Classement thématique série 1848–1945:
II. RELATIONS BILATÉRALES
II.13. HONGRIE
II.13.1. HONGRIE - RELATIONS POLITIQUES
Abgedruckt in
Diplomatische Dokumente der Schweiz, Bd. 15, Dok. 293
volume linkBern 1992
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Archiv | Schweizerisches Bundesarchiv, Bern | |
▼ ▶ Signatur | CH-BAR#E2300#1000/716#176* | |
Alte Signatur | CH-BAR E 2300(-)1000/716 91 | |
Dossiertitel | Budapest, Politische Berichte und Briefe, Militärberichte, Band 4 (1944–1945) |
dodis.ch/47897
Wie ich erfahre, ist die Stellung des Aussenministers Baron Gabriel Kemény als erschüttert anzusehen infolge der Differenzen zwischen ihm und der Partei. Als Nachfolger wird der jetzige Kabinettschef Zoltan von Bagossy genannt, der eine Zeitlang Leibgardist des Negus von Abessinien gewesen ist. Bagossy gehört übrigens zu den drei «wilden Leuten» im Aussenministerium. Die zwei ändern «Wilden» sind der Stellvertreter des Ministers Andreanszky und der frühere Stockholmer Militârattaché Vöcsköndy, der jetzt als Generalsekretär tätig ist und als Gesandter nach Stockholm gehen soll, wenn er ein Agrement bekommt. Andreanszky ist früher Oberstleutnant gewesen und soll ein blinder Parteifanatiker sein. Der Besuch des Nuntius vom 11.d.M. bei dem Aussenminister galt neben dem Schicksal der mit Schutzpässen versehenen Juden einem interessanten Zweck: der Nuntius machte nämlich den Vorschlag, dass Budapest und Esztergom, der Sitz des Fürstprimas, zu offenen Städten erklärt werden sollen. Der Aussenminister was für diesen Plan, aber die ändern Mitglieder der Regierung sollen dagegen opponiert haben; da auch die Deutschen dagegen sind, hat der Plan wenig Aussicht auf Verwirklichung.
Nach einer zuverlässigen Information soll der gesamte Goldbestand der Ungarischen Nationalbank samt dem Devisenvorrat und den Goldvorräten der Banken nach Dresden gebracht worden sein.
Über das Schicksal der verschleppten Juden erfahre ich, dass ein Teil davon bereits in Ortschaften um Komarom herum angekommen ist, wohin die Leute in Fussmärschen geschafft worden seien.
Über die Frontlage (12.d.M.) erfahre ich, dass die Russen von Apatin bis Mohacs in einer Breite von 70 km die Donau überschritten haben und in forciertem Tempo gegen Pécs (Fünfkirchen) Vordringen. Da in diesem Abschnitt nur wenig deutsche Truppen stehen und die Ungarn nicht kämpfen, schreiten die Russen rasch vor. Nach zuverlässigen Meldungen hält der Kommandant des Fünfkirchener Armeekorps, General von Oszlanyi, zu Horthy.
Um Budapest ist die Lage im grossen und ganzen wenig verändert. Die Russen stehen noch immer vor Soroksar, Pestszentimra, ferner bei Vecsesm, welche Ortschaft sich wieder in ihren Händen befindet und bei Pécel, also in einem Viertelkreis von ca. 20 km von Budapest. Immer mehr Zeichen deuten darauf hin, dass die Russen keinen Frontalangriff gegen Budapest vornehmen wollen, vielmehr bestrebt sind, sich mittels einer doppelten Umfassung der Stadt zu bemächtigen, indem sie die Deutschen zur Räumung zwingen wollen. An neuen deutschen Verstärkungen sind zwei Divisionen eingelangt. Die deutschen Kommandostellen haben sich bei dem ungarischen Generalstab bitter darüber beschwert, dass die ungarischen Truppen sehr geringe Kampflust zeigen3.
- 1
- Lettre: E 2300 Budapest/4. La lettre est signée: i. A. Kilchmann.↩
- 3
- Le 14 novembre à 16 h. 38, la Légation de Suisse à Budapest expédie le télégramme suivant au Département politique (qui le reçoit le 15 novembre à 17 h. 10): Nummer 423. Unterredung Aussenminister Kemény ergab, dass entgegen anders lautenden Informationen aus Aussenministerium und Parteikreisen seitens Regierung keine Massnahmen gegen Budapest bleibende neutrale Gesandtschaften geplant. Allerdings erwartet Regierung, dass bei Verlegung Amtssitz Gesandtschaften ebenfalls dislozieren, andernfalls sie ihrem ungewissen Schicksal überlassen werden müssten. Möglichkeit Verbleibens Budapest sei theoretisch vorhanden solange Regierung auf ungarischem Boden, jedoch prinzipiell unvereinbar mit diplomatischen Gepflogenheiten. Einstellung Regierung sei insbesondere gegen Schweiz betont freundlich in Erwartung Stellungnahme schweizerischer Regierung auf Grund Berichterstattung Gesandten Jaegers. Allfällige Besetzung Berner Gesandtschaft sei durchaus im Einklang mit schweizerischer Mentalität geplant (E 2300Budapest/4). Pilet-Golaz a lu ce télégramme le 16 novembre et l’a communiqué le lendemain au Conseil fédéral. Cf. aussi E 2001 (D) 3/65.↩
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