Congrès de Paris
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 1, doc. 235
volume linkBern 1990
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2#1000/44#79* | |
Old classification | CH-BAR E 2(-)1000/44 5 | |
Dossier title | Beitritt der Schweiz zur Erklärung [des Pariser-Kongresses] vom 16.4.1856 betr. das europäische Seerecht in Kriegszeiten. Beitrittserklärung verschiedener Staaten, Revision und Interpretation der Erklärung (1856–1885) | |
File reference archive | B.231 |
dodis.ch/41234
Proposition du Chef du Département politique, J. Stümpfli, au Conseil fédéral1
Der bevollmächtigte Minister der grossbritannischen Regierung bei der schweizerischen Eidgenossenschaft und ihm nachfolgend auch die Gesandten Frankreichs, Sardiniens, Österreichs, Preussens und Russlands theilten im Aufträge ihrer Regierungen dem Bundespräsidenten die Erklärung des Pariserkongresses über die künftig zu befolgenden Grundsätze des Seerechtes in Kriegszeiten mit und verbanden damit die Einladung, dass auch die Schweiz derselben beitrete.
Die Erklärung lautet:
Les plénipotentiaires qui ont signé le Traité de Paris du trente mars mil huit cent cinquante-six2, réunis en conférence, Considérant,
Que le droit maritime, en temps de guerre, a été pendant longtemps l’objet de contestations regrettables;
Que l’incertitude du droit et des devoirs en pareille matière donne lieu, entre les neutres et les belligérants, à des divergences d’opinion qui peuvent faire naître des difficultés sérieuses et même des conflits;
Qu’il y a avantage, par conséquent, à établir une doctrine uniforme sur un point aussi important;
Que les plénipotentiaires assemblés au Congrès de Paris ne sauraient mieux répondre aux intentions dont leurs gouvernements sont animés, qu’en cherchant à introduire dans les rapports internationaux des principes fixes à cet égard;
Dûment autorisés, les susdits plénipotentiaires sont convenus de se concerter sur les moyens d’atteindre ce but; et étant tombés d’accord ont arrêté la Déclaration solennelle ci-après:
1. La course est et demeure abolie;
2. Le pavillon neutre couvre la marchandise ennemie, à l’exception de la contrebande de guerre;
3. La marchandise neutre, à l’exception de la contrebande de guerre, n’est pas saisissable sous pavillon ennemi;
4. Les blocus, pour être obligatoires, doivent être effectifs, c’est-à-dire maintenus par une force suffisante pour interdire réellement l’accès du littoral de l’ennemi.
Les gouvernements des plénipotentiaires soussignés s’engagent à porter cette déclaration à la connaissance des Etats qui n’ont pas été appelés à participer au Congrès de Paris, et à les inviter à y accéder.
Convaincus que les maximes qu’ils viennent de proclamer ne sauraient être accueillies qu’avec gratitude par le monde entier, les plénipotentiaires soussignés ne doutent pas que les efforts de leurs gouvernements pour en généraliser l’adoption ne soient couronnés d’un plein succès.
La présente déclaration n’est et ne sera obligatoire qu’entre les Puissances qui y ont ou qui y auront accédé.
Fait à Paris, le seize avril mil huit cent cinquante-six
[...]3
Die genannten Regierungen machten die weitere Eröffnung, es sei die Meinung des Kongresses, dass die Grundsäze, welche den Inhalt dieser Erklärung bilden, untheilbar sind, weshalb ein bloss theilweiser Beitritt oder ein solcher unter beschränkenden Bedingungen nicht zulässig sei. Es hätten sich nämlich die Bevollmächtigten, wie das Protokoll No. XXIV4 es besagt, im Namen ihrer Regierungen verpflichtet, in Zukunft in keinerlei Verkommnis über die Anwendung des Seerechtes in Kriegszeiten einzutreten, das nicht die strenge Beobachtung der vier Punkte obiger Erklärung feststelle; deshalb könnte ein beschränkter Beitritt nicht angenommen werden.
Was die Form des Beitrittes betreffe, so habe der Kongress aus Rüksichten für die an demselben nicht vertretenen Regierungen darüber nichts bestimmt und es sei diese folglich dem Ermessen der beitretenden Regierungen überlassen.
Das Unterzeichnete Departement, mit der Vorberathung dieser Frage beauftragt, beehrt sich, darüber folgendes Gutachten abzugeben. Die Grundsäze, welche in der Erklärung des Pariserkongresses niedergelegt sind, enthalten unleugbar einen grossen Fortschritt des internationalen Rechtes zur See. Bisher ward es als Recht einer kriegführenden Macht behauptet und oft geübt, an Privaten Kaperbriefe auszustellen. Beim Beginn des jüngst abgelaufenen Krieges erklärte die Regierung von Grossbritannien jedoch bereits, dass sie in der Absicht, die Übel des Krieges so viel wie möglich zu vermindern und ihre Operationen auf die regelmässige, organisirte Macht zu beschränken, für einmal die Ertheilung von Kaperbriefen an Privaten nicht gestatten werde.5 Durch die Deklaration des Pariserkongresses wird nun die Kaperei definitiv und für alle Zukunft untersagt, wodurch die Kriegführung zur See mit derjenigen zu Lande in analoge Gränzen gewiesen wird.
