dodis.ch/47743

Le Ministre de Suisse à Budapest, M. Jaeger, au Chef du Département politique, M. Pilet-Golaz1

Seit der Überrumpelung Ungarns und dessen Blitzbesetzung durch die deutsche Wehrmacht sind mir von verschiedener Seite Nachrichten zugekommen, dass in absehbarer Zeit ein gleiches Vorgehen gegen die Schweiz geplant sei. Ich habe diese Informationen einstweilen zurückgestellt und zusammenlaufen lassen. Heute glaube ich, meine Warnung nicht länger zurückhalten zu sollen, nachdem ich nunmehr auch ein Ausspruch vor Zeugen des intimen Mitarbeiters Hitlers, Yeesenmayer, des neuen deutschen Gesandten und Reichsbevollmächtigten für Ungarn, sowie eine direkte vertrauliche Warnung durch den französischen Militärattache, Oberst Hallier, zugrunde liegt. Veesenmayer hat sich bei einem Empfang in vorgerückter Stunde in Anwesenheit Kilchmanns geäussert: «Binnen kurzem dürfte die Frage einer Entscheidung auch für die Schweiz akut werden.» Hallier kam auf die Gesandtschaft und erklärte, aus Kreisen der deutschen Gestapo und der deutschen Wehrmacht zu hören, dass eine Besetzung der Schweiz nicht mehr vermieden werden könne. Es seien weniger strategische Gründe, die dazu zwängen, sondern der Umstand, an der nahen Reichsgrenze einen fremden Körper voll alliierter Spione zu haben. Nach Informationen aus inoffiziellen Quellen, denen ich immerhin die Möglichkeit verdanke, Ihnen seinerzeit den Einmarsch der deutschen Armee in Ungarn vorauszusagen, liegen auch handgreifliche Gründe vor. Unzählige Gestapoleute sollen offen erklären, sie könnten mit ihrem Sold nicht leben und müssten anderswo sich Mittel beschaffen. Der Krieg hat derart angefangen in einen mangelhaften auszuarten. Um einen solchen Beutezug würde es sich gegen die Schweiz handeln, von der die Rede gehe, sie sei vollgestopft mit Geld und Gut. Ich behalte mir weitern Bericht vor.