Classement thématique série 1848–1945:
II. RELATIONS BILATÉRALES
A. AVEC LES ÉTATS LIMITROPHES
1. Allemagne
1.2. Affaires économiques.
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 13, doc. 159
volume linkBern 1991
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
Archival classification | CH-BAR#E1004.1#1000/9#13525* | |
Dossier title | Beschlussprotokoll(-e) 08.09.-12.09.1939 (1939–1939) |
dodis.ch/46916 CONSEIL FÉDÉRAL
Procès-verbal de la séance du 12 septembre 19391 1744. Wirtschaftsverhandlungen mit dem Ausland; Verhandlungen mit Deutschland
Procès-verbal de la séance du 12 septembre 19391
«I.
Mit Note vom 28. Juni 19392 wurde durch unsere Gesandtschaft in Berlin mit dem Auswärtigen Amt u.a. vereinbart: «Die deutsche Regierung wird bei Eintritt eines Kriegsfalles gemeinsam mit der Schweiz. Regierung wohlwollend prüfen, in welchem Umfang die gegenseitige Versorgung mit lebenswichtigen Gütern sichergestellt werden kann.»
Gestützt auf diese Vereinbarung stellte die deutsche Regierung am 3. crt. das Gesuch, mit der Schweiz in obigem Sinne unverzüglich in Verhandlungen einzutreten3. Bereits am 4. crt. gelangte unter Führung vom Gesandten Hemmen die bekannte deutsche Verhandlungsdelegation in Bern an, und nahm sofort mit dem Direktor der Handelsabteilung Fühlung, worauf der Beginn der Verhandlungen auf Dienstagvormittag festgesetzt worden ist. Vorgängig der Aufnahme der Besprechungen zwischen den beiden Delegationen hat eine kurze Besprechung zwischen den Herren Gesandten Dr. Köcher und Hemmen mit dem Unterzeichneten Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartements - im Beisein von Direktor Hotz - stattgefunden. Dabei wurde deutscherseits die Erklärung abgegeben, die bisherigen Wirtschaftsbeziehungen mit der Schweiz in möglichst vollem Umfang auch weiterhin aufrecht zu erhalten. Der Chef des Volkswirtschaftsdepartements dankte für die deutsche Erklärung betr. die Respektierung der Schweiz. Neutralität und erklärte seinerseits den Schweiz. Willen, ebenfalls nach Möglichkeit die Wirtschaftsbeziehungen mit Deutschland aufrechterhalten zu wollen. Dabei wurde auf die nicht leichte Lage der Schweiz hinsichtlich Ein- und Ausfuhr hingewiesen und ausdrücklich erklärt, dass die Schweiz die Überwachung ihrer Wirtschaftsbeziehungen mit dem Ausland staatlich und ohne jegliche Einmischung des Auslandes zu regeln gedenke. Die Schweiz werde sich energisch gegen alle Versuche ausländischer Einmischung wie seinerzeit durch die SSS. - Organisation zur Wehr setzen4. II.
