Classement thématique série 1848–1945:
I. RELATIONS BILATÉRALES
I.2. Autriche
I.2.3. Affaires du Tessin
Imprimé dans
Documents Diplomatiques Suisses, vol. 1, doc. 195
volume linkBern 1990
Plus… |▼▶Emplacement
Archives | Archives fédérales suisses, Berne | |
▼ ▶ Cote d'archives | CH-BAR#E2200.53-06#1000/1751#114* | |
Ancienne cote | CH-BAR E 2200.53-06(-)1000/1751 40 | |
Titre du dossier | Offizielle Korrespondenz: Schreiben von Bundesrat und der Kanzlei (1854–1854) |
dodis.ch/41194
Mit Ihrer Depesche vom 25. October h. a.3 haben Sie uns eine Antwort Sr. Exc. des Herrn Grafen v. Buol, K. K. Staatsminister des Äussern, über unser Begehren um vertragsmässige Ablieferung von Getreide an die Kantone Graubünden und Tessin mitgetheilt und dabei Ihre ausserordentliche Befriedigung über den Inhalt dieser Antwort ausgesprochen, indem Sie daraus die Hoffnung schöpfen, dass die K.K. oesterreichische Regierung geneigt sei, die obwaltenden Anstände auf eine für beide Theile annehmbare Weise zu schlichten.
Wir müssen Ihnen offen gestehen, dass jene Antwort auf uns keineswegs einen so befriedigenden Eindruk gemacht hat, wie auf Sie. Allerdings ist der Ton und die Form derselben freundschaftlicher, als in den frühem Noten und man kann in der That aus verschiedenen Gründen annehmen, dass es auch der österreichischen Regierung erwünscht sein müsste, diese Angelegenheit geordnet zu sehen. Auf der ändern Seite aber glauben wir Sie auf folgende Momente aufmerksam machen zu müssen:
1. Die Ablieferung des Getreides an Tessin wurde verweigert. Angenommen sogar, dieser Kanton hätte sich verfehlt, so hat Österreich schon so tausendfache Wiedervergeltung geübt, dass nun die Weigerung, einer förmlichen Vertragspflicht zu genügen, gewiss nicht als Zeichen einer Annäherung betrachtet werden kann; sondern sie ist zu allen ändern, ein neues Zwangsmittel, den Willen durchzusezen.
2. Der Wunsch, die Anstände durch friedliche Übereinkunft zu beseitigen, ist, wenn auch in höflicheren Formen, doch im Wesentlichen an dieselben Bedingungen geknüpft, wie in den frühem Noten; Bedingungen, welche, wenn sie wörtlich zu verstehen sind, den Begriff der Selbständigkeit unseres Staates geradezu ausschliessen. Diese bestehen nämlich darin:
a) Die Schweiz soll ausnahmsweise politische Flüchtlinge in den Gränzkantonen nur dulden nach vorhergegangener Einwilligung Österreichs. Ein fremder Staat soll uns also befehlen können, ob wir Jemandem in unserem Staate den Aufenthalt gestatten dürfen oder nicht!
b) Österreich will über die Modalitäten eines Mittels der Kontrole mit uns eintreten. Dieses ist nun zwar noch nichts Bestimmtes und kann Stoff zu weiteren Erörterungen darbieten. Allein es soll damit sehr wahrscheinlich gesagt werden, dass Österreich diese Kontrole, einen reinen Akt der innern Verwaltung, mit uns theilen und also mit uns gemeinschaftlich die Polizeigewalt in der Schweiz ausüben wolle. So verstanden, wäre, wie Sie mit uns überzeugt sein werden, diese Bedingung so unzulässig wie die erste.
Ein drittes Begehren, dass Flüchtlinge, welche sich Umtriebe erlauben, sofort weggewiesen werden, sobald dieses auf diplomatischem Wege begehrt werde, erscheint nun allerdings nicht mehr, wie in der Note vom 13. April.4 Allein dieses Begehren läuft in der Wirklichkeit auf Eins heraus mit dem sub a.) erwähnten, und es wurde vermuthlich darum weggelassen, weil es bekanntlich im Jahr 1852 von Frankreich ebenfalls gestellt, von der Schweiz aber abgewiesen wurde.5
3. Die Ausweisung der Tessiner ist in der Antwort mit Stillschweigen übergangen, vermuthlich, weil sie mit der Angelegenheit der Kapuziner zusammenhängt. Immerhin ist man nun im Ungewissen, ob bei allfälliger Verständigung über die A sylfrage, Österreich darauf beharre, die Rükkehr der Tessiner von der geforderten Pensionirung der Kapuziner abhängig zu machen. Jedenfalls wäre es aber ein bedeutender Schritt, wenn einmal der Blokus aufgehoben würde.
Aus diesen Bemerkungen mögen Sie entnehmen, dass unsere Hoffnung über eine baldige, befriedigende Erledigung der Anstände nicht so gross ist, wie die Ihrige es zu sein scheint. Da indessen jene Antwort des H. Grafen von Buol nach Form und Inhalt zur weiteren Verhandlung des Gegenstandes Stoff darbietet und da Sie in Ihrem lezten Schreiben vom 25. October neuerdings melden, es dürften weitere Verhandlungen nicht mit Abneigung aufgenommen werden, so halten wir es für unsere Pflicht, auf die fragliche Antwort einzugehen und übermachen Ihnen beiliegend eine offizielle Antwort auf Ihr Schreiben vom 25. October, deren Inhalt Sie dem K. K. Ministerium mittheilen können.6
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