dodis.ch/47564
Rapport de la Division du Commerce du Département de l’Economie publique
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Vertraulich
Bern, 23. Juni 1943
Der gegenwärtige Stand der Verhandlungen mit den Blockademächten lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Die Delegation ist auf Ende des Jahres aus London in die Schweiz zurückgekehrt mit der Einsicht, dass eine Erleichterung in der Versorgung des Landes mit Nahrungsmitteln, Futtermitteln und industriellen Rohstoffen nur zu erreichen sei, wenn die Ausfuhr nach Deutschland abgebaut werde. Die Blockademächte haben mehr und mehr Gewicht auf einen solchen Abbau gelegt, wobei auf dem industriellen Sektor speziell Waffen und Munition und anderes Kriegsmaterial im engeren Sinne, sowie gewisse Maschinen visiert wurden, neben den landwirtschaftlichen Produkten wie Käse, Kondensmilch und Vieh. Die in London vorgesehene Formel über einen erwarteten Abbau konnte nicht in Kraft gesetzt werden, denn der Versuch, einen solchen Abbau in der Verhandlungen mit Deutschland vertraglich zu verankern, gelang nicht, sondern trug zum Scheitern der damaligen Verhandlungen bei. Ausserdem ergaben Untersuchungen keine schlüssigen Anhaltspunkt über die zu erwartende Bewegung der Ausfuhr in der nächsten Zukunft. Anfangs April ist im vertragslosen Zustande gegenüber Deutschland dadurch eine Entspannung eingetreten, dass sich beide Partner die Erfüllung der rückständigen Lieferverpflichtungen aus dem abgelaufenen Vertrag zusagten. Die durch den mehrmonatigen vertragslosen Zustand hervorgerufene Stockung der Ausfuhr musste erwarten lassen, dass die Liquidierung des alten Vertrages eine Steigerung der von den Blockademächten als unerwünscht bezeichneten Ausfuhren nach sich ziehen werde. Die Blockademächte wurden über diese Sachlage unterrichtet. Die Erwartung gewisser Ausfuhrsteigerungen und die Wiederaufnahme der schweizerisch-deutschen Verhandlungen sind von den britischen und amerikanischen Blockadebehörden zum Anlass der Suspendierung der Navicerts gemacht worden. Schweizerischerseits wurde in London die Wiederaufnahme der Verhandlungen angeregt, in der Meinung dass die von der Schweiz gegenüber Deutschland eingenommene Haltung weitgehend den Forderungen der Blockademächte Rechnung trage. London hält aber die Wiederaufnahme nur dann für fruchtbar, wenn die schweizerische Delegation in der Lage ist, über die wichtigsten Punkte, insbesondere über den Abbau von Kriegsmateriallieferungen Zusagen zu machen. Die Blockademächte sind nun über die in dieser Richtung möglichen Massnahmen verständigt worden, und es ist mit einer baldigen Abreise der schweizerischen Delegation zu rechnen. Die Delegation wird als Gegenleistung für die Einschränkungen, die sich die Schweiz auferlegt, die Versorgung unseres Landes mit Nahrungsmitteln, Futtermitteln und Rohmaterialien für die Industrie fordern. Dabei wird sie Vertreter der Blockademächte überzeugen müssen, dass unvermeidliche Kreditfazilitäten an Deutschland nicht die von den Blockademächten befürchtete Funktion der Förderung der Ausfuhr von Kriegsmaterial3 haben kann. In diesem Zusammenhang wird sie auch darauf hinweisen, dass der Kreditbedarf nicht auf den Warenverkehr zurückzuführen ist, da Deutschland auch während des Krieges mehr Waren nach der Schweiz lieferte als es aus der Schweiz bezog, sondern auf andere Sektoren der schweizerisch-deutschen Zahlungsbilanz.
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