Classement thématique série 1848–1945:
II. RELATIONS BILATÉRALES
II.9. ÉTATS-UNIS
II.9.2. ÉTATS-UNIS - RELATIONS ÉCONOMIQUES
Abgedruckt in
Diplomatische Dokumente der Schweiz, Bd. 15, Dok. 102
volume linkBern 1992
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Archiv | Schweizerisches Bundesarchiv, Bern | |
▼ ▶ Signatur | CH-BAR#E2001E#1000/1572#978* | |
Alte Signatur | CH-BAR E 2001(E)1000/1572 92 | |
Dossiertitel | Allgemeine Transferfragen (1943–1945) | |
Aktenzeichen Archiv | C.47.200 • Zusatzkomponente: Vereinigte Staaten von Amerika |
dodis.ch/47706 Compte-rendu d’une séance sur les relations financières avec les Etats-Unis d’Amérique1 AKTENNOTIZ ÜBER EINE BESPRECHUNG BETREFFEND DIE ZUVERFÜGUNGSTELLUNG VON FRANKEN GEGEN FREIES GOLD AN DAS AMERIKANISCHE TREASURY DEPARTMENT VOM 22. MÄRZ 1944
Vorsitz: Herr Bundesrat Nobs
Ferner anwesend: Das Direktorium der Schweizerischen Nationalbank
Herr Professor Kellenberger
Herr Kohli
Herr Reichenau
Herr Bundesrat Nobs resümiert einleitend auf Grund persönlicher Notizen eine Unterredung mit Herrn Bundesrat Pilet-Golaz und beleuchtet die Entstehung der verschiedenen zur Diskussion stehenden Telegramme an die Gesandtschaft in Washington. Er stellt insbesondere fest, dass sich die Nationalbank jeweils mit deren Formulierung einverstanden erklärt habe bzw. dass sie grösstenteils von ihr stamme. Herr Bundesrat Pilet sei auch der Auffassung, dass man am 22. Dezember in den Zusicherungen sehr weit gegangen sei2. Indessen beruhe das jetzige Begehren der amerikanischen Regierung auf einem gegebenen Wort. Er habe vorgeschlagen, einen monatlichen Plafond von 5 Millionen Franken freien Goldes anzusetzen und zwar vorläufig auf 3 Monate. Er habe indessen nicht verhehlt, dass es schwer sein werde, dieses Zugeständnis nicht weiterzuführen solange keine schlechten Erfahrungen vorlägen. Herr Bundesrat Pilet habe ferner auf folgende Punkte hingewiesen:
1.) Wenn Schwierigkeiten mit den USA entstehen, wird es unter Umständen Arbeitslosigkeit geben, was uns wesentlich teurer zu stehen kommen wird als ein Entgegenkommen betreffend die Dollarfrage.
2.) Wenn wir auf Kriegsende mit den Amerikanern schlecht stehen, so laufen wir Gefahr, ungünstig behandelt zu werden.
3.) Die Währung ist namentlich bedroht durch die Steigerung der Inlandspreise. Der Zusammenhang mit dem Ausland wird umso rascher wieder gefunden werden können, je besser das Preisniveau an dasjenige des Auslands angeglichen ist. Herr Pilet habe indessen von vorneherein gewisse Kursverluste in Rechnung gestellt.
4.) Herr Bundesrat Pilet habe gewünscht, dass man den Amerikanern ein Entgegenkommen zeige, und mitgeteilt, dass er dem Bundesrat die Frage bei der nächsten Sitzung vorlegen werde. Diese findet am 24. März statt.
