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Documents Diplomatiques Suisses, vol. 1, doc. 37
volume linkBern 1990
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Archives | Archives fédérales suisses, Berne | |
▼ ▶ Cote d'archives | CH-BAR#E27#1000/721#13272* | |
Ancienne cote | CH-BAR E 27(-)1000/721 2698 | |
Titre du dossier | Truppeneinsatz an der Nordgrenze (1849–1849) | |
Référence archives | 06.H.2.b |
dodis.ch/41036 Proposition du Chef du Département militaire, U. Ochsenbein, au Conseil fédéral1
Unterm 30. Juni2 abhin haben Sie beschlossen, es sei das Unterzeichnete Departement beauftragt, auf den Fall eines grössern oder kleinern Aufgebots in aller Stille, mit aller Vorsicht und Verschwiegenheit diejenigen Untersuchungen und Vorbereitungen zu treffen, welche geeignet sind, im gegebenen Augenblick in jeder Beziehung ein wohl gerüstetes Corps in der kürzesten Frist aufzustellen.
Ich habe nicht ermangelt, die geeigneten Aufträge an das Oberkriegs-Commissariat ergehen zu lassen, und dasselbe ist bereits in der beschränkten Sphäre, in die es durch den Beschluss selbst gewiesen ist, in voller Thätigkeit. Bezüglich auf die Herbeischaffung von Subsistenzmitteln wird dasselbe nicht weiter gehen können, als sich nach Vorräthen aller Art umzusehen, ohne dieselben jedoch zu bestellen oder gar anzukaufen. Sollten Sie mit Ihrem Auftrag beabsichtigen, weiter zu gehen, so müsste ich mir darüber eine besondere Weisung ausbitten.
Hinwieder habe ich Ihnen unterm 3. Juli 1849 unsere Anträge unterstellt, die darauf abzielen, ein kleineres oder grösseres Truppencorps in marschfertigen Stand zu setzen, ohne dass dieselben von Ihnen angenommen worden sind.3 Dahin zähle ich die Aufspiketstellung des Bundesheeres und des Generalstabes und die Ergänzung der in letzterem sich vorfindenden nicht unbedeutenden Lücken durch zu treffende Wahlen, sowie auch den weitergehenden Antrag, einen Divisionsstab an der Rheingränze aufzustellen.
Diese Vorbereitungen sind die unerlässlichsten, wenn in einem gegebenen Augenblick ein in jeder Beziehung wohl ausgerüstetes Corps in der kürzesten Frist aufgestellt werden soll. Nachdem Sie aber diese allerersten Vorbereitungen verworfen haben, so weiss ich nicht, wie ich dem erhaltenen Aufträge weiter ein Genüge leisten soll, und muss mir daher nähere Weisungen erbitten.
Ich will Ihnen nicht nachweisen, wie schnell ein preussisches Armeecorps an der Schweizergränze concentrirt werden kann, und dass Preussen, wenn es feindliche Absichten gegen die Schweiz hegt, gleichzeitig mit dem Beginn des Notenwechsels auch mit Truppen den Schweizerboden überfallen könnte, – jeder mag darüber denken, was ihm beliebt, und was die ihm aus der Geschichte geschöpften Gründe etwa sagen mögen. Allein ich sehe mich verpflichtet, Ihnen die Schwierigkeiten vor Augen zu legen, die damit verknüpft sind, ein kleineres oder grösseres Truppencorps «in kürzester Frist aufzustellen und in Bewegung zu setzen.»
[...]4
der gesammte Bundesauszug kann erst nach zwanzig Tagen in die Linie gebracht werden.
Damit stimmt auch die im Sonderbundskrieg gemachte Aufstellung ziemlich überein, obwohl die Verhältnisse weit günstiger waren, weil der Generalstab vorher in Dienst berufen wurde und keine Concentration der Armee auf der äussersten Rheingränze eintreten musste. Das Aufgebot wurde nemlich am 24. Oktober 1847 erlassen und die Armee konnte sich erst am 12. November gegen Freiburg in Bewegung setzen. Hinwieder bedurfte sie zehn volle Tage, um von Freiburg weg vor Luzern zu erscheinen.
Dabei ist Folgendes nicht aus dem Auge zu verlieren:
Viele pflichtige Militairs sind von Hause abwesend, ausser der Schweiz oder in ändern Cantonen, um ihrem Erwerbe nachzugehen. Sie können deshalb nicht, wie es im Sonderbundskrieg der Fall war, dem ersten Aufgebot ohne Verzug folgen.
Die Truppen der gewesenen Sonderbundskantone sind bekanntlich weder vollständig organisirt, noch bewaffnet und uniformirt. Auf sie wird im Ganzen wenig zu zählen seyn.
Die wenigsten Offiziere sind beritten.
Das Materielle ist nicht ausgerüstet, die Munition nicht verpackt, u.s.w.
Ein vorzüglicher Mangel an Handfeuerwaffen macht sich in der Schweiz fühlbar. Wir haben keine doppelte Bewaffnung. Auch fehlen uns viele Trainpferdgeschirre; die vorhandenen reichen nicht aus, das Materielle des ersten Auszugs in Bewegung zu setzen.
Noch weit schlimmer steht es beim zweiten Auszug. Höchstens die Hälfte ist mit Percussionsflinten versehen, die Uniformen sind im Allgemeinen wenig vorhanden, die Capute fehlen ganz, ebenso die Feldgeräthschaften. Die Artillerie ist nach Gribeauval’schem System construirt, Munition für diesselbe ist nur in geringem Masse vorhanden, und Trainpferdgeschirre gar keine.
