Classement thématique série 1848–1945:
I. RELATIONS BILATÉRALES
I.2. Autriche
I.2.3. Affaires du Tessin
Pubblicato in
Documenti Diplomatici Svizzeri, vol. 1, doc. 205
volume linkBern 1990
Dettagli… |▼▶Collocazione
Archivio | Archivio federale svizzero, Berna | |
▼ ▶ Segnatura | CH-BAR#E2200.53-06#1000/1751#115* | |
Vecchia segnatura | CH-BAR E 2200.53-06(-)1000/1751 40 | |
Titolo dossier | Offizielle Korrespondenz: Schreiben der kantonalen Regierungen, der fremden Behörden und Privaten (1854–1854) |
dodis.ch/41204 Le Ministre des Affaires étrangères d’Autriche, K.F. von Buol, au Chargé d’affaires de Suisse à Vienne, L. Steiger1
Mit meiner officiellen Note vom heutigen Datum2 habe ich die Ehre gehabt, Eurer Wohlgeboren den Entschluss der kaiserlichen Regierung anzukündigen, in Folge der von dem Bundesrathe in Bezug auf die Fremdenpolizei gegebenen Zusicherungen nunmehr den Militär-Cordon von der tessinischen Gränze zurückzuziehen.
Euer Wohlgeboren ist es jedoch bekannt, dass nicht allein die Umtriebe der Flüchtlinge, die auf tessinischem Gebiet geduldet wurden, sondern auch verschiedene andere von der dortigen Regierung zum Nachtheile kaiserlicher Unterthanen ausgegangene Rechtsverletzungen den Gegenstand unserer gerechten Klagen bildeten.
In Berücksichtigung des uns wiederholt von Eurer Wohlgeboren kundgegebenen dringenden Wunsches des Bundesrathes, die beiden Kathegorien von Beschwerden getrennt zu behandeln und dadurch die leichtere Erledigung der einen wie der ändern zu ermöglichen, haben wir eingewilligt, die Gränzsperre aufzuheben, nachdem nunmehr die Flüchtlingspolizei in befriedigenderer Weise gehandhabt werden soll. Aufrichtig hätten wir gewünscht, gleichzeitig die freundnachbarlichen Beziehungen zum Canton Tessin in ihrem vollen Umfange auf den früheren Fuss zurückzuführen, und demnach auch den aus dem lombardischvenetianischen Königreiche ausgewiesenen Tessinern die Rückkehr gestatten zu können. Hierzu aber sind wir für jetzt ausser Stande, und werden es bleiben, solange die tessinische Regierung darauf beharrt, jede Art von Genugthuung für diejenigen Rechtsverletzungen zu verweigern, welche die gedachte Massregel hervorgerufen haben. Zu diesen Rechtsverletzungen gehört bekanntlich in erster Linie die gewaltsame Vertreibung verschiedener tessinischen Klöstern angehöriger Ordensgeistlichen lombardischen Ursprungs, welchen bisher weder die Rückkehr in ihre Ordenshäuser gestattet, noch eine billige Entschädigung zuerkannt worden ist.
Die vertriebenen Kapuziner-Mönche haben den Schutz Seiner k.k. apostolischen Majestât angerufen, um nicht ihre wohlerworbenen Rechte im Canton Tessin einer masslosen Willkühr preisgegeben zu sehen. Dass die erwähnten kaiserlichen Unterthanen mit dem geistlichen Charakter bekleidet sind, ist aber gewiss auch in den Augen des Bundesrathes kein Grund, um ihnen einen minder wirksamen Rechtsschutz angedeihen zu lassen, als er anderen österreichischen Unterthanen vorkommenden Falls gewährt werden würde. Diesemnach kann daher auch der Bundesrath nicht erwarten, dass die zur Abwehr gegen jene Rechtsverletzungen unsererseits ergriffene Massregel zurückgenommen werde, solange die veranlassende Ursache dazu in keiner Weise behoben ist.
Ich kann ferner nicht unterlassen, Eurer Wohlgeboren in Erinnerung zu bringen, dass das begründete Verlangen des Erzbischofs von Mailand und des Bischofs von Como, den gewaltsam gestörten Rechtszustand in den ihrer geistlichen Jurisdiction unterstehenden Seminarien von Pollegio und Ascona wiederhergestellt zu sehen, bisher nicht die geringste Berücksichtigung gefunden, und dass die Tessiner Regierung ebensowenig durch Einleitung regelmässiger Unterhandlungen mit den betreffenden Ordinariaten oder dem Oberhaupte der katholischen Kirche den Beweis ihres ernstlichen Willens geliefert hat, die streitigen Fragen nicht durch einseitige Machtsprüche, sondern im Wege gegenseitigen Einverständnisses und billigen Vergleiches zu regeln.3 Je kräftiger und entschiedener der Bundesrath zu diesem Zwecke auf die tessinische Regierung einwirkt, um so mehr wird er nach unserer innigen Überzeugung den religiösen Frieden und somit das wahre Wohl der Eidgenossenschaft fördern und um so früher auch uns die Möglichkeit bieten, unsre Beziehungen zu dem Nachbarcanton nach unserem Wunsche und, soviel an uns liegt, in jeder Beziehung befriedigend zu gestalten und zu erhalten.
Ich beehre mich, Eurer Wohlgeboren zu ersuchen, die vorstehenden vertraulichen Bemerkungen zur Kenntnis des Herrn Bundes-Präsidenten bringen und seiner aufmerksamen Erwägung angelegentlich empfehlen zu wollen.
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