Bisher ward von kriegführenden Mächten ferner als Recht beansprucht und geübt, obschon von ändern Mächten wieder bestritten, dass feindliche Waaren auf neutralen Schiffen als gute Prise behandelt werden können. Ebenfalls bei Beginn des jüngsten Krieges proklamirte indes die grossbritannische Regierung, sie verzichte auf das Recht der Wegnahme feindlicher Güter, welche an Bord neutraler Schiffe verladen sind, mit Ausnahme der Kriegskontrebande. Die Erklärung des Pariserkongresses erhebt diesen Grundsaz nun ebenfalls zum vertragsmässigen internationalen Seerechte, und es wird noch der weitere beigefügt, dass auch neutrale Waare unter feindlicher Flagge – mit Ausnahme der Kriegskontrebande – von der Beschlagnahme frei ist, welcher Grundsatz für den jüngsten Krieg ebenfalls bereits proklamirt worden war.
Endlich werden die allgemeinen Blokade-Dekrete, wie die Geschichte sie kennt, für die Zukunft ausgeschlossen und es wird statt ihrer der effektive Blokus gefordert. Bereits für den letzten Krieg hatte die Regierung Grossbritanniens diesen Grundsaz in der Weise proklamirt, dass sie das Kriegsrecht in Anspruch nehme in Bezug auf Neutrale, welche die Blokirung von feindlichen Forts, Seehäfen oder Küsten hemmen oder vereiteln wollten, die mit entsprechender Macht angeordnet wurde.
Das Gesammtziel dieser Grundsäze geht dahin, den Handel zur See auch für Kriegszeiten zu ermöglichen, was der Natur der Sache zufolge vorzugsweise den neutralen Staaten zu gut kommt.
Die Schweiz erscheint nun bei dieser Frage insofern nicht betheiligt, als sie keine Marine und keine eigene Seeschiffahrt besizt. Dagegen betreibt sie einen starken überseeischen Handel und ihre Waaren durchkreuzen die Meere auf den Schiffen der verschiedensten Nationen. Von diesem Standpunkt aus hat sie an dem neuen internationalen Seerechte allerdings ein wesentliches Interesse, denn je sicherer und ungestörter Schiffahrt und Handel zu Kriegszeiten betrieben werden können, desto weniger nachtheilig wirkt die Kriegführung dritter Staaten auf sie zurück.
Die Folgen des Nichtbeitrittes zur Erklärung für die Schweiz müssten darin bestehen, dass sie sich in künftigen Kriegsfällen auf die Grundsätze derselben mit Recht nicht berufen könnte und ihre Waaren zur See nicht unter dem Schuze derselben stünden. Der schweizerische Handel dürfte genöthigt werden, seine Waaren unter dem Namen eines ändern, den Schuz des neuen Seerechts geniessenden Staates zu deklariren, wobei er nicht nur in die unangenehme Lage geriethe, von dem guten Willen dieses Staates abhängig zu sein, sondern voraussichtlich auch die Nationalität seiner Waaren zu verleugnen.
Verpflichtungen oder irgendwelchen Beschränkungen in Beziehung auf ihre internationale Stellung unterwirft sich die Schweiz durch den Beitritt nicht, da sie nicht zu den seefahrenden Staaten gehört, und die Erklärung der Natur der Sache zufolge nur die Handlungsweise dieser leztern in Kriegszeiten berührt. Für sie resultiren demnach aus dem Beitritte nur Vortheile und keine Nachtheile und deshalb kann sie sich unbedenklich dazu entschliessen.
Was die formelle Seite der Frage betrifft, so ist nicht zu bezweifeln, dass die Entscheidung in den Kompetenzbereich der beiden Räthe fällt, ungeachtet es sich nicht um einen eigentlichen Staatsvertrag, noch weit weniger um ein Bündnis mit auswärtigen Mächten handelt. Es betrifft aber bleibende Prinzipien, die auf einen Zweig des internationalen Rechtes Bezug haben und hierüber kann nur die legislative, nicht die exekutive Behörde entscheiden. Die Bundesversammlung hat den Beitritt durch einfachen Beschluss auszusprechen und der Bundesrath denselben sodann den Mächten, welche zum Beitritt eingeladen haben, in angemessener Form mitzutheilen.
Das Unterzeichnete Departement schlägt demnach folgenden Entwurf eines Beschlusses der Bundesversammlung vor:
«Die schweizerische Bundesversammlung, erwägend die grossen Vortheile, welche aus der an dem Kongresse zu Paris vereinbarten Erklärung über das Seerecht für Schiffahrt und Handel in Kriegszeiten erwachsen, auf den Antrag des Bundesrathes, beschliesst:
Die schweizerische Eidgenossenschaft tritt der Erklärung der an dem Kongresse zu Paris vertretenen Mächte über das Seerecht in Kriegszeiten vom 16. April 1856 bei.
Der Bundesrath ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.»6
- 1
- E 2/79.↩
- 2
- Martens, NRG XV, p. 770.↩
- 3
- Für die Tabelle vgl. dodis.ch/41234. Pour le tableau, cf. dodis.ch/41234. For the table, cf. dodis.ch/41234. Per la tabella, cf. dodis.ch/41234.↩
- 5
- Cf. No 200.↩
- 6
- Cette proposition a été rejetée par le Conseil fédéral dans sa séance du 25 juin (No 236), décision entérinée par un arrêté de l’Assemblée fédérale du 16 juillet 1856.↩
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