Classement thématique série 1848–1945:
V. ÉMIGRATION
Pubblicato in
Documenti Diplomatici Svizzeri, vol. 1, doc. 85
volume linkBern 1990
Dettagli… |▼▶Collocazione
Archivio | Archivio federale svizzero, Berna | |
▼ ▶ Segnatura | CH-BAR#E2#1000/44#2061* | |
Vecchia segnatura | CH-BAR E 2(-)1000/44 379 | |
Titolo dossier | Verschiedenes (1848–1862) | |
Riferimento archivio | D.411 |
dodis.ch/41084 Proposition du Chef du Département de l’Intérieur, S. Franscini, au Conseil fédéral1
Unter’m 15. Jänner 1. J.2 hat der Bundesrath sein Departement des Innern beauftragt, sich mit der Regierung von Basel-Stadt und mit dem schweizerischen Konsul in Havre vorläufig ins Einverständnis zu setzen zur Entwertung eines Vertrages, durch den sich Jemand gegen eine von der Schweiz zu leistende Vergütung verpflichten würde, den diesseitigen Auswanderern mit Rath und Hülfe beizustehen. Die daherige Korrespondenz des referirenden Departementes führte dahin, dass die Regierung in Basel für eine allfällig dort zu errichtende Auswanderungsagentur Herrn Pfundzoller und Gesinderichter Gottfried Hübscher als einen in moralischer und intellektueller Hinsicht empfehlenswerthen Mann vorschlug, der von der Eidgenossenschaft mit jährlich 400 Fr. bis 450 besoldet werden könnte. Dadurch wurde das referirende Departement zu näheren Erkundigungen über den Vorgeschlagenen veranlasst, deren Ergebnis darin besteht, dass derselbe allerdings ein redlicher und gewissenhafter Mann, aber bei seiner ihm bereits obliegenden anderweitigen Beschäftigung für sich allein schwerlich im Stande wäre, in Auswanderungsangelegenheiten diejenige Auskunft zu ertheilen, die unter den verschiedensten Umständen von ihm verlangt werden müsste, und zugleich den Auswandernden den nöthigen Beistand zu gewähren, so dass jeden Augenblik Reklamationen zu gewärtigen und die für eine solche Agentur in Aussicht stehenden Ausgaben beinahe als nutzlos zu betrachten wären.
Das Unterzeichnete Departement wandte sich hierauf an einen mit dem fraglichen Gegenstand vertrauten und mit vielseitigen und genauen Personal- und Lokalkenntnissen versehenen Mann, nämlich an Herrn Nationalrath Achilles Bischoff von Basel, um dessen Ansichten zu vernehmen. Nachdem derselbe von den einschlägigen Akten Kenntnis genommen, reichte er dem referirenden Departement beiliegenden Entwurf ein, der aus vier Abtheilungen besteht, als:
1) aus einem Bericht3,
2) aus einem Kostenüberschlag4,
3) aus dem Entwurf einer Instruktion für den Auswanderungsagenten oder – wie er ihn genannt wissen möchte – den eidgenössischen Kommissär in Havre5,
4) aus dem Entwurf einer Instruktion für den eidgenössischen Auswanderungsagenten in Basel.6
Ergriffen vom Elend, dem die schweizerischen Auswanderer ausgesetzt sind, und überzeugt von der Unzulänglichkeit der bisher zur Abwendung oder Milderung desselben getroffenen Anordnungen, glaubt nämlich Herr Nationalrath Bischoff ein erweitertes System der Fürsorge für die Auswanderer empfehlen zu müssen, das hauptsächlich dahin geht, dieselben gegen die Zudringlichkeit von Spekulanten zu schützen, die ihnen noch die wenigen Hülfsmittel entziehen, die sie besitzen, ihnen die nöthigen Aufschlüsse zur Erleichterung ihres Fortkommens zu ertheilen und zu diesem Ende sowohl in Havre als in Basel selbständige, unmittelbar vom Bundesrathe aus zu besetzende Agenturen zu errichten, die keinen Handelshäusern untergeordnet oder Privatspekulationen hingegeben sind, wozu die im Büdget ausgesetzte Summe allerdings nicht hinreichen würde, indem die Durchführung des von Herrn Nationalrath Bischoff vorgeschlagenen Systems, wenn dasselbe unverändert angenommen wird, auf 10 000 Fr. zu stehen käme. Um den Standpunkt des Herrn Bischoff anschaulicher zu machen, erlaubt sich das Unterzeichnete Departement, den wesentlichen Inhalt des erwähnten Berichtes hier anzuführen.
