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Documenti Diplomatici Svizzeri, vol. 20, doc. 60
volume linkZürich/Locarno/Genève 2004
Dettagli… |▼▶Collocazione
Archivio | Archivio federale svizzero, Berna | |
▼ ▶ Segnatura | CH-BAR#E7001C#1968/72#47* | |
Vecchia segnatura | CH-BAR E 7001(C)1968/72 4 | |
Titolo dossier | Verhandlungen über das alte schweizerisch-deutsche Clearing (1954–1956) | |
Riferimento archivio | 124.01 |
dodis.ch/12560 Interne Notiz des Finanz- und Zolldepartements1 AKTENNOTIZ ÜBER DIE BESPRECHUNG VON HERRN BUNDESRAT STREULI MIT HERRN MINISTER HOLZAPFEL VOM 15. MÄRZ 19562
Herr Bundesrat Streuli begrüsst die Möglichkeit, mit Herrn Minister Holzapfel die Frage der Liquidation des deutsch-schweizerischen Clearings besprechen zu können. Bundesrat Streuli steht unter dem Eindruck, dass man deutscherseits die innenpolitische schweizerische Situation zu verkennen scheint. Er weist auf die grossen Verluste hin, die weite schweizerische Kreise und der Bund im Finanzverkehr mit Deutschland erlitten haben und dass wir deshalb mit einer kritischen öffentlichen Meinung rechnen müssen. Der Bundesrat und die Verhandlungsdelegation sind bemüht, eine Lösung zu erzielen, die vor dem Parlament und der Öffentlichkeit vertreten werden kann. Es wäre sicher für beide Teile unerwünscht, wenn das Liquidationsabkommen in der Öffentlichkeit und im Parlament auf eine scharfe Kritik stossen würde. Er erinnert nochmals daran, dass der Bund auf der Clearingmilliarde rund 500 Millionen Franken abgeschrieben habe und dass dieser Verzicht vom Bundesrat nur unter der Bedingung akzeptiert wurde, dass der Schweiz bei der Clearingliquidation keine weiteren nennenswerten Opfer zugemutet werden3. Diese Tatsache sei aktenmässig festgelegt, und wir seien deshalb überrascht gewesen, dass man deutscherseits davon überhaupt nichts mehr wissen wollte.
Nach schweizerischer Auffassung hätte das Clearing nach dem Clearingprinzip, wonach jede Seite ihre Gläubiger bezahlt, liquidiert werden sollen. Diese Lösung sei jedoch aus internen deutschen Gründen nicht möglich gewesen. Die Schweiz habe sich deshalb bereit erklärt, auf eine kreuzweise Lösung einzutreten. Der Bundesrat habe sich damit abgefunden, jedoch die Instruktion erteilt, dass sich auch bei einer kreuzweisen Lösung die deutschen und die schweizerischen Leistungen die Waage halten sollten. Die Verhandlungsdelegation sei deshalb nicht in der Lage gewesen, den deutschen Vorschlag gemäss Aide-Mémoire zu akzeptieren. Die Gründe seien Herrn Finanzminister Schäffer in einer mündlichen Aussprache vom Chef der Verhandlungsdelegation dargelegt worden. Die deutsche Auffassung, wonach die schweizerischen Forderungen nach dieser Besprechung höher geschraubt worden seien, sei nicht zutreffend. Wenn die Verhandlungsdelegation sich schliesslich bereit erklärt habe, auf eine Lösung einzutreten, bei welcher sich die deutsche und die schweizerische Leistung im Verhältnis von 21: 27 verhalte, so hätte sie damit ihre Verhandlungskompetenzen bereits überschritten. Immerhin wäre das Finanzdepartement bereit, einen solchen Kompromissvorschlag dem Bundesrat zu unterbreiten und dann auch die deutsche Forderung auf eine Befriedigung der Frankengläubiger zu 66 2/3% zu akzeptieren. Es müsse jedoch betont werden, dass der Gesamtbundesrat hiezu noch nicht Stellung genommen habe. Bezüglich des weiteren Vorgehens dürfte es sich empfehlen, zunächst mit einer kleinen Verhandlungsdelegation eine Vertragsskizze auszuarbeiten, die dann als Grundlage für eine definitive Instruktion des Bundesrates dienen könnte. Schweizerischerseits sei man bereit, dem deutschen Wunsch auf eine Beschleunigung der Verhandlungen zu entsprechen.
