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1950-1958
BAR, E 4260(C)1974/34/, Bd. 131, N. 43/150; "Bericht über das Flüchtlingswesen in der Schweiz" (vgl. Schürch, Flüchtlingswesen, 1951)
Information Independent Commission of Experts Switzerland-Second World War (ICE) (UEK)
Info UEK/CIE/ICE ( deutsch français italiano english):
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Allgemeines

Der Bericht Schürch steht in der Tradition der Verwaltungsberichte, die - verfasst von einem Beamten in leitender Stellung - rückblickend die Tätigkeit des Amtes während des Zweiten Weltkriegs zusammenfassen. Diese Berichte haben den Charakter von Rechenschaftsberichten, die einerseits die eigenen Leistungen betonen und anderseits - im Hinblick auf Verbesserungsmöglichkeiten bei zukünftigen Kriegen - Schwierigkeiten und Fehler thematisieren.
Le projet se trouve dans E 4800.1(-)1967/111/393.
Im Gegensatz zu anderen Berichten wird der Bericht Schürch nicht publiziert. Darüber, ob der Bericht ursprünglich nur für den internen Gebrauch der Verwaltung oder für die Öffentlichkeit bestimmt war, kommt es anlässlich des Ludwigberichtes, der zu guten Teilen auf dem Bericht Schürch beruht, zu einer Korrespondenz zwischen aBR v. Steiger und O. Schürch (E 4260 (C) 1974/34, Bd. 132).
Selbstverständlich ist der Bericht aus der Perspektive der Polizei geschrieben und enthält dementsprechend neben einem rechtfertigenden Grundzug Fehler, Weglassungen und unhaltbare Erklärungen. Eine umfassende Wertung des Berichts ist mir - da ich nur Ausschnitte zu den Finanzen gelesen habe - nicht möglich.
Der konsultierte Bestand zeigt eindrücklich, dass die Behörden den Bericht nur äusserst restriktiv ausserhalb der Verwaltung zugänglich machen und die Flüchtlingspolitik unter keinen Umständen mehr in der Öffentlichkeit thematisieren wollen. Dies liegt m. E. daran, dass der Verfasser mit (Selbst-)Kritik nicht spart und die Probleme - v. a. auch im vermögensrechtlichen Bereich, der hier im Gegensatz zum Ludwigbericht ausführlich zur Sprache kommt - klar benennt. Die Brisanz des Berichtes - und letztlich auch der Grund der Nichtveröffentlichung - scheint gerade darin zu liegen, dass hier ein Insider und Praktiker sich bemüht, über die letzten Jahre seiner Tätigkeit Rechenschaft abzulegen und aus dem Vergangenen Lehren für die zukünftigen Umgang mit vergleichbaren "Problemen" zu ziehen.

Über die Verteilung des Berichtes (Auflage 30 Ex.) innerhalb der Verwaltung gibt ein Verzeichnis Aufschluss (vgl. Kopie).

Für den Gebrauch der UEK wurde der Bericht von verschiedenen Mitgliedern des Flüchtlingsteams auszugsweise (evtl. vollständig) kopiert.

Literaturangaben
zur Vergangenheitspolitik am Beispiel des Berichtes von O. Schürch
Jost, Politik und Wirtschaft im Krieg, 1998, S. 215-216.
Haas, Wenn man gewusst hätte, 1994, S. 13.
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Einzelne kopierte Dokumente


Auszug aus dem Sitzungsprotokoll des BR vom 28.12.1951 [eig. Titel]

