über meine Verhandlungen mit den italienischen Behörden in Rom zur Ueberwindung der Schwierigkeiten, die sich der Rekrutierung von italienischen Arbeitskräften, insbesondere für die Landwirtschaft, entgegenstellten.
Die administrativen Hindernisse zur Rekrutierung von 3'500 italienischen Arbeitskräften für die schweizerische Landwirtschaft konnten ausgeräumt werden.
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 16, doc. 120
volume linkZürich/Locarno/Genève 1997
more… |▼▶Repository
Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E7001B#1000/1060#693* | |
Old classification | CH-BAR E 7001(B)1000/1060 543 | |
Dossier title | Ausländische Arbeitskräfte (1943–1955) | |
File reference archive | 4.2 |
dodis.ch/302 Interner Bericht des Bundesamtes für Industrie, Gewerbe und Arbeit des EVD1 BERICHT AN HERRN DIREKTOR KAUFMANN ÜBER MEINE VERHANDLUNGEN MIT DEN ITALIENISCHEN BEHÖRDEN IN ROM ZUR ÜBERWINDUNG DER SCHWIERIGKEITEN, DIE SICH DER REKRUTIERUNG VON ITALIENISCHEN ARBEITSKRÄFTEN, INSBESONDERE FÜR DIE LANDWIRTSCHAFT, ENTGEGENSTELLTEN.
I. Ursachen dieser Schwierigkeiten
Um dem Mangel an Arbeitskräften in der Landwirtschaft rechtzeitig entgegenzutreten und die diesjährige landwirtschaftliche Produktion weitmöglichst zu fördern, haben wir im Einverständnis mit der Eidgenössischen Fremdenpolizei und den kantonalen Arbeitsämtern dem Schweiz. Bauernsekretariat in Brugg sowie den kantonalen landwirtschaftlichen Vereinen unmittelbar nach Aufhebung der Arbeitsdienstpflicht im letzten Spätherbst dringend nahegelegt, sich rechtzeitig nach italienischen Arbeitskräften umzusehen, und ihnen zugesichert, dass sowohl von seiten der Fremdenpolizeibehörden als auch von seiten der Arbeitsämter alle Erleichterungen geschaffen würden, um die Rekrutierung und Einreise der benötigten italienischen landwirtschaftlichen Arbeitskräfte zu ermöglichen und zu beschleunigen. Da ausländische landwirtschaftliche Arbeitskräfte weder aus Österreich noch aus Süddeutschland erhältlich sind, bleibt zur Deckung unseres Bedarfes nur die Möglichkeit offen, solche Leute in Italien zu rekrutieren. Wir haben uns anerboten, für die Rekrutierung der benötigten italienischen landwirtschaftlichen Arbeitskräfte selbst zu sorgen überall da, wo unsere Landwirte nicht aus eigener Initiative das gewünschte Personal ausfindig machen konnten. Gestützt auf die Meldungen der kantonalen landwirtschaftlichen Vereine haben wir am 12. Januar 1947 die Italienische Gesandtschaft2 ersucht, 3500 landwirtschaftliche Arbeitskräfte in Italien rekrutieren zu lassen in der bestimmten Erwartung, dass uns die Verzeichnisse der rekrutierten Arbeitskräfte gegen Ende Februar oder spätestens Anfang März zugestellt würden. Die Italienische Gesandtschaft gab sich grosse Mühe, um die Rekrutierung wunschgemäss in die Wege zu leiten, allein die Verzeichnisse der angeforderten Kräfte liessen trotz unserer wiederholten Interventionen bei der Gesandtschaft immer wieder auf sich warten, weil die italienischen Behörden in Rom es an den notwendigen Dispositionen fehlen liessen und unter sich selber nicht einig waren über die Art des Vorgehens.
Die Italienische Gesandtschaft konnte die inzwischen zahlreich eingelaufenen Einzelverträge für italienische Arbeitskräfte nicht visieren, solange die italienischen Behörden ihre Zustimmung dazu nicht gaben. Wiederholte Versuche der Gesandtschaft auf schriftlichem und telegraphischem Wege, die italienischen Behörden zum raschen Handeln zu bewegen, blieben meistens unbeantwortet. Die Gefahr wurde immer grösser, dass die angeforderten italienischen Arbeitskräfte ihre Arbeit, wenn überhaupt, dann jedenfalls nicht rechtzeitig, bei uns aufnehmen könnten.