Herr Bundesrat Nobs teilt den Anwesenden mit, dass er in Beantwortung dieser Argumente insbesondere auf den hohen Stand der Bundesschuld und auf den hohen Bedarf für 1944 (2 Milliarden Franken) hingewiesen habe. Die Anspannung des Geldmarktes sei ausserordentlich stark, und man dürfe die Angelegenheit nicht nach der heutigen Sachlage beurteilen. Ferner habe die Nationalbank jetzt schon einen grossen Dollarbestand. Das «freie Gold» sei ein relativer Begriff. Seine Heranschaffung würde Kosten von ungefähr 10% verursachen. Die Waren kämen die Schweiz 10-20% teurer zu stehen, wenn sie sie in Dollars bezahlen wolle. Ausserdem sei Herr Präsident Weber empört darüber, dass ein fremder Staat Franken zu Interventionszwecken verlange, und er habe den Rücktritt der Generaldirektion der Nationalbank angedroht, wenn auf diese ein Druck ausgeübt werde.
Abschliessend stellt Herr Bundesrat Nobs fest, dass die Argumentation auf die Bedeutung des Problems hinweise und dass die Schwierigkeiten ausserordentlich gross seien. Er bittet um die Beantwortung von drei Fragen:
a) Kann das Treasury Department nicht veranlasst werden, die Praxis der beliebigen Lizenzerteilung einzuschränken?
b) Sind seit Anfang der Woche neue Telegramme da, wenn ja, wie lauten sie? Wie ist es Sitte, dass die Nationalbank direkt mit den Währungsinstituten anderer Länder verkehrt?
c) Welche Lösung können wir ins Auge fassen? Besteht insbesondere eine Zwangslage, die den Bundesrat zu einem plötzlichen Entscheid veranlassen muss, oder besteht die Möglichkeit, das Terrain noch etwas abzusuchen?
Herr Bundesrat Nobs gibt der Nationalbank zu bedenken, dass die Sache nicht nur währungspolitischer Natur sei, sondern eine eminente aussenpolitische und handelspolitische Bedeutung habe. Er stellt insbesondere die Frage, ob es die Nationalbank verantworten könnte, wenn wir politische oder wirtschaftliche Schwierigkeiten mit den USA hätten.
Wäre es möglich, einen Kompromiss in dem Sinne vorzuschlagen, dass wir je 5 Millionen Franken für 3 Monate (April-Juni) aussetzten und schon jetzt erklärten, dass es damit sein Bewenden haben müsse?
Herr Kohli erkundigt sich einleitend bei Herrn Präsident Weber, ob die Nationalbank ein Telegramm der Federal Reserve Bank erhalten habe, was verneint wird.
Er führt aus, dass die Zusammenarbeit mit der Nationalbank bisher sehr gut gewesen sei, es scheine aber, dass in dieser Angelegenheit gewisse Missverständnisse vorlägen. Das sei beim telegraphischen Verkehr (Verkehr mit der Handelsdelegation in London im Jahre 1943!) nicht selten. Die am meisten zitierten Telegramme seien von uns in keiner Weise verändert worden, sodass man füglich davon reden könne, dass das Direktorium die Schweizerische Gesandtschaft in Washington instruiert habe. Die Gesandtschaft hat sich in guten Treuen auf diese Instruktionen gestützt.
Als weitere Tatsache führt er an, dass das Treasury unser Angebot annahm, dass es aber im Prinzip anerkannte, dass ein Plafond gesetzt werde. Er hält den Alternativvorschlag der Gesandtschaft, 5 Millionen Franken wenigstens für 3 Monate zu bewilligen, für eine gangbare Lösung. Er ist sich aber dessen bewusst, dass es sehr schwer sein wird, abzubauen, sodass mit 45 Millionen (für 9 Monate) bis Jahresende zu rechnen wäre. Er verweist beiläufig darauf, dass von den durch den Bundesratsbeschluss vom 23. März 19433 bewilligten Summen für die Übernahme von Dollars für wohltätige Institutionen usw. 20 Millionen gespart worden seien (Übernahme von 250000 statt 750000 Dollars monatlich im Durchschnitt).
Als Tatsache sei ferner hinzunehmen, dass das Treasury auf dem Frankenmarkt interveniert habe und dass die Situation daher doppelt heikel sei. Müsse es seine Intervention abbrechen, so bedeute das einen Prestigeverlust, den es uns nicht leicht vergessen werde.
