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Documenti Diplomatici Svizzeri, vol. 25, doc. 125
volume linkZürich/Locarno/Genève 2014
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Archivio | Archivio federale svizzero, Berna | |
▼ ▶ Segnatura | CH-BAR#E2001E-01#1982/58#406* | |
Vecchia segnatura | CH-BAR E 2001(E)-01/1982/58 92 | |
Titolo dossier | Revision des BRB über das Kriegsmaterial (1971–1972) | |
Riferimento archivio | B.51.14.21.20 |
Archivio | Archivio federale svizzero, Berna | |
▼ ▶ Segnatura | CH-BAR#E5001G#1985/218#1258* | |
Vecchia segnatura | CH-BAR E 5001(G)1985/218 96 | |
Titolo dossier | Ausfuhr von Kriegsmaterial nach den Entwicklungsländer (1971–1972) | |
Riferimento archivio | 793.25 |
Archivio | Archivio federale svizzero, Berna | |
▼ ▶ Segnatura | CH-BAR#E7110#1983/13#156* | |
Vecchia segnatura | CH-BAR E 7110(-)1983/13 26 | |
Titolo dossier | Kriegsmaterial (1972–1972) | |
Riferimento archivio | 380.0 |
dodis.ch/35694 Der schweizerische Botschafter in Nairobi, R. Pestalozzi, an den Chef der Abteilung für politische Angelegenheiten des Politischen Departements, E. Thalmann1 WAFFENAUSFUHR NACH ENTWICKLUNGSLÄNDERN
Ich erinnere mich, dass die Frage einer besondern Bestimmung für Entwicklungsländer diskutiert2 wurde, als ich noch in Bern war. Ich hatte damals die gleiche Meinung wie die Handelsabteilung vertreten, dass eine Diskriminierung der Entwicklungsländer zu vermeiden sei. Die Debatte im Nationalrat3 hat nun gezeigt, was für eine grosse Unsicherheit in dieser Frage nach wie vor herrscht. Ich erlaube mir dazu einige Bemerkungen aus der Sicht der Entwicklungsländer.
Der Aufbau und die Aufrechterhaltung einer angemessenen Armee und einer angemessenen Polizei sind für die Entwicklungsländer wie für die entwickelten Länder Aufgaben, die neben den anderen Aufgaben des Staates ihren Platz haben. Ja, sie sind insofern vielleicht noch wichtiger, als die meist jungen Staaten in der Dritten Welt willkürlich gezogene und durch keine eigene geschichtliche Entwicklung sanktionierte Grenzen haben. Es handelt sich um Staaten, die erst noch Nationen werden müssen und deshalb besonders verwundbar sind, sei es dass ihre Existenz von aussen, sei es dass sie von innen, hauptsächlich durch Stammesgegensätze, gefährdet ist. Dabei besteht zwischen einer nach aussen und innen gesicherten staatlichen Existenz und den Chancen, das Land einem höheren Entwicklungsstand zuzuführen, ein enger Zusammenhang. Das Erstere ist die Voraussetzung für das Letztere.
Da die meisten Entwicklungsländer keine oder nur ganz ungenügend eigene Waffen produzieren, sind sie auf die Einfuhr derselben angewiesen. Dabei möchten sie nicht von den Waffen liefernden Ländern politisch abhängig werden, handle es sich nun um die ehemaligen Mutterstaaten oder um andere Mächte mit weltpolitischen Aspirationen. Sie ziehen deshalb Länder als Lieferanten vor, von denen sie keine Beeinträchtigung ihrer Unabhängigkeit zu befürchten haben, d. h. kleine und bündnisfreie Länder.
Ein Waffenausfuhrverbot der Schweiz oder auch nur eine besonders strenge Prüfung der Gesuche um Waffenausfuhr nach Entwicklungsländern trifft deshalb die Letzteren hart4. Es wird unmöglich sein, ihnen begreiflich zu machen, weshalb sie anders als entwickelte Länder behandelt werden sollen. Bei ihrer bekannten Empfindlichkeit sehen sie darin den Versuch, sie in einem Zustand der Machtlosigkeit und Verwundbarkeit zu behalten, damit der kapitalistische Westen umso leichteres Spiel mit ihnen habe. Sie werden übrigens in dieser Auffassung durch die kommunistische Propaganda (UdSSR und Satelliten, China) lebhaft bestärkt.
Sie sehen ferner in der besonders strengen Prüfung von Gesuchen um schweizerische Waffenlieferungen ein Zeichen, dass sie von der Schweiz nicht für voll genommen werden, dass man ihnen nicht zutraut zu wissen, wieviel von ihren spärlichen Mitteln für Waffen ausgegeben werden sollen. Sie sehen darin ein Weiterleben der so verpönten paternalistischen Haltung der einstigen Kolonialmächte, die besser zu wissen glaubten, was für die kolonisierten Völker gut ist. Sie sehen eine Ablehnung eines Gesuches um Waffenlieferungen als eine Zurechtweisung und Kritik an ihrer Politik an. Es scheint mir, wir sollten vermeiden, unsere Beziehungen zu den Entwicklungsländern auf diese Weise zu belasten, es sei denn, dass höhere schweizerische Interessen im Spiele stehen.
