Thematische Zuordung Serie 1848–1945:
II. WIRTSCHAFTS-, HANDELS- UND WÄHRUNGSPOLITIK
2. Multilaterale Verhandlungen
2.2. Schutz des Geistigen Eigentums
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Documents Diplomatiques Suisses, vol. 3, doc. 298
volume linkBern 1986
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Archives | Archives fédérales suisses, Berne | |
Cote d'archives | CH-BAR#E22#1000/134#2425* | |
Titre du dossier | Internationale Konferenz in Rom vom 29.4.-11.5.1886 (1885–1888) | |
Référence archives | 6.4.4.1.1.2 |
dodis.ch/42277
In Vollziehung der Schlussnahme vom 16. Februar a.c.2 legt das Unterzeichnete Departement den Entwurf zu einer Instruktion für Herrn Dr. Willi, Chef der I. Departements-Abtheilung vor, den der Bundesrath zum Delegirten der nächsten in Rom abzuhaltenden Conferenz betreffend das gewerbliche Eigenthum ernannt hat.3
1. Revision der internationalen Convention zum Schutz des gewerblichen Eigenthums4.
Eine Revision der Convention wird von 2 Staaten verlangt, Frankreich und Belgien. Frankreichbeantragt nämlich, dass in Artikel 55 ausdrücklich gesagt werde, dass derjenige, welcher von einem Staate ein Erfindungspatent erhalten hat, auch verpflichtet sei, in demselben die Erfindung auszubeuten, d.h. zu fabriziren.6
Die Schweiz ist insoweit mit diesem Vorschläge einverstanden, als sie der Meinung ist, dass das Wort «exploiter» nicht nur im Sinne von «vendre», sondern auch von «fabriquer» zu verstehen sei. Immerhin sollte das erste Lemma des Artikel 5 unberührt bleiben. Ihre Delegirten haben schon in der internationalen Conferenz vom November 1880 den gleichen Standpunkt eingenommen.7 Es bedarf aber, um das zweite Lemma in diesem Sinne auszulegen, keiner Revision der Convention, sondern nur einer bezüglichen Bestimmung im Ausführungsreglement. Es ist richtig, dass Art. 5 der Convention Zweifel darüber lässt, ob der Patentirte verpflichtet sei, im Staate, welcher demselben das Patent ertheilt hat, zu fabriziren oder nicht, und es empfiehlt sich desshalb, dass das Vollziehungs-Reglement hierüber Klarheit verschaffe. Artikel 108 der Convention enthält die Bestimmung, dass jedes Erzeugniss, welches fälschlich den Namen eines bestimmten Ortes als Angabe der Herkunft trägt, mit Beschlag belegt werden kann, wenn diese Angabe mit einer fingirten oder in betrügerischer Absicht entlehnten Geschäftsfirma verbunden ist. Frankreich verlangt hier einen Zusatz lautend: «... si la localité indiquée comme lieu de provenance est située sur le terrain de l’un quelconque de ces Etats.» Sodann verlangt Frankreich zu diesem Artikel noch einen zweiten Zusatz, laut welchem für die in demselben vorgesehene Beschlagnahme die innere Gesetzgebung des betreffenden Staates massgebend sein soll.
Diesen beiden Vorschlägen kann ebenfalls im Vollziehungsreglemente Rechnung getragen werden, und wenn letzteres geschieht, so wird der Delegirte dieselben unterstützen.
Der Delegirte wird überhaupt den Standpunkt einnehmen und mit allem Nachdruck vertheidigen, dass im jetzigen Momente eine Revision der Convention weder nöthig noch zeitgemäss sei. Der weitere Ausbau derselben auf dem Wege der Vollziehungs-Vorschriften biete noch ein grosses Feld der Thätigkeit. Auch die Schweiz habe Wünsche betreffend Änderung und Erweiterung der Convention, sie halte aber für zweckmässig, dieselben erst später zur Geltung zu bringen, wenn die Convention sich eingelebt und festen Fuss gefasst und der berührte Ausbau stattgefunden habe. An derselben im jetzigen Momente zu rütteln, hiesse, sie in Frage zu stellen, und damit die grossen Interessen, welche dieselbe anerkanntermassen biete.
