Classement thématique série 1848–1945:
I. RELATIONS BILATÉRALES
I.9. France
I.9.5. Question de Savoie
Abgedruckt in
Diplomatische Dokumente der Schweiz, Bd. 1, Dok. 367
volume linkBern 1990
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Archiv | Schweizerisches Bundesarchiv, Bern | |
▼ ▶ Signatur | CH-BAR#E2#1000/44#1629* | |
Alte Signatur | CH-BAR E 2(-)1000/44 262 | |
Dossiertitel | Frage der Besetzung der Provinzen Chablais und Faucigny durch eidg. Truppen beim Übergang Savoyens an Frankreich [Turinervertrag vom 24.3.1860] (1859–1860) | |
Aktenzeichen Archiv | B.137.1 |
dodis.ch/41366 Le Président de la Confédération, F. Frey-Hérosé, au Conseil fédéral1
Gestern Abend nach beendigter Sitzung des Bundesrathes besuchte mich der französische Geschäftsträger, Baron Tillos, und sagte nach ein paar einleitenden und allgemeinen Bemerkungen, namentlich auch über unsere Mission nach Turin folgendes:
Je suis chargé de dire verbalement et d’une manière très confidentielle au président de la Confédération suisse, que la question de la Savoie n’est nullement sur le tapis actuellement, mais qu’elle pourrait pourtant devenir bien importante pour la France dans le cas où le Piémont par l’annexation de plusieurs provinces deviendrait une puissance plus forte. Alors la France aurait à prétendre une bonne frontière militaire de ce côté, et dans ce cas S. M. l’Empereur ne se refuserait pas à une cession à la Suisse des provinces du Chablais et du Faucigny qui lui seraient abandonnées.
Ich verdankte dem Herren Geschäftsträger diese Mittheilung, welche allerdings geeignet sei, Besorgnisse zu beschwichtigen, welche seit einiger Zeit, und besonders seitdem die unter Staatscontrolle stehende französische Presse sich so sehr mit der Frage über eine bevorstehende Einverleibung Savoyens in Frankreich beschäftige, einen hohen Grad erreicht haben. Die Schweiz hätte einer solchen Einverleibung nicht ruhig Zusehen können, weil zur Handhabung ihrer von Europa garantirten Neutralität jenes Territorium theilweise nothwendig sei, und weil Piemont vertragsmässige Verpflichtungen übernommen habe, dasselbe an Niemanden abzutreten als an die Schweiz oder mit Einwilligung der Schweiz. Der kaiserliche Entschluss würde nun allerdings eine Regelung der Angelegenheit, wenn die Annexion wirklich erfolgen sollte, bedeutend erleichtern; ich setze aber dabei voraus, dass dannzumal der Schweiz nicht einfach die Provinzen Chablais und Faucigny überlassen würden, sondern dass man ihr eine gute militärische Grenze übergebe, wozu jedenfalls ein mehr oder weniger grosser Theil der Provinz Genevois gehöre, welche Grenze aber noch näher studirt werden müsste.
Herr Tillos erwiederte darauf, dass in dem ihm gegebenen Auftrag der Provinz Genevois nicht gedacht sei, sondern dass Herr von Thouvenel ihm nur die ersten zwei Provinzen genannt habe; er wiederhole aber que la question n’était actuellement pas sur le tapis, und er zweifle nicht daran, dass, wenn sie einmal zur Hand genommen werde, man sie gründlich studire und zwekmässig erledige.
Nach einigen ändern, weniger bedeutenden Äusserungen, deren Sinn dahin ging, dass die Angelegenheit von Genf aus angeregt und über Gebühr in die Öffentlichkeit geworfen worden sei, was man in Paris nicht gut aufgenommen zu haben scheint, empfahl sich Herr Tillos.
Ich schrieb sofort ein confidentielles Privatbillet an Herrn Minister Dr. Kern in Paris2, um ihm den Hauptinhalt der Mittheilung zur Kenntnis zu bringen. Während dem ich damit beschäftigt war, langte von Herrn Kern eine chiffrirte Depesche an, des Inhalts:
«Thouvenel sagt mir, der Kaiser überlasse Faucigny und Chablais als eigen der Schweiz im Fall der Annexion.»3
Ohne für heute einen Antrag zu stellen, beeile ich mich, diese Thatsachen den Mitgliedern des Bundesrathes confidentiell zur Kenntnis zu bringen.
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