«Bis zu ihrem heimatlichen Aufenthalt hin, sagt Herr Bischoff, werden den Auswanderern Schlingen gelegt, und damit werden dieselben nicht nur bis zu ihrer Einschiffung in Havre, sondern auch bis zu ihrer Ausschiffung in den Vereinigten Staaten verfolgt. Die Einzelheiten solcher Ausbeutung, welche sich unter den verschiedensten Gestalten zeigt und bisweilen von schwer zu erreichenden Menschenklassen ausgeht, mögen in einem besonderen Bericht ihre Stelle finden; hier genügt es, darauf aufmerksam zu machen, dass, wie aus allen Angaben hervorgeht, eine unerlaubte Provision auf den unglüklichen Auswanderern, die in die Hände der Agenten fallen, erhoben wird und dass sie zwischen 30 und 40 fr. Fr. per Kopf beträgt, was auf die von Herrn Dr. Roth jährlich auf 2000 Personen berechnete Gesammtzahl 60–80 000 fr. Fr. ausmacht.»
«Erwägt man, dass die Eidgenossenschaft obige Summe, wenn auch nicht ganz, doch grossentheils ihren Mitbürgern ersparen könnte, zieht man in Betracht, dass die meisten unter ihnen Personen sind, denen eine Verminderung ihrer Ausgaben um 30–40 fr. Fr. schon von grossem Werthe ist, so lässt es sich, auch abgesehen von allen Unannehmlichkeiten und Plackereien, denen die armen Auswanderer ohne Beistand und Rath während ihrer Reise ausgesetzt sind, wohl rechtfertigen, wenn ihnen die Eidgenossenschaft wenigstens insoweit zu Hülfe kommt, dass sie an den zwei bedeutendsten Punkten, d. h. an dem Orte, wo sie von ihrem Vaterlande Abschied nehmen, und an dem Platze, wo sie das Festland verlassen, eidgenössische Agenten aufstellt, welche denselben in Herbeischaffung des Nothwendigen beistehen und ihnen unentgeltlich die erforderlichen Aufschlüsse ertheilen.»
«Dabei ist noch zu bemerken, dass die beiden Personen, die im Falle sind, über den bei Abschliessung von Verträgen einzuschlagenden Weg nicht gleicher Ansicht sind: die eine, Herr Dr. Roth, glaubt, diese Verträge können in der Schweiz besser als in Havre abgeschlossen werden, während die andere, der schweizerische Konsul Wanner, nicht genug auf die Nachtheile der Verträge hinweisen kann, die vor der Ankunft am Einschiffungspunkt über die weitere Reise abgeschlossen werden. Der Berichterstatter ist dieser letztem Ansicht, und alle Personen, die derselbe darüber zu Rathe gezogen, theilen dieselbe.»
Was die freie Concurrenz der bisherigen Auswanderungsagenten betrifft, erklärt Herr Nationalrath Bischoff ausdrüklich, er sei dem Gedanken fremd, dieselbe irgendwie beschränken zu wollen, so dass es den Auswanderern nach wie vor überlassen bliebe, sich zur Besorgung ihrer Geschäfte, zur Abschliessung von Reise- oder Überfahrtsverträgen u.s.w. an beliebige Personen zu wenden und die eidgenössischen Agenten dabei gänzlich zu übergehen.
In Bezug auf die Besetzung und Verwaltung der vorgeschlagenen zwei Agenturen bemerkt derselbe, die dazu ausersehenen Personen sollten durchaus keinen Handel, «namentlich keinen Speditionshandel treiben und ihre Zeit ausschliesslich der Sache der Auswanderer widmen. Um diesen Hauptzweck zu erreichen, ist es nothwendig, ihnen einen Gehalt zukommen zu lassen, der sie in Stand setzt, die Eidgenossenschaft würdig zu vertreten, da der eine Agent, der in Havre, die Eigenschaft eines eidgenössischen Kommissärs für die Auswanderung, derjenige in Basel die eines eidgenössischen Agenten haben und jeder derselben sowohl beim schweizerischen Geschäftsträger in Paris, als auch, um die Durchreise durch Frankreich bei eintretenden Schwierigkeiten zu erleichtern, bei den französischen Polizeibehörden akkreditirt werden soll.»