Eine weitere Realität sei unsere Kreditgewährung an Deutschland, die nicht nur in den USA, sondern auch von der amerikanischen Vertretung hier in Bern immer wieder angeführt werde.
Herr Kohli verweist darauf, dass das Treasury Department sich bereit erklärt habe, seine Lizenzgewährung zu ändern und uns weitgehend entgegenzukommen. Er gibt vom neuesten Telegramm Nr. 2274 Kenntnis, das erst vor wenigen Stunden eingetroffen ist.
Abschliessend erklärt er, es sei der Wunsch des Politischen Departements, dass den Amerikanern gegenüber ein Entgegenkommen gezeigt werde, und er betrachte die 5 Millionen monatlich gegen freies Gold als angemessen. Das würde uns wenigstens die Möglichkeit geben, uns über die gegenwärtig verfahrene Situation hinwegzuhelfen.
Herr Präsident Weber bemerkt einleitend, dass wir in eine komplizierte Lage hineinmanövriert worden seien. Es bestünden beträchtliche Interessengegensätze. Das Politische Departement möchte für die Nachkriegszeit gute Stimmung machen, die Nationalbank müsse aber den Notenbankstandpunkt einnehmen. Sie habe ein Bankgesetz, an das sie gebunden sei.
Zum Telegramm vom 22. Dezember führt er aus, dass es in erster Linie die Bemerkung enthalte, eine Intervention auf dem New Yorker Markt wäre paradox5. Es sei offensichtlich, dass die Gesandtschaft der Bemerkung betreffend die Zurverfügungstellung beliebiger Frankenmengen gegen freies Gold nicht die richtige Bedeutung beimesse. In Bezug auf England sei die Übernahme von Gold auch auf die Regierungsbedürfnisse, allerdings mit Einschluss der Exilregierungen, beschränkt. Die Gesandtschaft wolle den Amerikanern mehr geben und sage es ihnen nicht, dass das Freezing die Ursache der Disparität zwischen Franken und Dollar bilde.
Herr Pfenninger sei ein Beobachter und habe keine Kompetenz, die Meinung der Nationalbank auszudrücken. Sofern er Probleme habe, müsse er sie dem Direktorium vorlegen.
Nachdem die Nationalbank sich bemüht habe, die Dollarübernahme für den Warenverkehr zu kanalisieren, könne durch die Übernahme freien Goldes die von ihr betriebene Politik durchkreuzt werden.
Nach einem Exkurs über die Währungspolitik betont er, dass der Nationalbank der Vorwurf der Verflüssigung des Marktes gemacht werden müsste, wenn sie zu weiteren Franken-Zurverfügungstellungen Hand biete. Diese Verantwortung könnte ihr niemand abnehmen, auch das Bundeshaus nicht. Die Nationalbank habe Grund, zu befürchten, dass es den Amerikanern nicht möglich sein werde, die Frankennachfrage zu kanalisieren. Sie würde überflutet werden, weil alles seine Dollars abstossen wolle.
Er betont, dass die Amerikaner bisher uns alle Zugeständnisse stückweise aus der Hand gerissen hätten und bagatellisiert die Zurverfügungstellung «freien Goldes». Er ist der absoluten Überzeugung, dass die Amerikaner nach dem Krieg ebenso rücksichtslos sein würden wie jetzt. Es sei der Nationalbank trotz einer loyalen Zusammenarbeit mit ihnen seit dem 14.6.41 nie gelungen, auch nur die geringste Konzession zu erhalten. Es sei ein Trugschluss, zu glauben, dass das in Zukunft möglich sein werde. Zu den Fragen von Herrn Bundesrat Nobs nimmt er folgendermassen Stellung:
zu a) bemerkt er, dass die Wirkung allfälliger Lizenzverweigerungen durch das Treasury Department momentan nicht überblickt werden könne;
zu b) betont er, dass der Verkehr der Nationalbank mit den ausländischen Notenbanken stets frei gewesen sei, natürlich soweit es sich nicht um politische Probleme gehandelt habe. Die gegenwärtige Frage betreffend USA sei eine typische Angelegenheit zur Behandlung unter Notenbanken;
zu c) gibt er seiner Auffassung Ausdruck, dass jede Intervention auf dem Frankenmarkt ein Unsinn sei. Die Nationalbank sehe bereits neue amerikanische Begehren kommen. Ein Kompromiss würde daher nicht viel helfen. Die Nationalbank wäre daher nicht damit einverstanden, dem Treasury einige Millionen für Interventionen zur Verfügung zu stellen. Wenn der Bund aus anderen Überlegungen zum Schlüsse komme, dass dies nötig sei, so habe die Nationalbank dazu natürlich nichts zu sagen. Sie würde sich nur gegen unbegrenzte Zurverfügungstellung von Franken entschieden zur Wehr setzen.