Belgienschlägt vor, es sei in die Convention eine Bestimmung aufzunehmen, laut welcher ein Patentinhaber, welcher sein Patent in irgend einem Unionsstaate ausbeutet, in den ändern Unionsstaaten aus dem Grunde, weil er das Patent nicht auch in diesen ausbeutet, seines Patentes nicht verlustig werden darf. Belgien hat schon in der Conferenz vom November 1880 diesen Vorschlag gemacht; es wurde derselbe von den Delegirten mehrerer Staaten angefochten und dann fallen gelassen. An der Conferenz in Rom wird der Delegirte den Vorschlag mit allem Nachdruck bekämpfen; es liegt nicht im Interesse der Schweiz. Industrie, dass hier Patente ausgewirkt, in der Schweiz aber nicht ausgebeutet, d.h. fabrizirt würde. Die Schweiz hat billige Eingangszölle und dabei theilweise Mangel an Rohmaterial, und es wäre, wenn der Vorschlag angenommen würde, zum Nachtheil unsers Landes zu riskiren, dass hier Patente ausgewirkt, in ändern Staaten aber fabrizirt und die Objekte dann in die Schweiz importirt würden. Die Schweiz könnte zu einer solchen Vorschrift nur dann Hand bieten, wenn die Zollgesetzgebungen anderer Staaten, wie die ihrige, dem internationalen Verkehr keine Hindernisse entgegenstellen würden.
Der Delegirte wird zu den Vorschlägen sowohl Belgiens als Frankreichs bemerken, dass, falls der einte oder der andere angenommen würde, die Schweiz eine solche Abänderung der Convention wahrscheinlich nicht ratifiziren könnte, und dass die Aussichten auf eine baldige Einführung der Erfindungspatente sich dannzumal viel ungünstiger gestalten würden.
2. Vollziehungsreglement zur Convention.
Bei diesem schlägt die schweizerische Verwaltung einige Abänderungen9 vor, und zwar bei den Sektionen 1,4,5 und 9. Dieselben sind den sämmtlichen Unionsstaaten gedruckt mitgetheilt worden. Der Delegirte wird an der Conferenz diese Vorschläge, die theils die Redaktion des Vollziehungs-Reglements, theils kleine Zusätze zu demselben betreffen, näher motiviren und die Annahme derselben empfehlen. Voraussichtlich werden diese Vorschläge keiner ernsten Opposition begegnen. Sollte dies indessen bei den einen oder ändern der Fall sein, so ist das Departement ermächtigt, den Delegirten anzuweisen, nicht zu insistiren.
3. Übereinkunft (Arrangement) betreffend die internationale Einregistrirung von Fabrik- und Handelsmarken.
Die Schweiz schlägt der Conferenz den Entwurf zu einem Arrangement vor, durch welches den Angehörigen der Unionsstaaten die Möglichkeit verschafft würde, in allen Staaten, welche der Übereinkunft beigetreten sind, den Schutz ihrer Fabrikund Handelsmarken dadurch zu ermöglichen, dass diese beim internationalen Bureau einregistrirt und von demselben publizirt würden. Ein Reglement, welches dem Arrangement beigefügt ist, enthält die nöthigen Ausführungsbestimmungen.
Der Delegirte wird der Conferenz in Rom die Vortheile, welche der Antrag der Schweiz. Verwaltung bietet, näher auseinandersetzen, und dahin wirken, dass wenn nicht sämmtliche Vertreter der Unionsstaaten dazu Hand bieten, dies wenigstens von einzelnen geschieht.
Die Auswirkung des Markenschutzes in den Staaten, welche der Übereinkunft beitreten, würde ausserordentlich vereinfacht und die Kosten reducirt, denn statt an die betreffenden Amtsstellen direkte oder durch Vermittlung von Agenturen sich zu wenden, hätte der Markeninhaber, welcher den internationalen Schutz verlangt, einfach das dem Vorschlag beigefügte Formular auszufüllen, und dem internationalen Bureau einzusenden, welches das weitere besorgen würde. Die nach dem Vorschläge zu entrichtende Gebühr bestünde in frs. 50.–. Sollte eine Erhöhung dieser Gebühr vorgeschlagen werden, so würde der Delegirte nichts dagegen einwenden. Bis jetzt sind von den Unionsstaaten gegen diese Vorschläge der Schweiz. Verwaltung keine Einwendungen erhoben und auch keine Abänderungen verlangt worden; sollte letzteres an der Conferenz stattfinden, so wird der Delegirte, wenn die verlangten Abänderungen wesentlich sein sollten, beim Bundesrath Instruktionen einholen.
