Classement thématique série 1848–1945:
VI. NEUTRALITÉ, POLITIQUE DE NEUTRALITÉ
VI.1. 1866
Pubblicato in
Documenti Diplomatici Svizzeri, vol. 2, doc. 18
volume linkBern 1985
Dettagli… |▼▶Collocazione
Archivio | Archivio federale svizzero, Berna | |
▼ ▶ Segnatura | CH-BAR#E2#1000/44#463* | |
Vecchia segnatura | CH-BAR E 2(-)1000/44 84 | |
Titolo dossier | Deutscher Krieg, 1866 (1866–1866) | |
Riferimento archivio | B.264 |
dodis.ch/41551 Proposition du Président de la Confédération, J. M. Knüsel, au Conseil fédéral1
Die Verwiklungen zwischen Österreich, Preussen & Italien haben einen solchen Grad erreicht, dass eine friedliche Ausgleichung, troz den noch fortdauernden Vermittlungsversuchen, kaum mehr zu hoffen ist. Ja, die Verhältnisse entwikeln sich der Art, dass eine grosse Wahrscheinlichkeit vorliegt, der Krieg werde in nächster Zeit ausbrechen, ob im Norden Deutschlands oder an der österreichisch-italienischen Grenze die ersten kriegerischen Aktionen vor sich gehen werden, ist schwer vorauszusehen, da dieses von Verabredungen abzuhängen scheint, die uns nicht näher bekannt sind. Ist der Krieg aber einmal losgebrochen, so werden voraussichtlich die deutschen Bundesstaaten sofort in denselben verwikelt & Frankreich wird kaum lange müssiger Zuschauer bleiben.
In dieser ernsten Lage der Dinge tritt an uns die Frage heran, welche Haltung & Stellung die Schweiz einzunehmen habe. Vor allem uns liegt es ausser Zweifel, dass die Schweiz vermöge ihrer politischen Stellung & der Bedürfnisse & Anschauungen des Schweizervolkes auf eine strenge & loyale Neutralitaet hingewiesen wird, welche wir auch bei Ausbruch eines Krieges nebst der Integrität unseres Landes mit allen zu Gebote stehenden Kräften vertheidigen sollen. Im Jahr 1859 bei dem damals zwischen Italien & Frankreich einerseits u. Österreich anderseits bevorstehenden Kriege hat der Bundesrath diese Neutralitaet feierlich proklamiert2 & hievon den Character der Wiener Verträge, den südteutschen Staaten & Sardinien mittelst diplomatischer Notifikationen Kenntniss gegeben. Die Bundesversammlung hat dieses Vorgehen sehr am Platze gefunden & ausdrüklich gutgeheissen. Damals stund ein voraussichtlich zu lokalisierender Krieg vor der Thüre, während jetzt Kriegsereignisse in Aussicht stehen, die einen weit ausgedehnten & allgemeinen Character anzunehmen drohen & bei welchen die Stellung der Schweiz eine ausgesetztere & schwierigere werden dürfte.
Es muss nun die Frage aufgeworfen werden, ob der Bundesrath wie im Jahr 1859 eine feierliche Neutralitaetserklärung erlassen soll. Das politische Departement verneint diese Frage aus folgenden Gründen. Alle Staaten wissen, dass die Schweiz in solche Kriege sich nicht mischt & man wird sie auch diesmal nicht im Verdacht haben, dass sie irgend ein geheimes Bündniss mit einer ändern Macht eingegangen habe. Aber nicht nur hat die Schweiz, wie jeder andere selbständige Staat, das Recht gegenüber den Kämpfen anderer sich neutral zu verhalten, sondern die Urkunde der Mächte vom 20. November 1815 enthält neben der Anerkennung der Neutralitaet auch die Gewährleistung der Integritaet & Unverletzbarkeit des schweizerischen Gebiets, was eine Gewährleistung der Neutralitaet selbst in sich schliesst. So lange die Schweiz also in dieser neutralen Stellung verfahren will, braucht sie keine besondern Erklärungen zu erlassen. Wichtiger als die Garantie der Mächte & eine blosse Proklamation der Neutralitaet unter Anrufung der Wienerverträge ist die Kundgebung eines kräftigen & entschlossenen Willens, die Nichteinmischung & die Unverletzlichkeit unseres Gebietes mit allen uns zu Gebot stehenden Mitteln aufrecht zu erhalten. Eine nöthigenfalls eintretende & den Umständen angemessene Grenzbesetzung wird den kriegführenden Mächten unsern Entschluss der Wahrung einer strengen Neutralitaet weiter besser zeigen & unsern Ernst beurkunden als eine diplomatische Notifikation. Im Jahr 1859 scheint man zu einer Notifikation an die Garantie Mächte vorzüglich deswegen gekommen zu sein, weil man in der Neutralitaetserklärung den Mächten zur Kenntniss bringen wollte, dass die Eidgenossenschaft auch von dem ihr nach den europäischen Traktaten zustehenden Rechte der Besetzung der neutralisierten Gebietstheile von Savoyen Gebrauch machen wolle. Die darauf eingelangten Antworten sprachen sich sehr befriedigt über die Erklärungen des Bundesrathes aus, der König von Sardinien bezeugte namentlich seine Freude, dass die Eidgenossenschaft nöthigenfalls die durch internationale Stipulationen ihr auferlegten Verpflichtungen in den neutralisierten Provinzen erfüllen wolle & war zu dem sofortigen Zusammentritt beidseitiger Commissarien zur Regelung einiger Punkte bereit. In dieser Zusammenkunft suchte der sardische Abgeordnete durch allerlei Schwierigkeiten eine Regelung zu verhindern. Warum? Hat sich bald hernach gezeigt & es ist hier nicht der Ort weiter darauf einzutretten.
In diesem Moment ist aber keine Veranlassung vorhanden, auf die Savoyer Frage zurückzukommen & auch andere Gründe zu einer feierlichen Neutralitaetserklärung liegen, wenigstens in diesem Augenblik, nicht vor. Das politische Departement schlägt Ihnen daher vor, dermalen v. einer solchen Erklärung an die Mächte Umgang zu nehmen.
Dagegen sieht es sich veranlasst, Ihnen folgende Anträge zu stellen.
1. Es sei dem Militärdepartement der Auftrag zu ertheilen, mit den angemessenen Vorbereitungen einer Truppenaufstellung, soweit dieses noch nicht geschehen sein sollte, sich ernstlich zu beschäftigen & diessfalls nöthige Anträge jeweilen d. B. R. rechtzeitig vorzulegen.
2. Das Finanzdepartement soll dem Bundesrathe einen Bericht abstatten über den Bestand der für diese ausserordentlichen Zweke verfügbaren Gelder & einen Vorschlag hinterbringen, wie die allfällig weiter erforderlichen Geldmittel nöthigenfalls am besten beschafft werden könnten.
3. Das Finanzdepartement soll im fernem beförderlichst über die vorhandenen Vorräthe von Schiesspulver & von Rohmaterial für die Pulverfabrikation Bericht erstatten.
4. Die Kantone Tessin & Graubünden sind einzuladen, über ihre Massnahmen an der Grenze den Bundesrath fortwährend unterrichtet zu halten3.
Das sind die Vorschläge, die das politische Departement Ihnen heute vorzulegen hat. Bei weiterer Entwiklung der Verhältnisse wird das Departement Ihnen jeweilen die durch die Umstände gebotenen Vorlagen machen, soweit dieselben vom politischen Departement auszugehen haben.
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