Herr Vizepräsident Rossy teilt die Meinung von Herrn Präsident Weber. Es sei erschreckend, wie schlecht das Treasury Department in Bezug auf die Währungspolitik beraten sei. Die Angelegenheit sei von der Gesandtschaft so falsch aufgezogen worden wie nur möglich, und es sei ein Unglück, dass man aktiv eingegriffen habe, anstatt das Kommen der Amerikaner abzuwarten.
Im Politischen und im Volkswirtschaftsdepartement habe man die Tendenz, die Währungspolitik als Tauschobjekt zu benützen. Das gehe für Zollpositionen, Kontingente, Kredite usw. sehr gut, die Währung sei aber etwas Totales; von ihr könne man nicht nur einen Teil geben, sondern man gebe sie ganz oder gar nicht. Es wäre an der Zeit, dass man sich im Bundeshaus wieder von der Währung distanzieren und sie der Notenbank überlassen würde.
Die Freiheit des sogenannten freien Goldes sei ein ganz besonderer Fall. Die Engländer stellten das Gold zwar zur Verfügung, doch erklärten sie alle Wege, die kostenmässig tragbar wären, als ausgeschlossen, sodass es so oder so in England bleiben müsse. Dasselbe gelte für USA.
Zusammenfassend stellt er fest, dass uns jedes Zugeständnis ausserordentlich teuer zu stehen kommen werde. Wenn wir Kolonien hätten, wie z.B. die Azoren, so wäre er dafür, dass man sie abtreten würde. Man wüsste dann wenigstens, was man gebe.
Die Frage der Währung müsse dem Verkehr der Notenbanken Vorbehalten bleiben. Sie sind ein Geschäft. Aus der Politik muss man sie fernhalten.
Herr Generaldirektor Hirs bemerkt einleitend, dass die gegenwärtige Situation weder nach innen noch nach aussen tragbar sei. Man behalte wichtige Depeschen zurück (im Politischen Departement), man verquicke die Angelegenheiten der Notenbank mit handels- und aussenpolitischen Belangen, man ziehe die Nationalbank zu Rate und mache doch im Bundeshaus was man wolle! Die Nationalbank gebe sich redliche Mühe, ausserhalb der Devisenbewirtschaftung bleiben zu können und sehe dann mit Schrecken, dass eine einzige Massnahme, die man absolut durchdrücken wolle, ihre Bemühungen zunichte mache. Er kritisiert ein Telegramm der Gesandtschaft in Washington, die absolut nichts von Währung verstehe. Wenn man den Amerikanern weiter entgegenkomme, so werde es noch schlimmer als mit England, wo man glücklicherweise einige Vorsichtsmassnahmen eingebaut habe.
Er bestätigt die Ausführungen von Herrn Präsident Weber, dass die Beziehungen zu der amerikanischen Notenbank bisher gute gewesen seien, dass sich die Nationalbank aber an die ausserordentlich strengen Vorschriften der Amerikaner gehalten habe. Es seien ihr trotzdem keinerlei Konzessionen auf irgendwelchem Gebiet zugestanden worden.