II. Ergebnis meiner Schritte in Rom
Auftragsgemäss bin ich im Einverständnis mit der Italienischen Gesandtschaft am 18. März nach Rom gereist, um zu erwirken, dass die uns seinerzeit von den italienischen Behörden gemachten Zusicherungen inbezug auf die Rekrutierung und die Ausreise der italienischen Arbeitskräfte ohne weiteren Verzug eingehalten würden. Nach Vorsprache bei unserer Gesandtschaft in Rom habe ich mit dem Generaldirektor der Auswanderung im Aussenministerium, Herrn Tommasini, der mir persönlich gut bekannt war, Fühlung genommen und ihm die Lage auseinandergesetzt. Herr Tommasini zeigte volles Verständnis für unser Anliegen und versprach mir seine tatkräftige Mithilfe. Er sei aber weitgehend auf die Zustimmung des Arbeitsministeriums und des Innenministeriums, die in der Sache auch zuständig seien, angewiesen, und halte eine Aussprache mit Vertretern dieser Ministerien und einem Vertreter der Confédération générale du travail für unerlässlich. Ich übergab ihm die in Abschrift beiliegende Notiz3, in welcher unser Begehren kurz und eindeutig dargelegt ist. Nachdem auch die übrigen Ministerien von dieser Notiz Kenntnis hatten, fand eine allgemeine Aussprache statt, die nach Überwindung gewisser Schwierigkeiten mit den Vertretern der einzelnen Ministerien zum gewünschten Erfolg führte. So konnte ich erreichen, dass:
1. die in Betracht kommenden Arbeitsämter Nord- und Mittelitaliens telegraphisch den Auftrag erhielten, die Verzeichnisse der von uns seinerzeit angeforderten landwirtschaftlichen Arbeitskräfte bis spätestens Ende März der Italienischen Gesandtschaft nach Bern zuhanden unseres Amtes einzureichen;
2. die für die Ausstellung der Pässe zuständigen Bezirksbehörden (Questura) telegraphisch beauftragt wurden, allen von der Schweiz angeforderten landwirtschaftlichen Arbeitskräften die Pässe ohne Verzug auszustellen, sobald die von der Italienischen Gesandtschaft in Bern visierten Arbeitsverträge vorliegen;
3. die Italienische Gesandtschaft in Bern telegraphisch ermächtigt wurde, mit den italienischen Arbeitsämtern direkt Fühlung zu nehmen, um diesen die nötigen Anleitungen zu geben, damit die Rekrutierung sich entsprechend unseren Wünschen rasch und zweckmässig gestalten könne.
Der Generaldirektor der Auswanderung, Herr Tommasini, war über meine Intervention sehr froh, da es ihm wie er mir sagte, allein kaum möglich gewesen wäre, diese Zugeständnisse von seinen Kollegen der anderen Ministerien zu erhalten. Diese Intervention werde sich auch für die Zukunft günstig auswirken.
Vertraulich teilte mir Herr Tommasini mit, dass es mit der italienischen Verwaltung noch sehr schlimm bestellt sei, und dass es ausserordentlich schwer halte, eine Einigung in grundsätzlichen Fragen mit anderen Ministerien zu erzielen. Das vorhandene Personal sei mit wenigen Ausnahmen untüchtig, und es werde längere Zeit dauern, bis die Verwaltung ihre Aufgabe richtig erfüllen könne. Es müsse noch alles von Grund auf neu organisiert werden.
Sofort nach meiner Rückkehr habe ich bei der Italienischen Gesandtschaft in Bern vorgesprochen und festgestellt, dass die Weisungen von Rom entsprechend den dort getroffenen Abmachungen auch eingegangen sind. Die Gesandtschaft ist sehr erfreut über den Ausgang dieser Verhandlungen, und es besteht nunmehr die berechtigte Hoffnung, dass die angeforderten italienischen Arbeitskräfte innert kurzer Zeit werden einreisen können.
Das Schweiz. Bauernsekretariat ist über das Ergebnis dieser Schritte telephonisch verständigt worden und hat mit grosser Befriedigung davon Kenntnis genommen.