Ministers des Auswärtigen, H. Blanc, ebenfalls offiziell zugestellt erhalten.
Nach diesseitiger Auffassung ist der vom König Menelik neuerdings geduldete Sklaven-Handel ausschliesslich dem von Frankreich und England aus getriebenen Waffenschmuggel nach Äthiopien zuzuschreiben, d.h. also dem Umstande, dass die Sklavenhändler sich auf diesem Wege reichlich mit Waffen versehen und allfälligen Belästigungen wirksamen Widerstand entgegenzusetzen im Stande sind.
Dafür, dass dieser Waffenschmuggel auch aus Deutschland betrieben werde, liegen keine Anzeichen vor. Da man aber hier wünscht, sich Italien auch in dieser Angelegenheit tunlichst freundlich zu erweisen, hat das Auswärtige Amt das preussische Ministerium des Innern beauftragt, der Frage näher zu treten, ob es auf Grund der bestehenden Gesetzgebung zulässig wäre, deutscherseits ein förmliches Waffenausfuhr-Verbot betreffend Äthiopien zu erlassen. Wird diese Frage bejahend begutachtet, so würde dann ein solches Ausfuhr-Verbot wirklich erlassen und zwar namentlich in der Absicht, Italien in die Lage zu versetzen, unter Berufung auf dieses Vorgehen Deutschlands ein gleiches Vorgehen auch von Frankreich und von England zu verlangen.
Ein anderes Mittel, dem bewussten Sklavenhandel wirksam entgegenzuarbeiten, gibt es nach diesseitigem Dafürhalten nicht, es wäre denn, dass Italien die ganze Küste blockieren würde, woran natürlich aus verschiedenen Gründen nicht zu denken ist.
Erst wenn die Rückäusserung des Ministers des Innern über die obengedachte Frage eingegangen sein wird, wird das Auswärtige Amt das fragliche Memorandum des Herrn Blanc beantworten.