Schliesslich bemerkt Herr Nationalrath Bischoff, er verhehle sich keineswegs, dass man noch weit entfernt sei, mit der Summe von 10 000 Fr., die er vorschlage, allen Bedürfnissen genügen und den Unglücklichen in Fällen von Erkrankung oder ändern unverschuldeten Unfällen beispringen zu können; man dürfe jedoch erwarten, dass auch die Kantonsregierungen und Gemeinden etwas thun werden.
Nachdem das Unterzeichnete Departement den obigen, auszugsweise mitgetheilten Bericht und dessen von sehr genauer Sachkenntnis zeugende Beilagen geprüft hat, muss es gestehen, dass das darin vorgeschlagenen System allerdings wirksamer als das bisher festgehaltene sein würde, und es ist überzeugt, dass der Bundesrath zu einer ähnlichen Ansicht gelangen wird, da ein solches System nicht verfehlen kann, einer grossen Anzahl Personen und Familien zum Nutzen zu gereichen. Will der Bundesrath beim alten System der Verwaltung des Auswanderungswesens stehen bleiben, so findet das referirende Departement angemessen, in den Vorschlag der Regierung von Basel-Stadt einzugehen und Herrn Gottfried Hübscher, unter der Voraussetzung, dass derselbe auf eigene Rechnung und Kosten einen Gehülfen oder Ausläufer anstelle, der die Auswanderer an die französische Gränze zu begleiten und ihnen bei Erfüllung der daselbst zu beobachtenden Pass- und Mauthvorschriften beizustehen hätte, für den Rest des laufenden Jahres (ungefähr 4 Monate) 600 Fr. als Entschädigung der von ihm zu übernehmenden Auswanderungsagentur in Basel zuzuerkennen, so dass in Bezug auf das Auswanderungswesen überhaupt vom diesfälligen Büdgetansatz noch über 1680 Fr. zu verfügen übrig bliebe, welche Summe wohl am zweckmässigsten schweizerischen Gesellschaften, welche den Auswanderern die grössten Dienste zu leisten im Falle sind und häufig dafür in Anspruch genommen werden, nämlich theils der schweizerischen Hülfsgesellschaft (Société de Bienfaisance) in New-York, theils derjenigen in Neu-Orleans, theils derjenigen in Paris verabfolgt werden könnte. Für die erstere schlägt das referirende Departement einen Beitrag von 1000 Fr. vor. Diese Anträge beziehen sich nur auf das laufende Jahr.
Was das nächste Jahr anbelangt, möchte das referirende Departement hingegen dem neuen Systeme den Vorzug geben, wornach, wie Herr Bischoff vorschlägt, eine Auswanderungsagentur in Basel mit 3000 Fr. und eine solche in Havre mit 5000 Fr. errichtet und im Übrigen das Auswanderungswesen von denselben unentgeltlich besorgt, auch für die Bundeskasse von den Auswanderern keine Gebühr erhoben würde. Dergleichen Taxen wären nur geeignet, die Auswanderer zu der Annahme zu verleiten, als bestreiten sie die Unkosten der Agenturen, als thue die Eidgenossenschaft nichts für sie. Nur in einem, die Kosten betreffenden Punkt, glaubt das Unterzeichnete Departement, könnte füglich vom Systeme des Herrn Bischoff abgewichen [werden]; nämlich es dürften die von ihm auf 2000 Fr. angeschlagenen Ausgaben für Unvorhergesehenes auf die Hälfte, also auf 1000 Fr. beschränkt werden.
Falls der Bundesrath diese Vorschläge, sei es für das laufende oder für das nächste Jahr, genehmiget, wird das referirende Departement nicht ermangeln, die dadurch nothwendig werdenden Änderungen oder die erforderliche Vervollständigung in den beiliegenden Instruktionsentwürfen vorzunehmen. Ebenso wird dasselbe dafür sorgen, dass der Bundesversammlung bei ihrem nächsten Zusammentritte ein allgemeiner Bericht über das Auswanderungswesen vorgelegt werden kann.7