Classement thématique série 1848–1945:
I. RELATIONS BILATÉRALES
I.2. Autriche
I.2.3. Affaires du Tessin
Imprimé dans
Documents Diplomatiques Suisses, vol. 1, doc. 198
volume linkBern 1990
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Archives | Archives fédérales suisses, Berne | |
▼ ▶ Cote d'archives | CH-BAR#E2200.53-06#1000/1751#39* | |
Ancienne cote | CH-BAR E 2200.53-06(-)1000/1751 15 | |
Titre du dossier | Offizielle Korrespondenz, Schreiben an den Bundesrat (1854–1854) |
dodis.ch/41197
Le Chargé d’affaires de Suisse à Vienne, L. Steiger, au Président de la Confédération, F. Frey-Hérosé1
Aus Ihrer sehr geehrten Zuschrift vom 7. d. M.2 ersehe ich zu meinem Vergnügen, dass der Schweizerische Ständerath dem Beschlüsse des Nationalraths in Bezug auf den oesterreichischen Conflikt ohne lange Diskussion beigetreten ist.3 Seitdem werden Sie meine Depesche vom 11./12.4 erhalten haben, worin ich Ihnen die Grundzüge mitzutheilen die Ehre hatte, auf welche das kaiserliche Cabinet die Austragung dieser Frage basirt. Ich kann nicht umhin, dieselbe als einen bedeutenden Schritt zur Verständigung zu betrachten. Der Impuls zu demselben dürfte allerdings in der kriegerischen Gestaltung der orientalischen Frage zu suchen sein. Österreichs Stellung in dieser Frage war von Anfang an eine peinliche. Mit Russland gegen die Westmächte konnte es nie und nimmer gehen, wenn es die heiligsten Interessen seiner Staaten nicht auf das Spiel setzen wollte. Die Sympathie des Kaisers für den russischen Monarchen, das Gefühl der Dankbarkeit von dem ungarischen Feldzug her, waren mächtige Triebfedern, den alten Alliirten nicht zu verlassen, bei dieser Lage gab es nur einen Mittelweg, den einer strengen Neutralität, die auch bewahrt werden wird, wenn nicht unvorhergesehene Fälle des Krieges dieselbe unmöglich machen. Für die Schweiz ist diese Lage keine ungünstige und kann das Mittel zu einer für beide Theile ehrenvollen Austragung des Confliktes mit Tessin bieten. Österreich verlangt allerdings noch das Recht einer Controlle über den Aufenthalt der Flüchtlinge in den Gränzcantonen, jedoch mit einigen Modificationen. Die Listen über die Flüchtlinge können kein grosses Hindernis darbieten, da durch meine Vermittlung das kaiserliche Cabinet schon häufig die Mittheilungen des Justitz- und Polizeidepartements über die ausgewiesenen und noch anwesenden fremden Flüchtlinge erhalten hat, in gleicher Form könnte es ja auch in der Folge, wenn wesentliche Veränderungen sich ergeben, bleiben. Der schwierigste Punkt ist noch derjenige, ob Österreich das Recht zugestanden werden soll, über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines Flüchtlings in den Gränzcantonen zu entscheiden. Graf Buol wünscht nunmehr, dass deshalb vertraulich in diplomatischem Wege angefragt werde, ob dieser oder jener Flüchtling ein für Österreich gefährliches Individuum sei oder nicht? Diese Form ist jedenfalls eine viel liebsamere, als das frühere peremptorische Begehren Österreichs und gehört eher in die Cathegorie der Verständigungen als der Forderungen. Ich glaube, dass da ein Mittelweg dürfte gefunden werden, der zu einer Vereinbarung führt. Ich kann nur wiederhohlen, dass die Gesinnung hier eine sehr günstige ist und man ein freundliches Entgegenkommen von Seite der Schweiz erwartet, um diesem so peinlichen Zustande ein Ende zu machen. Meine Ansichten über die Note vom 25. October mögen allerdings etwas zu sanguinisch gewesen sein5, allein, dass meine Hoffnungen nicht ganz eitel waren, beweist die jetzige Stimmung.
Ich würde Sie bitten, Titl., dem englischen Geschäftsträger Herrn Christie vorerst noch keine Mittheilung hierüber zu machen, da derselbe in sehr lebhafter Correspondenz mit Graf Westmoreland steht. Der edle Lord besitzt, unter uns gesagt, eine gehörige Dosis Neugierde und möchte, ich weiss nicht, ist es wirkliches Interesse für die Schweiz, seinen vermittelnden Einfluss stets aufbieten. Da ich nicht weiss, ob es der Schweiz angenehm sein dürfte, bei dieser Frage einen fremden Einfluss geltend zu machen, so setzt mich die Wissbegierde des Grafen oft in grosse Verlegenheit. Ich bitte Sie, diese Bemerkung, welche ich mir in streng confidentieller Weise erlaube, im Interesse der Sache gütigst zu entschuldigen.
Wegen einer zu grossen Ängstlichkeit, bitte ich Sie, Titl., unbesorgt zu sein, ich werde der Würde unseres Vaterlandes nichts vergeben und mit Muth und Entschlossenheit dieser wichtigen Frage meine volle Aufmerksamkeit und Thätigkeit zuwenden.
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