Er ist der Überzeugung, dass die unglückliche Situation, in der wir uns heute befänden, ihren Ausgangspunkt in der General Ruling Nr. 17 habe, die von der Gesandtschaft mit den Währungsfragen in Zusammenhang gebracht worden sei. Die häufigen Kontakte mit dem Treasury Department in dieser Hinsicht, der Abschluss des Abkommens mit England, das starke Disagio des Dollars auf dem Frankenmarkt in New York und der Eintritt des Herrn Straessle in die Gesandtschaft hätten zusammengewirkt.
Der Depesche vom 22. Dezember dürfe keine zu grosse Bedeutung beigemessen werden6. Ihr Inhalt sei von der Gesandtschaft dem Treasury Department gar nicht vorgetragen worden. Es war aber von jeher klar, dass es die Absicht der Nationalbank war, der amerikanischen Regierung entgegenzukommen und nicht zu intervenieren. Die Trennung zwischen den 2,5 Millionen für die Regierung und den 0,75 Millionen für die Interventionen bestehe nur in den Köpfen in den USA.
Anlässlich der Sitzung vom 9. März mit der Finanzdelegation des Bundesrates sei zum Schluss nicht mehr von der Gewährung eines Kredites gesprochen worden. Das Anerbieten von Herrn Kohli, das Telegramm aufzusetzen, habe befremdet. Der Telegrammentwurf liess lange auf sich warten, war dann aber sehr gut abgefasst. Es wurde indessen ein neues Element eingeführt, nämlich die 25 Millionen Franken. Er habe zur Depesche nicht Stellung genommen und ausdrücklich nachträglich mitteilen lassen, dass das Direktorium die Gewährung des Kredites von 25 Millionen nicht empfehlen könne.
Herr Kohli wirft ein, dass aber diese Stellungnahme in keiner Weise so gefasst gewesen sei, dass man aus ihr einen Protest der Nationalbank gegen die Absendung des von ihr mitverfassten Telegramms hätte ersehen können.
Herr Generaldirektor Hirs bestätigt das. Er führt weiter aus, dass die Nationalbank in der Folge nicht mehr reagiert habe, trotzdem aus den USA Depesche auf Depesche eingetroffen sei. Erst auf ein Telegramm der Federal Reserve Bank vom Samstag habe sie direkt geantwortet. Er befürchtet, dass bis im Juni hunderte von Millionen Franken verlangt werden könnten, und er gibt einige Ausschnitte aus dem inzwischen von Zürich aus telephonisch durchgegebenen Telegramm der Federal Reserve Bank bekannt. Diese ersucht insbesondere um vorschussweise Überlassung von 3 Monatsquoten, d.h. 2 Millionen Dollars «bis der neue Plan Bruggmann spiele».
Die Frage der Exporterlöse, deren Rückstände er auf 100 Millionen schätze, müsse unbedingt regliert werden, sonst bleibe alles, was wir auf dem Exportsektor unternähmen, Stückwerk. Er beklagt sich darüber, dass die Federal Reserve Bank die von uns aus guten Gründen abgelehnten Dollargesuche und auch den Finanzdienst befriedige. Das wirke stimulierend.
Er schlägt vor, den Amerikanern zu erklären, dass für Regierungsbedürfnisse auf Zusehen hin beliebige Beträge zur Verfügung gestellt würden, dass aber die Behandlung der Untersützungsgesuche usw. in unserer Hand bleiben müsse. Für die Exportrückstände sollte sofort eine Enquête gemacht und eine Regelung getroffen werden, die die Amerikaner uns überlassen sollten.
Abschliessend stellt er fest, dass es nicht würdig sei, nachzugeben, nachdem die Situation durch die Gesandtschaft verfahren worden sei.
