Classement thématique série 1848–1945:
I. RELATIONS BILATÉRALES
I.5. Confédération germanique
I.5.3. Réfugiés
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 1, doc. 178
volume linkBern 1990
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2#1000/44#359* | |
Old classification | CH-BAR E 2(-)1000/44 46 | |
Dossier title | Misstände in der Fremdenkontrolle im Kt. TI, Frage der Verwendung der eidg. Grenzwächter zur Handhabung der Fremdenpolizei im Tessin. Württemberg. Aussenministerium betr. Vereinbarung über die Handhabung der Flüchtlingspolizei, April 1853-April 1855 (1853–1855) | |
File reference archive | B.252.2.1 |
dodis.ch/41177 Le Ministre des Affaires étrangères de Wurtemberg, K.F.J. von Neurath, au Conseil fédéral1
Indem der Unterzeichnete auf höchsten Befehl Seiner Majestät des Königs an den Hochpreislichen Schweizerischen Bundesrath gegenwärtige Note zu richten sich beehrt, ist er zwar als nächste Veranlassung derselben eine hierher gelangte Mittheilung des Kaiserlich Königlich Österreichischen Hofes zu benennen in dem Falle, hat aber als den eigentlichen Beweggrund zu derselben den lebhaften Wunsch zu bezeichnen, welchen die Königlich Württembergische Regierung hegt, die zwischen ihr und der Schweizerischen Eidgenossenschaft schon lange Zeit hindurch bestehenden freundnachbarlichen Beziehungen immer fester zu begründen und vor jeder Störung zu sichern.
Nach der von dem Kaiserlich Österreichischen Cabinete der diesseitigen Regierung gemachten Mittheilung hat dasselbe zur Schlichtung der zwischen ihm und dem Hochpreislichen Schweizerischen Bundesrathe in Beziehung auf die Flüchtlings-Angelegenheit eingetretenen Differenzen an die Hohe Eidgenossenschaft das Ansinnen gestellt, sich mit ihm dahin zu verständigen, dass von Seite der Schweiz keinem österreichischen Flüchtlinge in den an die Kaiserlich Österreichischen Staaten angränzenden schweizerischen Cantonen ohne besondere Zustimmung der österreichischen Regierung der Aufenthalt gestattet werde und dass die Schweiz jeden im Innern derselben verweilenden österreichischen Flüchtling aus ihrem Gebiete ausweise und dessen Rückkehr dahin verhindere, sobald politische Umtriebe desselben gegen die Kaiserlich Königliche Regierung von österreichischer Seite nachgewiesen oder sonst notorisch seyen und dessen Entfernung daher von der österreichischen Regierung verlangt werde.2
Die Frage über die Behandlung und Beaufsichtigung der Flüchtlinge hat seit mehrern Monaten das gute Einvernehmen zwischen der Schweiz und Österreich gefährdet und es liegt die Besorgnis nicht ferne, dass zunehmende Misshelligkeiten zwischen diesen beiden Staaten auch auf andere, zum deutschen Bunde gehörige Staaten eine Ausdehnung gewinnen könnten, welche die Königlich Württembergische Regierung nach ihrer schon im Eingänge der gegenwärtigen Note ausgedrückten Gesinnung nur aufrichtig bedauern könnte. Gleichwie ihr nun aus diesem Grunde eine baldige Verständigung zwischen jenen beiden Staaten und somit ein Eingehen des Hochpreislichen Bundesrathes auf die österreichischen Vorschläge zu lebhafter Befriedigung gereichen würde, so kann sie auch nicht umhin, im Hinblicke auf mehrfache Ereignisse der letzten Jahre die Bemerkung auszusprechen, dass eine definitive Vereinbarung über die rücksichtlich der Behandlung der Flüchtlinge sowohl zwischen der Schweiz und Österreich, als auch zwischen jener und anderen an die Schweiz gränzenden Staaten zu befolgenden Grundsätze nur im allgemeinen Interesse liegen könnte, weil dieselbe eine Garantie dafür böte, dass jene Frage zwischen diesen Staaten nicht früher oder später neue Misshelligkeiten hervorrufe.