In den bisherigen sehr vorsichtig geführten Besprechungen mit der deutschen Delegation hat sich die deutsche Einstellung einstweilen wie folgt abgezeichnet:
Die Grundlagen des bisherigen Verrechnungsabkommens sollen beibehalten werden, weil sie auch im Falle von Einschränkungen anpassungsfähig gehalten sind; die Frage der Verschuldung infolge von Rückständen auf dem Warenkonto müsse jetzt vor der viel wichtigeren Bedarfsbefriedigung zurücktreten. Deutschland stehe in einem Kampfe auf Leben und Tod und müsse deshalb bei seinen Einkäufen im Ausland zuerst das aller dringenste berücksichtigen. Gewisse Luxusartikel wie z.B. Stickereien kämen einstweilen nicht mehr in Betracht, dagegen wäre zu prüfen, ob nicht Industrien, die bisher Luxusartikel nach Deutschland exportierten, dringend benötigte Ersatzprodukte für Deutschland herstellen könnten. Die Bezahlung der zu liefernden Waren hat im Verrechnungsverkehr zu erfolgen: a. aus dem normalen vertraglichen Anfall, b. aus nunmehr freiwerdenden Mitteln aus dem Fremdenverkehr, event, auch beim Zinsentransfer - entsprechende Anträge überlassen sie einstweilen der Schweiz - und schliesslich noch nötigenfalls durch ausservertragliche Zahlungen. Bezüglich des dringend benötigten Exportes aus der Schweiz haben sich die Deutschen vorläufig nur allgemein ausgesprochen, nämlich möglichst viele lebensnotwendige industrielle und landwirtschaftliche Artikel. Wir haben die deutsche Delegation gebeten, uns möglichst bald eine eingehende Liste ihrer dringenden Wünsche zu unterbreiten, die wir selbstverständlich mit dem grössten Wohlwollen, aber unter Berücksichtigung der Schweiz, kriegswirtschaftlichen Versorgung prüfen werden. Es dürfte den Deutschen durch das behutsame Vorgehen der Schweiz. Delegation nicht entgangen sein, dass keine Möglichkeit besteht für die neutrale Schweiz, nunmehr in grossem Umfange Rohstofflieferant Deutschlands zu werden. Immerhin wird die Schweiz, wenn sie leben will, auch in Zukunft alles daran setzen müssen, ihren Export nach Möglichkeit aufrechterhalten zu können. Die schweizerische Delegation hat ihrerseits eine Liste der dringenden Wünsche betr. Bezüge aus Deutschland (Kohle, Eisen, Saatkartoffeln, Stroh, Düngemittel usw.) in Aussicht gestellt, nachdem die Angelegenheit eingehend mit den kriegswirtschaftlichen Ämtern konferenziell behandelt worden ist. Es wird sich dann anlässlich der Besprechungen über diese Liste zeigen, in welchem Umfange Deutschland tatsächlich in der Lage ist, seine allgemeine Bereitwilligkeit die Schweiz möglichst in bisherigem Umfange beliefern zu wollen, auch wirklich zu honorieren.III.
Die Schweiz. Stellungnahme war, wie bereits bemerkt, bisher sehr vorsichtig und abtastend. Sie konnte dies umsomehr, als sich sofort zeigte, dass ohne eine befriedigende Regelung der Zahlungsseite, nennenswerte und von Deutschland besonders dringend begehrte Exporte bei einem Clearingrückstand auf Warenkonto von ca. 64 Mo. Fr. von der schweizerischen Privatwirtschaft kaum erfolgen würden. Anfänglich erklärten die Deutschen nicht in der Lage zu sein, nennenswerte Warenimporte in die Schweiz zu ermöglichen zur Abtragung des erwähnten Rückstandes auf Warenkonto. Sie mussten sich dann aber davon überzeugen, dass dann eben die gesamten wirtschaftlichen Beziehungen zum Erliegen kommen müssten. Eine sehr vorsichtig gehaltene deutsche Anregung, der gesamte Clearingrückstand von 64 Mo. Fr. sei durch Übernahme durch den Bund - ähnlich wie s.Zt. beim Reiseverkehr - zu «sterilisieren» und so einstweilen zum Verschwinden zu bringen, fand schweizerischerseits nach Fühlungnahme mit dem Chef des Volkswirtschaftsdepartements, des Finanzdepartements, sowie der einstimmigen erweiterten Verhandlungsdelegation keine Gegenliebe. Deutscherseits erklärte man sich daher bereit, diese Seite des Problems weiter zu prüfen. Es sei noch beigefügt, dass die schweizerische Verhandlungsdelegation in der letzten Sitzung vom 7 crt. der deutschen Delegation formell eröffnete, dass die schwebenden Wirtschaftsverhandlungen nicht nur gestützt auf den Notenwechsel vom 28. Juni a.c., sondern auch auf Grund von Art. VIII des geltenden Verrechnungsabkommens geführt werden, wo von Verhältnissen die Rede ist, die sich gegenüber denjenigen bei Vertragsabschluss wesentlich verändert haben. Dadurch erhalten beide Parteien die Möglichkeit, das Abkommen mit einer Frist von 10 Tagen zu kündigen, wenn die Verhandlungen binnen 21 Tagen zu keiner Verständigung führen sollten. Wir brauchen kaum besonders zu bermerken, dass der Hinweis auf den erwähnten Art. VIII schweizerischerseits in sehr vorsichtiger Art als rein vorsorglichen Akt erfolgte und deutscherseits in zustimmendem Sinne hingenommen worden ist.IV.