Herr Bundesrat Nobs erkundigt sich nach der Stellungnahme von Herrn Bundespräsident Stämpfli am 9. März7. Herr Hirs bestätigt ihm, dass dieser die Nationalbank und das Politische Departement aufgefordert habe, sich zu verständigen, was zum Entwurf eines Telegramms geführt habe. Er danke für die Stellungnahme der Nationalbank, die ihm Eindruck gemacht habe. Man müsse auf sie hören, denn es wäre verhängnisvoll, auf eine abschüssige Bahn zu kommen. Die Begehren der Amerikaner würden sicher mit den jetzt zur Behandlung stehenden ihren Abschluss nicht finden. Es sei vielleicht leichter, im Anfang nein zu sagen als später. Er stellt fest, dass die Nationalbank die von den Amerikanern angebotenen Konzessionen nicht schätzt, und es beängstigt ihn, dass die Nationalbank in derartig heftiger Weise gegen die Gesandtschaft Stellung nimmt. Er sieht die Lösung in der Ansetzung eines relativ kleinen Betrages, der mit dem ausdrücklichen Hinweis darauf zu gewähren wäre, dass es damit sein Bewenden haben müsse.
Herr Kohli bedauert, dass der Entwurf zu unseren 216, 217 und 2188 ihn nicht nur einen Sonntag gekostet, sondern auch noch das Befremden der Nationalbank erregt haben. Er habe sich bemüht, in seinem Entwurf einen schweizerischen Standpunkt zu vertreten und müsse auch jetzt darum bitten, nicht Interessenpolitik zu betreiben, sondern schweizerisch zu denken. Er weist die Vorwürfe der Bevormundung der Nationalbank durch das Politische Departement zurück und stellt die Frage, ob die Nationalbank tatsächlich glaube, ihre Währungspolitik in einem Laboratorium betreiben zu können. Diese sei von eminenter aussenpolitischer Bedeutung, wie die ganze Gestaltung in Bezug auf die Währungspläne der Nachkriegszeit schlagend beweise. Wenn er gewisse Telegramme nicht sofort weitergeleitet habe, so deshalb, weil er die Verantwortung dafür nicht habe übernehmen können. Sie seien dem Chef des Politischen Departements unterbreitet worden.
Das Abkommen mit England sei nicht so restriktiv wie hier glauben gemacht werde. Insbesondere werde auch der Export bezahlt und sogar der Zinsendienst (Coupons).
In Bezug auf die Rückstände ist er ebenfalls der Auffassung, dass ausgeräumt werden müsse. Es komme die Nationalbank immer noch billiger, wenn man irgendein Arrangement treffe, anstatt die Beträge über den freien Frankenmarkt laufen zu lassen. Er betont, dass Herr Bundespräsident Stämpfli zu dem Kredit von 50 Millionen Franken, wie er ihn am 9. März vorgeschlagen habe, nicht Stellung genommen habe. Diese Frage sei also durchaus offen. Er habe in den Telegrammen Nrn 216, 217 und 218 25 Millionen aufgenommen, weil er den Bedenken der Nationalbank habe Rechnung tragen wollen.
Er gibt den Herren von der Nationalbank zu bedenken, dass die Aussenpolitik auch in Zukunft ihre Rolle in Bezug auf die Währungspolitik spielen werde. Wenn die Nationalbank jetzt die Haltung einnehme, dass Fragen zur Diskussion stünden, die eigentlich zwischen ihr und der Federal Reserve Bank abzumachen wären und die politischen Fragen ignorieren wolle, so sei immerhin darauf hinzuweisen, dass sie wahrscheinlich in absehbarer Zeit über die Mithilfe der politischen Behörden sehr froh sein werde, dies insbesondere im Hinblick auf die von den Alliierten beanstandeten Goldtransaktionen mit Deutschland. Die Währungspolitik sei also gar nicht so unabhängig wie man uns glauben machen wolle.
Neben der Aufhebung des Embargos und des Freezings gebe es noch einen zweiten Weg, das sei die Einführung einer Devisenbewirtschaftung in den USA. Gewisse Stellen des neuesten Telegramms weisen auf eine derartige Entwicklung hin. Warum die Amerikaner davon abhalten?
