dodis.ch/43117
Protokoll der Sitzung des Bundesrates vom 2. Juli 1909
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3623. Internationale Konferenz zur Behandlung der Zigeunerfrage
Justiz- und Polizeidepartement. Anträge vom 30. Dezember 1907
2; und
26. Juni 1909
Das vermehrte Auftreten von Zigeunerbanden in Mitteleuropa während der letzten Jahre hat die meisten Staaten dazu veranlasst, ihre Grenzen gegen das Eindringen solcher Banden nach Möglichkeit zu verschliessen, sowie andere Repressivmassregeln zu ergreifen. Das Justiz- und Polizeidepartement hat sich darüber in seinem Antrage an den Bundesrat vom 27. Juni 19063, demzufolge der Bundesrat unterm 11. Juli 1906 den schweizerischen Transportanstalten die Beförderung von Zigeunern grundsätzlich untersagt hat, sowie in seinem vom Bundesrate genehmigten Geschäftsberichte pro 19064 des nähern ausgesprochen. Der betreffende Passus des Geschäftsberichtes schliesst mit der Bemerkung, man könne sich übrigens, trotz aller Repressivmassregeln im einzelnen, der Überzeugung nicht verschliessen, dass zu einer gründlichen Sanierung des Zigeunerwesens es eines gemeinsamen Vorgehens der verschiedenen Staaten bedürfe, und der Bundesrat beabsichtige daher, entsprechend einem von der Konferenz der kantonalen Polizeidirektion ausgesprochenen Wunsche, bei den benachbarten Regierungen eine internationale Konferenz zur Behandlung dieser Angelegenheit anzuregen.
Das Justiz- und Polizeidepartement hat die einschlagenden Fragen, über welche die internationale Konferenz zu beraten haben wird, einer einlässlichen Prüfung unterzogen.
Auf den Antrag des Justiz- und Polizeidepartements wird beschlossen, es seien die schweizerischen Gesandtschaften in Berlin, Paris, Rom und Wien im Sinne des vorgelegten Entwurfschreibens5 zu beauftragen, die betreffenden Regierungen, unter Vorlegung eines Beratungsprogramms6, vertraulich anzufragen, ob sie geneigt seien, an einer internationalen Konferenz zur Reglierung der Zigeunerfrage teilzunehmen.
An die schweizer. Gesandtschaften in Berlin, Paris, Rom und Wien.