Zu Allem diesem kommt noch der Mangel jeder Organisation in grösseren Corps. Bei einem grössern Truppenaufgebot tritt jedesmal, selbst im grössten Frieden, bei den eidgenössischen Lagern eine Confusion ein, die 8–10 Tage andauert, bevor nur jeder weiss, was er in seiner Sphäre zu thun, und an wen er sich in Dienstsachen zu adressiren hat. Endlich ist der Generalstab grösstentheils aus jüngern Männern bestellt, die in der Eigenschaft von Generalstabs-Offizieren noch gar keinen Dienst verrichtet haben. Die Mehrzahl auch dieser Offiziere ist nicht beritten.
Ich will Ihnen den Unterschied der Ausrüstung und der Organisation u.s.w. eines preussischen Heeres, das zudem an den Kampf gewöhnt ist, nicht ausmalen. Jeder kann sich darüber selbst ein Bild entwerfen. Allein darauf glaube ich Sie ganz vorzugsweise aufmerksam machen zu sollen, dass ein preussisches Heer von 65’000 Mann in 9 Tagen sich an unsere Rheingränze concentriren kann, während wir in gleicher Zeit daselbst im günstigsten Fall ein Corps von 38’000 Mann concentriren könnten.
Ich halte unmassgeblich dafür, dass dieses Verhältnis und die oben erwähnten Momente bei dem offenbaren Vorhandensein eines Casus belli zwischen der Schweiz und Preussen die volle Aufmerksamkeit des Bundesrathes auf das Schweiz. Militärwesen und die Frage lenken sollten, ob es nicht der Fall sei, ohne allen Verzug das Heer in marschfertigen Zustand zu setzen und die erforderlichen Sicherheitsmassregeln zu treffen. Nach meiner Ansicht soll Beides geschehen. Je weniger schlagfertig nemlich ein Heer ist, umso weniger kann die Instandstellung desselben verzögert werden, sobald die Möglichkeit eines Krieges vorhanden ist. Anders verhält es sich, wenn das Heer schlagfertig ist; in einem solchen Fall kann man es schon auf die Gewissheit oder Wahrscheinlichkeit eines Krieges ankommen lassen. Man wende nicht ein, man wolle nicht Vorbereitungen treffen, um nicht zu provocieren, denn offenbar liegt die Provocation nicht in der Vorbereitung zum Kampfe, sondern in der Ursache des Kampfes selbst, resp. in der Entthronung des Fürsten von Neuenburg. Man wende auch nicht ein, man habe umso weniger zu fürchten, weil Neuenburg nicht an der badischen Gränze liege, denn durch die Besetzung Schaffhausens oder Basels durch die Preussen können sie mehr erzielen, als wenn sie Neuenburg selbst besetzen wollten. Durch eine solche Besetzung würden sie uns nämlich zwingen, den Krieg auf badischen Boden zu führen, was uns wenigstens in der Weise nachtheilig wäre, dass wir nicht die erforderlichen Waffengattungen haben, um im ebenen Lande zu kämpfen. Vielleicht dürfte auch noch das Moralische der Truppen darunter leiden, weil es bekannt ist, dass der Schweizer nicht gerne ausserhalb seines Vaterlandes Krieg führt.
Ich sehe mich gestützt auf alles Angebrachte nochmals bewogen, zu beantragen:
1. Es solle der ganze Bundesauszug auf Piket gestellt, und die Cantone aufgefordert werden, das Materielle vollständig auszurüsten und in marschfertigem Zustand zu halten.
2. Es sollen die Cantone auch aufgefordert werden, ihre Aufmerksamkeit auch auf die Aufrüstung des zweiten Bundesauszugs zu lenken und die erforderlichen Einleitungen zu treffen, damit derselbe nöthigenfalls auch ausmarschieren könne.
3. Es sei auch der eidgenössische Generalstab speciell aufs Piket zu stellen.
4. Die Truppen an der Rheingränze seien dem Commando eines Divisionärs zu übergeben.
5. Es seien die Wälle von Basel zu bewaffnen und ein Artillerie-Commando daselbs aufzustellen.
6. Es sei der Quartiermeisterstab zu beauftragen, die nöthigen Vorbereitungen zu treffen, durch künstliche Vertheidigungsmittel Schaffhausen gegen einen Handstreich sicher zu stellen und nöthigenfalls daselbst einen Brückenkopf anzulegen.5
- 1
- E 27/13272.↩
- 2
- Cf. No 34.↩
- 3
- Cf. PVCF u 3 juillet 1849 (E 1004 1/3, no 1634).↩
- 4
- Passage précisant les délais nécessaires pour la mise sur pied des troupes à la frontière du Rhin.↩
- 5
- Le Conseil fédéral arrêta le 7 juillet 1849:1. Die Kantone werden aufgefordert, das Materielle des Bundesauszugs vollständig auszurüsten und in marschfertigem Zustand zu halten. 2. Die an der Rheingrenze bereits aufgestellten Truppen werden dem Kommando eines Divisionnäre übergeben. Le Colonel fédéral D. Gmür fut nommé commandant de division. (E 1004 1/3, no 1701).↩
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Révolution de Mars (1848–1849)
Reich allemand (Autres) Politique militaire