dodis.ch/47394

Notice interne du Département politique1

Der italienische Gesandte hat sich heute um 10 Uhr zu einem Besuch auf 11 Uhr ansagen lassen und ist pünktlich erschienen.

Er bemerkt einleitend, er hätte mir gerne etwas Freundliches gesagt, aber leider habe er eine unangenehme Mitteilung, deren volle Schwere mir nicht entgehen werde.

Italien habe mit der Firma Tavaro in Genf einen wichtigen Liefervertrag über Granitzünder2, wie er sagt 300000 Stück; wichtige Bestandteile dieses Zünders werden der Tavaro von der Firma Tavannes Watch Co. (Schwob) geliefert, und zwar auf Grund von Rohmaterial, das aus Achsenländern stamme.

Dieser Tage sei ein Bevollmächtigter aus Italien in Bern erschienen, um mit der Tavaro über Verlängerung und Erneuerung des Vertrages zu verhandeln. Tavaro habe diesem Bevollmächtigten eröffnet, sie sei hierzu nur in der Lage, wenn die Tav. Watch Co. weiterhin ihre Lieferungen fortsetze. Diese Firma habe sich aber hierzu ausserstande erklärt, da ihr von englischer Seite angedroht worden sei, sie komme auf die schwarze Liste, wenn sie weiter an Tavaro für Italien liefere. Italien könne eine schweizerische Firma nicht zwingen, gegen ihren Willen für Italien zu fabrizieren, und habe auch gar nicht die Absicht, einen solchen Versuch zu unternehmen. Aber eine Begründung, wie Tav. Watch Co. sie für ihre Ablehnung vorbringe, könne Italien nicht hinnehmen, und es könne sich auch eine solche englische Einmischung in innerschweizerische Wirtschafts-Verhältnisse nicht gefallen lassen. Wenn die Tav. Watch Co. auf ihrem Standpunkt verharre, so werde dies zur Folge haben, dass ihr noch immer wichtiger Transitexport über Genua vollständig stillgelegt und dass ihre gesamte Ausfuhr, im Einvernehmen mit Deutschland, unterbunden werde3

. Er sei überdies zu der Erklärung ermächtigt, dass die Haltung der Tav. Watch Co. nicht ohne ernste Rückwirkungen, und zwar gegenüber Deutschland und Italien, für die ganze westschweizerische Uhrenindustrie bleiben werde.

Er hoffe demnach zuversichtlich, die Bundesbehörden werden Mittel und Wege finden, um die Tavannes Watch Co. zur Vernunft zu bringen.

Herr Tamaro ergeht sich weiter in bittern Worten über die englische Methode des Wirtschaftskrieges, die Einmischungen in die internen Verhältnisse, die Einvernahmen von Firmen-Vertretern usw. und erwähnt, die Handelsabteilung habe hierüber bereits eine ernste Note der Deutschen Gesandtschaft erhalten4.

Ich habe im wesentlichen erwidert, dass ich meinem Chef sofort Bericht erstatten werde, dass ich hoffe, es werde gelingen, die Sache befriedigend zu regeln, dass mir im übrigen, ohne dass ich in allen Einzelheiten Bescheid wüsste, schon bekannt geworden sei, dass in der Tat die Art und Weise, wie England den Wirtschaftskrieg in unser Land zu verlegen suche, schweizerischerseits nicht hingenommen werden könne, dass wir schon wiederholt deutlich dagegen reagiert haben, wie ja denn gegenwärtig eine schweizerische Handelsdelegation in London in schwierigen Verhandlungen über Blockadefragen stehe.

Herrn Kohli habe ich bereits informiert; er wird Herrn Dr. Hotz unverzüglich von diesem Schritte verständigen5.