Vertraulich Zagreb, 27 mai 1943
Ich habe Ihnen bereits schriftlich2 und mündlich von den Gerüchten über angebliche Absichten des Poglavniks, nach der Schweiz zu übersiedeln, Kenntnis gegeben. Dieses Gerede hat im Zusammenhang mit meiner Reise in die Schweiz neuen Auftrieb erhalten. Es hiess, ich sei vom Poglavnik persönlich gebeten worden, in die Schweiz zu reisen, um den Bundesrat dazu zu bewegen, ihm den Aufenthalt zu bewilligen, nachdem sein beim Konsulat vorher eingereichtes Gesuch abschlägig beschieden worden sei.
Es wird Sie interessieren zu erfahren, dass dieses Gerücht von niemand anderem ausgestreut worden ist, als von der Gestapo. Es sollte damit bezweckt werden, in kroatischen Kreisen die Reaktion auf eine Verabschiedung des Poglavniks, gefolgt von der Übernahme seiner Staatsgewalt durch Deutsche, zu beobachten. Das Ergebnis ist für Deutschland nicht ermutigend. Abgesehen von den wenigen unentwegten Freunden, die das deutsche Reich noch in kroatischen offiziellen und nichtoffiziellen Kreisen besitzt, hat die Gestapo erfahren müssen, wie stark die Achtung und die Sympathien für Deutschland seit der zerflogenen Begeisterung vor einem Jahr und mehr nachgelassen haben. Obwohl der Poglavnik, wie Sie wissen, nur eine Minderheit hinter sich hat, ist sich die Gestapo bewusst geworden, dass man dessen Ablösung und Ersetzung durch deutsche Gewalt nicht wohlwollend, sondern ablehnend gegenübersteht. Wieweit diese Einsicht politische Folgen haben kann, vermag ich einstweilen nicht abzusehen. Vorderhand sieht es so aus, als ob von deutscher Seite aus die Absicht fallen gelassen sei, in der obersten Staatsführung eine Änderung herbeizuführen. Die Situation könnte sich aber mit der fortschreitenden Verschärfung der militärpolitischen Lage rasch ändern3.