Sofern Minister Holzapfel dies wünsche, sei Herr Bundesrat Streuli bereit, Herrn Minister Holzapfel ein diesbezügliches Aide-Mémoire zu überlassen.
Herr Minister Holzapfel hat für die schweizerische Betrachtungsweise das grösste Verständnis. Er teilt durchaus die Meinung, wonach man deutscherseits eine Leistung in der Grössenordnung von 21 Millionen Franken bewilligen sollte. Er hätte eigentlich erwartet, dass in der heutigen Besprechung Herr Bundesrat Streuli einen anderen Trumpf ausspiele, nämlich den deutschjugoslawischen Vertrag4. Mit diesem Vertrag sei man Jugoslawien ausserordentlich weit entgegengekommen. Man habe sich Jugoslawien gegenüber zu Leistungen verpflichtet, die mit Art. 5 des Londoner Schuldenabkommens nicht mehr vereinbar seien. Es sei zwar richtig, dass Jugoslawien das Londoner Schuldenabkommen nicht unterzeichnet habe; indessen hätte sich Deutschland verpflichtet, auch Drittländer nicht besser zu stellen als die Signatarstaaten des Londoner Schuldenabkommens. Der jugoslawische Vertrag schlage eine Bresche in die bisherige deutsche These, wonach Forderungen aus der Kriegszeit nicht honoriert werden können. Herr Minister Holzapfel ist der Auffassung, dass die schweizerische Öffentlichkeit es kaum verstehen würde, wenn sich die deutschen Unterhändler gegenüber der Schweiz derart versteiften, während sich Deutschland Jugoslawien gegenüber so grosszügig zeigte.
Herr Minister Holzapfel hält dafür, dass es nicht richtig wäre, wenn sich die deutschen und die schweizerischen Leistungen die Waage halten würden, da der deutsche Gläubigerkomplex grösser sei als der schweizerische. Dagegen glaubt er, dass Deutschland sehr wohl in der Lage sein sollte, den schweizerischen Wünschen, wie sie in den beiden Exposés dargelegt sind, zu entsprechen. Dem schweizerischen Wunsch, für die Kleingläubiger 1,5 Millionen Franken mehr vorzusehen, sei bereits entsprochen worden, sodass die ganze Differenz noch 1,5 Millionen betrage.
Herr Minister Holzapfel vertritt die Auffassung, dass es nicht notwendig sei, ein Aide-Mémoire zu übergeben, da ihm die schweizerische Auffassung durchaus bekannt sei. Er werde hierüber sofort nach Deutschland berichten und hoffe zuversichtlich, dass dieses Problem demnächst einer Lösung entgegengeführt werden könne.
- 1
- E 7001(C)1968/72/4.↩
- 3
- Die Rede ist von den Verhandlungen im Sommer 1952 mit der BRD und den Alliierten. Vgl. dazu die Handakten des schweizerischen Verhandlungsleiters, W. Stucki, E 2801(-) 1968/84/4 und das Schreiben W. Stuckis an die schweizerischen Gesandtschaften in London, Paris und Washington vom 3. September 1952, E 2200.41(-)-/39/61 (dodis.ch/8867).↩
- 4
- Es handelt sich um eine am 10. März 1956 paraphierte aber in der Folge auf Grund der Verschlechterung der jugoslawisch-deutschen Beziehungen nicht ratifizierte Vereinbarung. Vgl. E 6100(B)1973/141/30.↩
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