Mit so aufrichtigem Vergnügen daher die Königliche Regierung bestätigt, dass sie ihrerseits durch das Benehmen des Hochpreislichen Schweizerischen Bundesrathes in Betreff der in den letzten Jahren in die Schweiz geflüchteten Württemberger keinerlei Veranlassung zu Beschwerden erhalten hat, so würde doch auch für sie eine solche Vereinbarung gerade deshalb von Werth seyn, weil sie darin eine weitere Bürgschaft für die ungetrübte Fortdauer der zwischen Württemberg und der Schweiz bestehenden freundlichen Beziehungen erblicken dürfte.
Fragt es sich nun, ob die von der Kaiserlich Ôstèrreichischen Regierung gestellten Verlangen den Principien des Völkerrechtes und den Verhältnissen befreundeter, aneinander gränzender Staaten überhaupt wirklich entsprechen, so scheint diese Frage unbedingt bejaht werden zu müssen. Gleichwie die Gesetze der meisten civilisirten Staaten diejenigen ihrer Einwohner, welche feindliche Angriffe gegen die Nachbarstaaten oder deren Regierungen unternehmen oder solche Angriffe vorbereiten und unterstützen, mit Strafe bedrohen; gleichwie es mit der Fortdauer freundnachbarlicher Verhältnisse angränzender Staaten stets für unvereinbar erkannt worden ist, in dem einen Staate die Waffen zum Kriege gegen den Nachbarstaat, zum Aufruhr gegen dessen Regierung, oder zum Bürgerkriege in demselben rüsten zu lassen, so haben auch in den letzten Jahren die meisten europäischen Staaten sich veranlasst gesehen, solche Flüchtlinge, von welchen eine Gefährdung der Ruhe in dem Nachbarstaate zu befürchten war, wenigstens von den Gränzen des Letztem hinwegzuweisen und allen Flüchtlingen, welche das Asylrecht zu revolutionären Umtrieben gegen die Nachbar-Regierung missbrauchen wollten, fernere Gastfreundschaft zu versagen.
Was daher Österreich als Princip für die künftige vertragsmässige Feststellung beantragt, ist eben dasselbe, was bisher schon üblich, was von der Schweiz selbst den Nachbarstaaten gegenüber als gerecht und billig thatsächlich wiederholt anerkannt worden ist.
Wenn die Königliche Regierung unter diesen Umständen glaubt, dass ein Hochpreislicher Schweizerischer Bundesrath materiell gegen das österreichische Verlangen etwas Wesentliches nicht zu erinnern finden dürfte; wenn es ferner unverkennbar seyn möchte, dass die vertragsmässige Feststellung dieses Princips das gegenseitige gute Einvernehmen der angränzenden Staaten gegen die Gefahr weiterer künftiger Irrungen und Misshelligkeiten erheblich schützen würde, so ist die Königliche Regierung wohl auch zu der Hoffnung berechtigt, dass ein Hochpreislicher Schweizerischer Bundesrath, ebenso wie die Kaiserlich Österreichische Regierung und die übrigen an die Schweiz angränzenden deutschen Bundesstaaten zu einem Übereinkommen in dem gedachten Sinne die Hand zu bieten nicht abgeneigt seyn werde.
Indem sie daher für diesen Fall auch ihrerseits auf ein solches Übereinkommen einzugehen sich geneigt erklärt, [...]3
- 1
- Note: E 2/359.↩
- 2
- Cf. No 174.↩
- 3
- Cette note est publiée dans FF 1853, II, p. 176–179. La réponse du Conseil fédéral du 6 mai 1853 porte: Le Conseil fédéral ne voit pas la nécessité d’une entente au sujet de rapports qui jusqu’à ce jour n’ont fourni matière à aucune altération des relations de bon voisinage, et il ne doute nullement que sans la convention proposée, la bonne intelligence qui a subsisté depuis si longtemps entre la Suisse et le Royaume de Wurtemberg se maintiendra à l’avenir sans être troublée en aucune manière. La minute de l’original allemand se trouve à E 2/359; publié dans FF 1853,11, /?. 180-181.↩