Was die erteilten Instruktionen anbetrifft, so würde sich Herr Minister Bruggmann mit Recht auf die Telegramme berufen. Er ist kein Währungsfachmann, und das ist der Nationalbank bekannt. Die Nationalbank war über das jetzt von ihr ohne Freude betrachtete Abkommen mit England seinerzeit froh, weil sie damit die Hälfte des übernommenen Goldes dem Bund überlassen konnte. (Herr Präsident Weber bedauert, dass es nicht das ganze Gold ist).
Was die Freiheit des sogenannten freien Goldes anbetrifft und die Diskriminierung, die durch seine Entgegennahme gegenüber dem bisher in den USA liegenden Gold, so habe die Nationalbank schon im Abkommen mit England auf Erklärungen über die Freigabe verzichtet, da sie die Blockierung nie anerkannt habe. Er verstehe daher nicht, was für Hemmungen die Nationalbank jetzt habe, in den USA freies Gold entgegenzunehmen.
In Bezug auf die noch ausstehenden Frankenlizenzen verweist er auf die Mitteilung in einem Telegramm, dass noch 4,7 Millionen Franken ausstehend seien. Dabei werden wir die Amerikaner behaften müssen. Ebenso dabei, dass sie die Lizenzgewährung in Zukunft den Frankendisponibilitäten anpassen wollen.
Er verweist auf die Kreditgewährung an Deutschland und bemerkt, dass sicher das Gold in USA mehr Wert sei als die Reichsmark in Berlin, und dass wir nicht vor Kostenfragen zurückschrecken sollten.
Er wiederholt seinen Antrag, es seien 5 Millionen Franken monatlich gegen freies Gold zu bewilligen. Er sei sich dessen bewusst, dass es am 30. Juni (Ablauf des Vertrages mit Deutschland usw.) schwer sein werde, auf dieses Zugeständnis zurückzukommen. Er schliesst mit der Bitte an die Nationalbank, keine Prestigepolitik zu betreiben und zu einer Übergangsregelung, die uns die Gelegenheit bieten wird, uns von der Absicht der Amerikaner zu überzeugen, ihre Zustimmung zu erteilen und bei ihr mitzuwirken.
Herr Bundesrat Nobs hält den Vorschlag von Herrn Kohli für zu weitgehend und möchte das Entgegenkommen an die Amerikaner, mit dem er im Prinzip einverstanden ist, bescheidener gestalten.
Herr Professor Kellenberger stellt fest, dass die Standpunkte im Grunde genommen nicht so verschieden seien, sondern dass es sich mehr um die Frage des Masses handle. Wir könnten unmöglich die Amerikaner für die Fehler der Gesandtschaft verantwortlich machen.
Wenn sich die Nationalbank dagegen wehre, dass die Währungspolitik zur Dienstmagd der anderen politischen Belange gemacht werde, so tue sie dies sicher mit Recht, doch sei dies seit Jahrzehnten der Fall (Abwertung, Konjunktur, Politik, Abkommen mit Deutschland). Wenn der Bund die neuen Beträge zur Verfügung stelle, so sei die Währungspolitik eigentlich nicht tangiert. Das Direktorium habe die Auffassung, dass die Intervention am New Yorker Franken-Markt zu nichts führen würde. Dies sei insofern nicht so sicher, als die Amerikaner, wenn sie es mit ihrem Versprechen ernst meinten, in der Lage wären, auch uns einen Dienst zu erweisen. Wenn der Markt eingeschränkt würde, so wären in der Tat die Interventionsbedürfnisse wesentlich kleiner.
Herr Minister Bruggmann sei keine Privatperson, und man könne ihn nicht desavouieren. Man sollte dreimal 5 Millionen Franken, d.h. 15 Millionen Franken bis Ende Juni bewilligen. Erreiche man nichts, d.h. bewahrheiten sich die schlimmen Befürchtungen der Nationalbank, lehnen wir die Fortsetzung ab und bleiben fest.
Herr Generaldirektor Hirs schlägt vor, auf die Hingabe des freien Goldes gegen Frankenzessionen für humanitäre Zwecke zu verzichten. Er bagatellisiert auch die Möglichkeit, dass für die 3 X U Millionen Franken monatlich für die amerikanische Regierung freies Gold zur Verfügung gestellt werden könnte. Er bezeichnet die zusätzlichen Warenbezüge im Ausmass der Frankenzessionen für humanitäre Zwecke als Selbstverständlichkeit.