4. Dotation des internationalen Bureau.
Der Bundestath hat mit Kreisschreiben vom 17. Nov. 188510 den Unionsstaaten den Vorschlag gemacht, dass, wenn die Einnahmen des Bureau die Ausgaben nicht decken, der Überschuss der letztem vorläufig, d. h. bis zu der Conferenz, welche derjenigen von Rom folgt, von den Unionsstaaten nach Massgabe ihrer allgemeinen Beitragspflicht (Ziffer 6 des Schlussprotokolls) zur Deckung zu vertheilen sei. Die Vermehrung der Ausgaben, sowie auch der Einnahmen hängt von den Beschlüssen ab, welche an der Conferenz gefasst werden; der Delegirte wird desshalb dahin wirken, dass die Behandlung der Dotation des Bureau erst am Schlüsse der Conferenz stattfindet. Derselbe wird schon bei der Berathung der von der Schweiz vorgeschlagenen Übereinkunft betreffend internationale Einregistrirung der Fabrik- und Handelsmarken die Vermehrung der Einnahmen des Bureau’s als Argument benutzen und wenn diese Übereinkunft nicht von den Delegirten einer grössern Anzahl Staaten Beifall fände, mit allem Nachdruck dahin wirken, dass nach Vorschlag der Schweiz (Circular vom 17.Novbr. 1885) für Deckung eines Überschusses der Ausgaben gesorgt wird. Wenn sich Schwierigkeiten bieten, so wird derselbe sich vorab mit dem Schweiz. Minister über das weitere Vorgehen in’s Einverständniss setzen oder weitere Instruktionen einholen.
Das letztere wird er ebenfalls thun, wenn im Verlaufe der Verhandlungen in Bezug auf die Convention oder das Vollziehungsreglement neue Vorschläge von wesentlicher Bedeutung gestellt würden.
Der Schweiz. Gesandtschaft in Rom ist mit folgendem Schreiben Copie der Instruktion zuzusenden:
[...]11.
- 1
- E 22/2425.↩
- 2
- E 1004 1/144, Nr. 762.↩
- 3
- Die Konferenz hätte eigentlich bereits im Jahre 1885 in Rom stattfinden sollen, war dann aber auf Ersuchen Italiens auf den April 1886 vertagt worden. Vgl. dazudenGBer. 1885 (BBl 886, 1, S. 261) sowie d/eBotschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Ratifikation von Zusätzen zur internationalen Konvention über den Schutz des gewerblichen Eigentums (BBl 1886, 3, S. 521–535).↩
- 4
- AS 1883-1884, 7, S. 517-532.↩
- 5
- Artikel 5 lautet: L’introduction par le breveté, dans le pays où le brevet a été délivré, d’objets fabriqués dans l’un ou l’autre des Etats de l’Union, n’entraînera pas la déchéance. Toutefois le breveté restera soumis à l’obligation d’exploiter son brevet conformément aux lois du pays où il introduit les objets brevetés.↩
- 7
- Vgl. E 22/2413.↩
- 8
- Artikel 10 lautet: Les dispositions de l’article précédent seront applicables à tout produit portant faussement, comme indication de provenance, le nom d’une localité déterminée, lorsque cette indication sera jointe à un nom commercial fictif ou emprunté dans une intention frauduleuse. Est réputé partie intéressée fabricant ou commerçant engagé dans la fabrication ou le commerce de ce produit, et établi dans la localité faussement indiquée comme provenance.↩
- 9
- 22/2426.↩
- 10
- E 1001 (E) q 1/149, Nr. 5253.↩
Tags
Propriété intellectuelle et brevets