dodis.ch/41980

Protokoll der Sitzung des Bundesrates vom 11. Februar 18731

684. Päpstliches Breve betr. Errichtung eines apostolischen Vikariats

In der gestrigen Sizung2 wurde auf die Berathung über den Entwurf einer Note3 eingetreten, welche das politische Departement der bezüglichen Schlussnahme vom 3. diess4 zufolge als Antwort für den päpstlichen Geschäftsträger auf die am 3. stattgefundene Übergabe einer beglaubigten Abschrift des päpstlichen Breve vom 16. v. Mts.5 betreffend die Errichtung eines apostolischen Vikariats für den Kanton Genfund die Übertragung desselben an Hrn. Gaspard Mermillodvorgelegt hat.

Im Anschlüsse an die gewaltete Diskussion wurde jener Entwurf vom Hrn. Bundespräsidenten einer Umarbeitung unterzogen und auf Grundlage der neuen Vorlage die Berathung heute wieder aufgenommen und zu Ende geführt.

Die gefasste Schlussnahme geht dahin:

I. Dem päpstlichen Geschäftsträger nach dem mit einigen Redaktionsänderungen angenommenen Entwürfe zu erklären, dass der Bundesrath kraft des von den Schweiz. Behörden stets festgehaltenen Grundsazes, wonach Fragen betreffend die Diözesaneintheilung nur mit ihrer Zustimmung erledigt werden können, und angesichts der vom Bundesrathe eingeleiteten Unterhandlungen mit dem heil. Stuhle in Sachen der Genfer Bisthumsfrage6, welche mit dem Erlass des päpstlichen Breve vom 16. Januar einseitig abgebrochen worden seien, jede ohne die ausdrükliche Zustimmung der politischen Behörden, nach dem eigenen, freien Belieben des heil. Stuhles einseitig vorgenommene Änderung in der Organisation eines schweizerischen Bisthums als null und nichtig betrachten und ansehen werde und Hrn. Agnozzi ersuche, den heil. Stuhle wissen zu lassen, die Eidgenossenschaft anerkenne für die Zukunft wie bis anhin nur das Bisthum Lausanne und Genf, wie es seit 1820 bestanden habe und bestreite dem apostolischen Vikar, den das Breve vom 16. Januar 1873 einseze, jeglichen amtlichen Charakter, werde sich nöthigenfalls auch dem widersezen, dass er in der Schweiz die Amtsverrichtungen ausübe, welche ihm der heil. Stuhl ohne vorgängige Zustimmung der politischen Behörde zu übertrage kein Recht hatte.7

II. Der Regierung des Kantons Genf unter Bezugnahme auf die von ihrer Abordnung dem Hrn. Bundespräsidenten über ihre Absichten gegebenen Aufschlüsse8 eine Abschrift der vorerwähnten Eröffnung an den päpstlichen Geschäftsträger Hrn. Agnozzi zuzustellen mit der Einladung, dieselbe amtlich dem vom heil. Stuhl bezeichneten apostolischen Vikar zuzustellen und ihn aufzufordern, ihr binnen einer bestimmten Frist zur Kenntniss zu bringen, ob er angesichts des Einspruchs der Bundes- und Kantonsbehörden gegen die Theilung des Bisthums Genf-Lausanne die Funktionen als apostolischer Vikar gleichwohl auszuüben gedenke9; im Bejahungsfalle oder wenn er nicht eine bestimmte Antwort geben sollte, würde der Bundesrath in Anwendung der ihm durch Art. 90 Ziff. 8&10 der Bundesverfassung10 verliehenen Befugnisse im Einverständnisse mit dem Staatsrath von Genf die geeigneten Massnahmen treffen, um einen Vertreter des heil. Stuhls an der Ausübung eines dem Willen der Landesbehörden und dem gesezlichen Rechtszustand zuwidergehenden Mandats zu hindern.11

III. Das Präsidium zu ermächtigen, die Regierung von Genf zur Hersendung von Abgeordneten einzuladen, um sich mit denselben über das je nach Umständen erforderliche weitere Vorgehen im Sinne der gewalteten Diskussion zu verständigen.12