Die erweiterte schweizerische Verhandlungsdelegation (Dir. Hotz, Prof. Keller, Dir. Hornberger, Prof. Laur, Dr. Vieli, Nat. Rat. Gafner und R. Kohli, Chef des Rechtsbureaus des Politischen Departementes) hat die Lage am 7. crt. eingehend geprüft und empfiehlt nahezu einhellig folgendes weiteres Vorgehen:
Vorläufig soll im Rahmen des bestehenden Verrechnungsabkommens eine Verständigung mit Deutschland gesucht werden. Stellt sich dies als unmöglich heraus - und es spricht die grösste Wahrscheinlichkeit für diesen Fall - dann wird nichts anderes übrig bleiben, als die im Abkommen selbst vorgesehenen Liquidationsklauseln spielen zu lassen, was bis zur Abdeckung der Rückstände auf Waren- und Finanzkonto auf einen einseitigen Clearingvertrag hinausläuft, indem eben solange die deutschen Einfuhren via Nationalbank bezahlt werden müssen.
Je nach dem weitern Verlauf der Besprechungen und insbesondere nach der Art der zu erwartenden Listen für die dringend benötigten Ein- und Ausfuhren wäre auch noch folgende Mittellösung zu versuchen:
Wie bisher für die Regelung betr. die Schweiz. Kriegsmaterialbezüge könnte eine ähnliche Sonderregelung für die lebenswichtigen Güter über ein Sonderkonto getroffen werden. Für die Kriegsmaterialbezüge der KTA gilt folgende Regelung: Vom Gegenwert der deutschen Kriegsmateriallieferungen werden – 11,8% der Einzahlungen der deutschen Verrechnungskasse auf ein freies
Konto gutgeschrieben, – 18,2% der Einzahlungen werden dem Warenkonto gutgeschrieben und – 70% der Einzahlungen stehen der deutschen Regierung in erster Linie für
den Bezug von schweizerischen Eisenerzen zur Verfügung und der Rest für
den Ankauf von Schweizerwaren nach freier deutscher Auswahl.
Für die Sonderregelung für diese lebenswichtigen Güter wäre etwa folgende Aufteilung des Einfuhrerlöses zu erwägen: – ca. 3/5 für den Export für Deutschland lebenswichtiger Schweiz. Exportgüter, – ca. 1/5 für die beschleunigte Tilgung des ca. 64 Mo. Fr. betragenden Clearingrückstandes, – Rest wäre zu verteilen auf die besonders lebenswichtigen Nebenkosten des
Warenverkehrs, für einen stark eingeschränkten genehmigungspflichtigen
Reiseverkehr (Sanatorien, Erziehungs- und Studienaufenthalte usw.) und
ferner für die Finanzverpflichtungen Deutschlands.
Der Einfuhrerlös der übrigen Importe aus Deutschland wäre dann besonders intensiv für die Tilgung der Clearingrückstände (30%) zu verwenden, je 15% fielen auf Nebenkosten und Finanzverpflichtungen und ca. 40% verblieben für solche Exporte, die Deutschland als nicht lebensnotwendig bezeichnen würde.
Über die verschiedenen Prozentsätze wäre natürlich zu verhandeln und es ist begreiflich, dass die Vertreter der Finanzgläubiger die dringende Bitte an die Behörden richten, auch ihre Belange im Rahmen des Möglichen zu berücksichtigen. Der Vertreter des Fremdenverkehrs möchte einstweilen die nicht zur Verwendung gelangenden Beträge der monatlich 3 Mo. Fr. betragenden Reiseverkehrsquote in Reserve behalten, was offenbar ein blosser Wunsch bleiben wird.»
Gestützt auf obige Ausführungen wird antragsgemäss1. Dieser Bericht wird im Sinne von Instruktionen an die Verhandlungsdelegation genehmigt;
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