Classement thématique série 1848–1945:
V. POLITIQUE MILITAIRE
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 15, doc. 51
volume linkBern 1992
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E27#1000/721#9801-1* | |
Old classification | CH-BAR E 27(-)1000/721 2159 | |
Dossier title | Berichte (1943–1951) | |
File reference archive | 06.B.2.c.1.b.16 |
dodis.ch/47655 L’Attaché militaire et de l’Air près la Légation de Suisse à Washington, H. Notz, au Service de Renseignements et de Sécurité de l’Etat-Major Général de r Armée1
Betrifft: Berichterstattung über die Schweiz.
Während die in der Schweiz akkreditierten Vertreter der amerikanischen Presse ausführlich über die Ereignisse in ganz Europa berichten, sind ihre Nachrichten über unser Land recht spärlich.
Obgleich ich nicht der Ansicht bin, dass die Schweiz dem Beispiel anderer Länder folgt, die entweder wegen eines schlechten Gewissens oder aus dem Bedürfnis zur Rechtfertigung nicht völlig einwandfreier territorialer Aspirationen eine grosse Propaganda betreiben, so dürfte es nichts schaden, wenn in den hiesigen Zeitungen und Zeitschriften etwas ausführlicher über die schweizerische Eidgenossenschaft berichtet würde. An Material sollte es nicht fehlen. Eine Orientierung über den wahren Sachverhalt unserer Neutralität, die militärische Bereitschaft, die Interessen-Vertretung, die wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Leistungen, unsere Mitarbeit an humanitären Werken, wie Kinder- und Flüchtlingshilfe oder dem Roten Kreuz, das hier meistens als eine rein amerikanische Institution gilt, scheint mir unbedingt am Platze zu sein. Diesem Mangel an Informationen aus der Schweiz ist es auch zuzuschreiben, dass auf den hiesigen Redaktionen eine bedenkliche Unkenntnis herrscht über die grossen Leistungen unseres Landes während des gegenwärtigen Krieges, so dass beispielsweise bei der Ankunft des schwedischen Dampfers Gripsholm keine einzige Zeitung die Tatsache erwähnte, dass der Austausch von 1500 Zivil-Gefangenen durch die Vermittlung der schweizerischen Regierung zustande kam. Was dem amerikanischen Publikum vorgelegt wird, sind Berichte über unsere Lieferungen an die Achse, Spionage-Prozesse, die Flucht ausländischer Kartelle in die Schweiz und ähnliches, wodurch der Eindruck entsteht, dass der Krieg für uns weiter nichts als ein glänzendes Geschäft sei. Bei der gegenwärtigen Einstellung der Amerikaner ist es daher leicht verständlich, dass solche ungünstige Meldungen besser im Gedächtnis haften bleiben, als die sehr spärlichen günstigen Berichte.
Auf Grund verschiedener Mitteilungen erhielt ich den Eindruck, dass man sich bei uns der ausländischen Berichterstatter zu wenig annimmt. Dies dürfte wohl einer der Hauptgründe der nicht immer freundlichen Einstellung gegenüber der Schweiz sein. Im eigenen Lande wird der amerikanische Journalist durch alle möglichen Presse-Konferenzen, Interviews, Besuche grosser Fabriken und einem interessant gestalteten Material voller Zahlen und auffallender Vergleiche verwöhnt, wodurch ihm die Arbeit beträchtlich erleichtert ist. Unsere Lage zwischen den Kriegsführenden macht die Aufgabe der Behandlung ausländischer Berichterstatter nicht leicht, die Schwierigkeiten scheinen mir jedoch nicht unüberwindlich.
Die Schweiz wird besonders in der nächsten Zeit immer mehr in den Mittelpunkt der Ereignisse rücken und es dürfte sicherlich nichts schaden, wenn wenigstens der Versuch unternommen würde, die öffentliche Meinung der U.S.A. über die tatsächlichen Verhältnisse in unserem Lande besser zu orientieren. Es ist für mich, wie für zahlreiche Schweizer mit denen ich darüber sprach, immer bedrückend, wenn von Ländern, die eine opportunistische Neutralitätspolitik betreiben, in Presse und Kino so viel erscheint, während unser Land mit seinen vortrefflichen politischen, humanitären, wirtschaftlichen und sozialen Einrichtungen übergangen wird und unsere einwandfreie Auslandspolitik unerwähnt bleibt.
Es ist nicht meine Meinung, dass eine aufdringliche Reklametrommel gerührt werde, denn diese würde durch ihren Lärm voraussichtlich nur das Gegenteil bewirken, indem der Verdacht geweckt würde, wir hätten etwas zu verstecken oder wollten etwas besonderes ergattern. Ich habe z.B. das Gefühl, dass die Arbeit der Propagandastellen, welche gewisse Länder hier unterhalten, nicht immer eine glückliche ist und dass sie manchmal das Gegenteil bewirkt. Nach meiner Ansicht kann die Orientierung nur durch die Berichte der in der Schweiz lebenden Korrespondenten geschehen, denn ihnen wird am ersten Glauben geschenkt. Propagandazentralen z.B. bei Gesandtschaften erwecken eher Misstrauen und riechen zu stark nach Reklame.
In diesem Zusammenhange möchte ich auch den Film erwähnen. Ich habe eben dieser Tage einen sehr guten Propagandafilm über Portugal gesehen, der geschickt aufgezogen war und ein gutes Bild über das Land, die Leute und ihre Arbeit gab. Er wird in sehr guten Kinos als Bestandteil des normalen Programms gezeigt und wird sicher einen gewissen Eindruck hinterlassen und wohl den Zweck nicht verfehlen, die frühere Einstellung Portugals zu den Allierten etwas zu verwischen.
Es ist ausserordentlich schade, dass über die Schweiz nicht ein gediegener Film besteht, der eine allgemeine Orientierung über Land und Leute und ihre Arbeit bringt. In einigen albernen Filmen habe ich Andeutungen über die Schweiz gesehen, wo die Schweizer in Tirolertracht jodelnd erscheinen; dass bei vielen Leuten in dieser Beziehung ein ganz falsches Bild herrscht, sind die bekannten Moserbueben, die mit kitschigem Hintergrund als Salonbergler auftreten, wohl nicht ganz unschuldig.
Ich möchte Sie bitten, diese Ausführungen als meine ganz persönliche Meinung anzusehen, doch glaube ich, auf Grund meiner Beobachtungen und Gespräche mit Schweizern und Amerikanern, die die Schweiz kennen, schon jetzt ein Urteil bilden zu dürfen und meiner Überzeugung Ausdruck zu geben, dass etwas von der Schweiz aus geschehen sollte.
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- Rapport: E 27/9801/1. Le Chef du Service de Renseignement et de Sécurité de l’EMG, R. Masson, transmet ce rapport au Général Guisan en précisant: Les données de ce rapport correspondent avec celles que je possédais sur le même objet, et confirment ce que j’ai souvent entendu de la part de compatriotes rentrés d’Amérique. Bien que cette affaire ne relève pas à proprement parler du Commandement de l’armée, j’estime que le présent rapport devrait être transmis par le Département militaire au Département politique fédéral. Ce dernier devrait mettre tout en œuvre pour que la situation morale, intellectuelle et économique de la Suisse apparaisse sous son vrai jour aux yeux du peuple américain (lettre du 28 décembre 1943, E 27/9801/1). Le Général Guisan adresse ce document au conseiller fédéral Kobelt en demandant qu’il soit transmis au Département politique (lettre du 31 décembre 1943).↩