Classement thématique série 1848–1945:
VI. AFFAIRES DE PRESSE, CENSURE, PROPAGANDE ET OPINION PUBLIQUE
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 13, doc. 275
volume linkBern 1991
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
Archival classification | CH-BAR#E2001E#1000/1571#24* | |
Dossier title | Beilagen 1 bis 269 gem. Inhaltsverzeichnis (1939–1945) | |
File reference archive | A.15.40.1 |
dodis.ch/47032 Notice du suppléant du Chef de la Division des Affaires étrangères du Département politique, P.A. Feldscher1
In der Besprechung, die ich heute mit Herrn Legationsrat von Bibra hatte, kam er auch auf die Unterredung, die Herr Frölicher mit Herrn von Ribbentrop wegen der Einstellung der schweizerischen Presse zu Deutschland gehabt hat, zu sprechen2. Er betonte, dass die Veranlassung zu der Unterredung nicht von Herrn von Ribbentrop, sondern von höchster Stelle ausgegangen sei. Herr von Ribbentrop hatte sich noch zwei Tage vor der Unterredung ihm gegenüber ruhig über die schweizerischen Angelegenheiten geäussert. Y [on]. Bibra, der zur Auskunftserteilung nach Berlin beordert worden wäre, sei gleich bei seiner Ankunft vom Stellvertreter des Führers, Herrn Hess, darüber befragt worden, was eigentlich der Grund sei, dass die schweizerische öffentliche Meinung derart scharf gegen Deutschland Stellung nehme. Aus allen Gesprächen, die Bibra in Berlin geführt habe, sei zu entnehmen, dass man nicht verstehe, weshalb die Schweiz nicht das geringste Verständnis aufbringe für die absolute Notwendigkeit Deutschlands, der Abschnürung durch England zuvorzukommen. Denn man brauche sich nur vorzustellen, dass nunmehr England statt Deutschland Norwegen und den Eingang der Ostsee beherrschen würde, um zu erkennen, dass für Deutschland das Vorgehen gegenüber Dänemark und Norwegen schlechterdings eine Lebensfrage gewesen sei. V[on Bibra erklärt, er habe sich bemüht darzutun, dass man in der Schweiz befürchte, das Schicksal Dänemarks und Norwegens könne auch ihr beschieden sein und dass man somit die Geschehnisse nur aus dem schweizerischen und nicht aus deutschem Gesichtswinkel betrachte. Was in Berlin ferner unangenehm berühre, sei die Tatsache, dass schweizerische Zeitungen, die gegen Deutschland unfreundlich eingestellt sind, in den Balkanländern (vermutlich auch in Italien, ohne dass Bibra dieses Land nannte) eine ziemliche Verbreitung besitzen und die dortige öffentliche Meinung ungünstig beeinflussen (Weltwoche, Neue Zürcher Zeitung etc.). Die deutsche Regierung sei nicht gewillt, diesen Zustand länger zu dulden und werde die Schleusen einer Pressekampagne gegen die Schweiz öffnen, wenn keine Änderung eintrete. Welche Folgen für die Schweiz und die Schweizer in Deutschland das haben könnte, sei leicht zu ermessen, wenn man bedenke, dass schon jetzt die Stimmung in Deutschland gegenüber der Schweiz sich sehr ungünstig gestellt habe. Herr von Bibra empfiehlt wiederholt, Herrn Minister Frölicher mit einer positiven Antwort nach Berlin zurückkehren zu lassen3
. Bloss vereinzelte Massnahmen gegen Zeitungen, wie Verwarnungen und einzelne Verbote, könnte an den Verhältnissen kaum mehr etwas ändern.
Ich mache gegenüber meinem Besucher kein Hehl daraus, dass etwa die Einführung einer Zensur für die schweizerische Presse nicht in Frage käme, dass dagegen sicherlich damit gerechnet werden dürfe, dass das Parlament und der Bundesrat ihren Einfluss auch weiterhin zur Herbeiführung einer aufgeklärten und objektiven Haltung der Schweizer Zeitungen geltend machen werden. Der schweizerische Standpunkt sei nicht derjenige der Parteinahme für eine kriegführende Partei, sondern sei von der Sorge um die Erhaltung der Unabhängigkeit der Schweiz diktiert. Herr von Bibra zieht aus dieser Bemerkung selber den Schluss, dass man in der Schweiz von einem Sieg Deutschlands eine Bedrohung der schweizerischen Unabhängigkeit befürchte, während man für den Fall eines Sieges der Alliierten eine solche Gefahr nicht annehme.
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