Antrag des EJPD vom 27.12.1951.
Der Bericht soll v. a. als Materialsammlung dienen. Er wird ergänzt durch den Tätigkeits- und Schlussbericht der Eidg. Zentralleitung (inkl. Beilagenband), einen Beilagenband mit allen gesetzlichen Erlassen, Kreisschreiben und Weisungen zur Flüchtlingspolitik sowie drei Bänden mit Dankesschreiben von Flüchtlingen und Hilfswerken.
[Wo sind diese Beilagen?gs].
Der Bericht soll einerseits für die Zukunft Anhaltspunkte bieten und anderseits die Beantwortung von Anfragen, was bisher immer Nachforschungen nötig machte, erleichtern. "Wir denken nicht daran, den Bericht zu veröffentlichen. [...] Die Veröffentlichung hätte wohl eine Diskussion zur Folge, die der Sache an sich bestimmt nichts nützen, sondern nur wiederum Unruhe in eine Frage bringen würde, die heute wohl im wesentlichen als geregelt angesehen werden darf."
Das Finanz- und Zolldepartement rechnet in seiner Stellungnahme mit einer Veröffentlichung des Berichtes und begrüsst, dass "der Oeffentlichkeit ein abschliessendes Bild über unsere Flüchtlingspolitik [...] gegeben und dabei gleichzeitig auf die grossen Leistungen des Bundes im Dienste der Menschlichkeit hingewiesen werde."
Auch das Volkswirtschaftsdepartement rechnet in seiner Stellungnahme mit der Veröffentlichung und bringt im Hinblick auf aussenpolitische Erwägungen einige (unwesentliche) Korrekturvorschläge an.
Antragsgemäss nimmt der BR vom Bericht in zustimmendem Sinne Kenntnis.

Brief von Oscar Schürch an Otto Zaugg, 28.1.1952

Schürch schickt Zaugg ein Exemplar des Berichtes, nachdem BR von Steiger nun doch auf Änderungen verzichtet hat, und weist auf die absolute Vertraulichkeit hin. Die Nichtveröffentlichung "ist an und für sich bedauerlich, aber lässt sich im Augenblick wohl kaum anders machen, wenn nicht eben die Diskussion um die Flüchtlingspolitik während den Kriegsjahren in der Oeffentlichkeit wieder aufflammen soll, was aus verständlichen Gründen vermieden werden sollte. Dadurch, dass unser Bericht nicht publiziert wird, kann auch jener der Zentralleitung nicht einer weiteren Oeffentlichkeit zugänglich gemacht werden."
Hauptsache ist die Sicherung des Materials sowie die Tatsache, dass "zeitraubende Nachforschungen in alten Akten, die zum Teil seinerzeit dann gar nicht mehr vorhanden sind", damit überflüssig werden.

Brief von Oscar Schürch an Nettie Sutro, 4.3.1952
Schürch schickt N. Sutro einen Bericht zur Kenntnis und bittet sie, ihn vertraulich zu behandeln sowie vor der Publikation ihres eigenen Buches über die Flüchtlingshilfe dem Departement Kenntnis davon zu geben, in welcher Weise der Bericht gebraucht wurde.

Brief von Oscar Schürch an Nettie Sutro, 19.4.1952
Schürch dankt für die netten Zeilen von Sutro zu seinem Bericht und schickt ihr die Zeittafel, die sie für ihr Buch verfasst hat, mit einigen Korrekturen zurück: "Es ist z. B. gefährlich, irgendwo von bestimmten Weisungen der Behörden zu sprechen, ohne dann später die abgeänderten neuen Weisungen zu erwähnen. Gerade die Weisungen über die Aufnahme oder Rückweisung von illegal einreisenden Flüchtlingen wurden im Verlaufe des Krieges mehrfach geändert, oft nur für gewisse Kategorien von Flüchtlingen oder für gewisse Grenzabschnitte."

Brief von Oscar Schürch an die Pressestelle JUNA, 26.3.1958 (!)

Die JUNA erhält auf ihre Bestellung ein Exemplar des Berichtes zur Einsicht. Schürch stellt fest, dass der Bericht damals von ihm verfasst und dann vom Gesamtbundesrat als Bericht des EJPD genehmigt wurde. "Der Bericht wurde nachher beim Departementssekretariat den Bundeshausjournalisten zur Einsichtnahme zur Verfügung gestellt. Der damalige Chef des Departements, Herr Bundesrat von Steiger, hat den seinerzeitigen Präsidenten der Bundeshausjournalisten ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht. Da der Bericht nur intern Beachtung fand, wurden verhältnismässig wenig Exemplare abgezogen." Schürch bittet deshalb, das zugeschickte Exemplar - eines der letzten - gelegentlich zurückzusenden.

Verzeichnis der Kopien

Verteiler des Berichtes
Auszug aus dem Sitzungsprotokoll des BR vom 28.12.1951
Brief von Oscar Schürch an Otto Zaugg, 28.1.1952
Brief von Oscar Schürch an Nettie Sutro, 4.3.1952
Brief von Oscar Schürch an Nettie Sutro, 19.4.1952
Brief von Oscar Schürch an die Pressestelle JUNA, 26.3.1958
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