Sein Vorschlag geht dahin, die Regierungsquote von 3,25 Millionen auf 5 Millionen Franken zu erhöhen. Sie würde ganz zur freien Disposition des Treasury stehen, doch müsste der Wunsch geäussert werden, dass vorab die Regierungsbedürfnisse befriedigt würden und dass uns monatlich eine Liste über die ausgeführten Zahlungen zugestellt würde. Bedingung wäre ferner die Lizenzverweigerung für Exporte. Auf das freie Gold möchte er verzichten.
Herr Präsident Weber ist nicht dieser Auffassung und Herr Rossy schlägt vor, dass man Herrn Minister Bruggmann nur zu seiner persönlichen Orientierung mitteilen sollte, er solle diese Frage nicht mehr zur Sprache bringen. Das Zugeständnis von 5 Millionen würde auf diese Weise zu einem dauernden. Wenn die Amerikaner mit ihren Vorschlägen ernst machten, so würde das in der Tat, wie Herr Kohli ausdrückte, einer Devisenbewirtschaftung gleichkommen. Herr Pfenninger wurde zudem instruiert, die Amerikaner aufzufordern, den Kurs und die Frankenkäufe und -Verkäufe unter der Parität einfach zu verbieten. Er wiederholt, dass die Nationalbank keine Franken an das Treasury abgeben könne, wenn der Bund es aber tun wolle, so sei das seine Sache.
Es stehe indessen die Währung auf dem Spiel, die von jetzt ab nicht mehr berührt werden solle. Man dürfe die Sparrappen nicht verwässern. Herr Kohli denke vielleicht zu wenig an die Auswirkung der Ausschüttung von hunderten von Millionen.
Herr Bundesrat Nobs fasst zusammen und bemerkt, dass die Bedenken der Nationalbank Beachtung verdienten. Von unserem Zugeständnis von 25 Millionen bis Jahresende könnten wir nicht zurücktreten. Doch wäre der Alternativvorschlag aufzunehmen, für drei Monate zusammen 15 Millionen Franken zu geben mit der gleichzeitigen Erklärung, dass eine Fortsetzung der Transaktionen nicht möglich sei. Es wäre dem Bundesrat unmöglich, auf eine Jahresquote von 60 Millionen einzugehen. Jedenfalls würde er das gegen die Stellungnahme des Finanzdepartements tun.
Herr Kohli bedauert, dass er nicht beredter war, um seiner Auffassung zum Durchbruch zu verhelfen. Er ist davon überzeugt, dass man, wenn man sich schon so weit in die Sache eingelassen habe, nicht auf halbem Wege stehen bleiben dürfe.
Herr Bundesrat Nobs schliesst die Sitzung mit der nochmaligen Bemerkung, dass ihm die Argumentation der Nationalbank Eindruck gemacht habe, und dass währungspolitische Erschütterungen unabsehbare Folgen haben müssten. Er macht Herrn Kohli für die Vertretung seines Standpunktes ein Kompliment, bemerkt aber, dass sich in dieser Frage die Aufgabe der Aufgabe und die Gesinnung der Gesinnung entgegenstelle.
- 1
- E 2001 (E) 2/645. Paraphe: UV.↩
- 2
- Cf. No 60.↩
- 3
- Cf. la circulaire du Vorort de l’USCI du 27 mars 1943, E 7110/1967/32/845.USA/1508 et E 7800/1/66.↩
- 4
- Non reproduit.↩
- 5
- Cf. No 60.↩
- 6
- Cf. No 60.↩
- 7
- Sur cette séance du 9 mars, cf. le procès-verbal du 20 mars rédigé par W. Reichenau (E 2001 (E) 2/645).↩
- 8
- Non reproduits.↩
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Vereinigte Staaten von Amerika (USA) (Wirtschaft)