Über den Widerspruch zwischen Entwicklungshilfe und Waffenausfuhr wurde in der Nationalratsdebatte viel Ungereimtes geredet. Waffen brauchen nicht zum Krieg zu führen, sondern können ebenso sehr der Erhaltung des Friedens dienen. Dafür sollten gerade wir Schweizer Verständnis aufbringen können. Ja, es ist ein Widerspruch und nur durch Überheblichkeit zu erklären, wenn wir den Entwicklungsländern das nicht zubilligen wollen, was wir für uns beanspruchen.
In Ländern, die im oder unmittelbar vor dem Krieg stehen, sei es ein internationaler Konflikt oder ein interner, oder dort, wo die Regierung übermässige Ausgaben für Rüstung macht, werden zweifellos die Anstrengungen, das Land zu entwickeln, nur gering sein können. Unsere Politik ist in diesem Falle klar: wir beginnen keine neuen Entwicklungshilfeprojekte, bis die Voraussetzungen für eine fruchtbare Zusammenarbeit besser werden5. Wir brauchen damit nicht ein moralisches Urteil zu verbinden; wir stellen einfach fest, dass die Voraussetzungen für eine Hilfe fehlen, da sie ja immer Hilfe zur Selbsthilfe sein soll. Da wir aber ohnehin keine Waffen in Länder exportieren, die in einem bewaffneten Konflikt stehen oder wo ein solcher auszubrechen droht6, bleibt nur der Fall, wo ein Land unverhältnismässig grosse Rüstung betreibt und entsprechend für Entwicklungshilfe zu wenig Mittel einsetzt. Sollen wir in solchen Fällen die Waffenausfuhr aus der Schweiz verhindern? Abgesehen davon, dass wir damit das Ziel vermehrter Entwicklungsanstrengungen des betreffenden Landes nicht erreichen könnten – die fragliche Regierung wird ihren Waffenbedarf eben anderswo eindecken –, kann man wohl kaum eine solche Bevormundung vertreten.
Ich sehe keinerlei Widerspruch zwischen einer Gleichbehandlung der Entwicklungsländer und der entwickelten Länder einerseits und unserer Politik der Entwicklungshilfe und der humanitären Hilfe anderseits. Wenn es uns ernst damit ist, dass wir die Entwicklungsländer als vollwertige Mitglieder der Völkergemeinschaft anerkennen, so dürfen wir sie nicht diskriminieren, so wie man früher Armengenössigen nicht die vollen Rechte zuerkannte. Der Umstand, dass ein Land die Hilfe des Auslandes braucht, hat mit unserer Waffenausfuhrpolitik nichts zu tun.
Ich würde es deshalb sehr begrüssen, wenn bei der Beratung des Gesetzes im Ständerat7 die Erwähnung der Entwicklungsländer gestrichen werden könnte. Ich frage mich, ob es nicht angezeigt wäre, wenn der Bundesrat, nach der konfusen Debatte im Nationalrat, auf diesen Punkt in einem Ergänzungsbericht zur Botschaft näher eingehen würde und dabei durchblicken liesse, dass er mit einer Streichung einverstanden wäre8.
- 1
- Schreiben: CH-BAR#E2001E-01#1982/58#406* (B.51.14.21.20). Kopie an die Handelsabteilung des Volkswirtschaftsdepartements und den Delegierten für technische Zusammenarbeit des Politischen Departements. Weitere Kopie vom Politischen Departement an das Mili tär departement gesandt.↩
- 2
- Vgl. dazu DDS, Bd. 24, Dok. 146, dodis.ch/33261.↩
- 3
- Amtl. Bull. NR, 1972, S. 170–181. Vgl. ferner die Notiz an die Kommission des Nationalrats vom 20. Oktober 1971, dodis.ch/35808.↩
- 4
- Vgl. dazu die Notiz von R. Bindschedler an M. Gelzer vom 12. November 1971, dodis.ch/35572.↩
- 5
- Vgl. dazu das BR-Prot. Nr. 1817 vom 26. Oktober 1965, dodis.ch/31740; das BR-Prot. Nr. 1576 vom 18. September 1967, dodis.ch/32871 und das Protokoll vom 9. Oktober 1968 der Sitzung der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats vom 16. August 1968, dodis.ch/32151, S. 15.↩
- 6
- Vgl. dazu die Notiz von M. Gelzer an A. Janner vom 20. Juni 1967, dodis.ch/33416.↩
- 7
- Amtl. Bull. SR, 1972, S. 383–390 und 406–408.↩
- 8
- Der Bundesrat behandelte die Frage der Entwicklungsländer im Beschluss zum Gesetzesentwurf. Vgl. dazu das BR-Prot. Nr. 870 vom 17. Mai 1972, dodis.ch/35809. Vgl. ferner das Schreiben von R. Pestalozzi an E. Thalmann vom 28. Juni 1972, dodis.ch/35810.↩
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