Classement thématique série 1848–1945:
2. RELATIONS BILATÈRALES
2.7. ÉTATS-UNIS D'AMÉRIQUE
Imprimé dans
Documents Diplomatiques Suisses, vol. 14, doc. 13
volume linkBern 1997
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Archives | Archives fédérales suisses, Berne | |
▼ ▶ Cote d'archives | CH-BAR#E2001D#1000/1552#7671* | |
Ancienne cote | CH-BAR E 2001(D)1000/1552 257 | |
Titre du dossier | Blockierung schweiz. Guthaben in den USA, II (1941–1941) | |
Référence archives | C.23.11.1 • Composant complémentaire: Vereinigte Staaten von Amerika |
dodis.ch/47199
Le Département politique à la Légation de Suisse à Washington1
Die Sperrung der schweizerischen Guthaben in den Vereinigten Staaten wäre für unsere Wirtschafts- und Währungspolitik von grösster Tragweite, und zwar aus folgenden Gründen:
1. Neben den Vereinigten Staaten ist die Schweiz zurzeit noch das einzige Land, das am Goldstandard festhält. Die Schweizerische Nationalbank hat im Einverständnis mit der schweizerischen Regierung konsequent an dieser Währungspolitik festgehalten, auch nach der Abwertung des Schweizerfrankens im September 19362, im Bewusstsein, in Zusammenarbeit mit ändern Staaten, insbesondere mit den Vereinigten Staaten, dem internationalen Geld- und Kapitalverkehr und damit der Weltwirtschaft am besten zu dienen. Die Schweiz ist daher auch dem am 25. September 1936 zwischen Frankreich, England und den Vereinigten Staaten abgeschlossenen Währungsabkommen (Tripartite-Abkommen) beigetreten3. In der Erklärung vom 28. Oktober 19364 zuhanden des Herrn Schatzsekretärs in Washington verpflichtete sich die Schweizerische Nationalbank, im Verkehr mit den Vereinigten Staaten von Amerika bis auf weiteres Gold als Verkäufer abzugeben zu Fr. 4973.92 für 1 kg Feingold franko Bern, und als Käufer Gold aufzunehmen zu Fr. 4869.80 für das kg Feingold, franko Bern. Die Bank ging diese Verpflichtung ein, gestützt auf die Erklärung der Gegenseitigkeit seitens der Vereinigten Staaten über die Goldabgabe und die Goldaufnahme auf der Basis von 35 $ für die Unze Feingold, enthalten im Statement des Herrn Schatzsekretärs Morgenthau vom 12. Oktober 19363.
Es besteht nun die Gefahr, dass eine Blockierung der schweizerischen Währungsreserven in den Vereinigten Staaten bei unserem Institut eine grosse Unsicherheit mit Bezug auf die Fixierung des Goldpreises schaffen würde, was sich möglicherweise auch auf die Einschätzung des Goldes und dessen Preisbildung in Europa nachteilig aus wirken könnte. Die Schweiz ist das einzige Land in Europa mit zuverlässigen täglichen Devisennotierungen. Wenn unsere Reserven in den Vereinigten Staaten blockiert und damit prompte Zahlungen unmöglich würden, so wäre einer exakten Kursnotierung in der Schweiz die Basis weitgehend entzogen. Es wäre zu befürchten, dass in Europa ein Chaos in den Devisenkursen entstehen würde, was sich nicht nur während des Krieges, sondern besonders auch nach dem Krieg bei der Wiederherstellung normaler Verhältnisse als schwerwiegender Nachteil erweisen müsste. 2. Bekanntlich muss die Schweiz fast sämtliche Rohstoffe und einen grossen Teil der Lebensmittel aus dem Ausland einführen. Ihre Handelsbilanz ist daher normalerweise dauernd passiv. Zum Ausgleich der schweizerischen Zahlungsbilanz dienten zur Hauptsache die Erträgnisse aus dem Fremdenverkehr, der gegenwärtig lahmgelegt ist, und aus dem Kapital verkehr. Wird der schon heute stark behinderte Kapitalverkehr mit dem Ausland durch eine Blockierung der Schweizer Guthaben in den Vereinigten Staaten fast gänzlich unterbunden, so kommt dies einer weiteren starken Verschlechterung der Zahlungsbilanz gleich. Auf die Dauer müsste ein solcher Zustand unsere Währung ernstlich gefährden. 3. Die Währung würde von einer Sperrung der schweizerischen Guthaben in den Vereinigten Staaten noch in anderer Weise betroffen. Die Schweizerische Nationalbank hat im Vertrauen auf die von den Vereinigten Staaten seit Jahren verfolgte Valutapolitik einen gewaltigen Teil ihrer Währungsreserven in Gold und Devisen in den Vereinigten Staaten angelegt. Durch die Devisenaufnahmen der letzten Monate stieg der Anteil der amerikanischen Mittel auf über 60% der gesamten Währungsreserven. Ausserdem liegen rund 17% in Form von Gold bei der Bank von England, während nur knapp 23 % sich in der Schweiz befinden. Sollte die Schweizerische Nationalbank über diese beträchtlichen Währungsreserven in den Vereinigten Staaten nicht mehr frei verfügen können, so würde die Einführung der Devisenbewirtschaftung in der Schweiz, die wir bis jetzt mit allen Mitteln von uns fern zu halten versuchten, mit all ihren nachteiligen Folgen für unsere Volkswirtschaft wohl nicht lange aufgeschoben werden können. Damit würde die letzte Stütze der freien Wirtschaft in Europa fallen. 4. Der Schweiz war es von jeher versagt, sich selbst zu genügen. Wie kaum ein anderes Land, wurde sie durch die Kargheit des Bodens und den Mangel an Rohstoffen genötigt, ihre Lebensexistenz auf die Beziehungen mit ändern Ländern aufzubauen. Ausgesprochene internationale Orientierung ihrer Wirtschaft äussert sich nicht nur in der hohen Bedeutung des Aussenhandels für das Land, sondern auch in der Entwicklung des Banken- und besonders des Versicherungsgewerbes sowie der Firmen, die im Überseehandel tätig sind. Für die Finanzierung dieser internationalen Tätigkeit ist die Schweiz in starkem Ausmass auf New York angewiesen. Die Blockierung der schweizerischen Aktiven in den Vereinigten Staaten würde die internationalen Geschäfte und damit die internationale Bedeutung der Schweiz, die sie in jahrhundertelanger zäher Arbeit errungen hat, zum grossen Teil vernichten. Damit wäre aber auch ihre Existenz weitgehend gefährdet.
5. Seit Generationen hat der Schweizer eine Risikoverteilung in seinen Kapitalanlagen vorgenommen und seine Ersparnisse, die ihm nicht zum geringeren Teil aus der internationalen Betätigung zugeflossen sind, von jeher überwiegend in amerikanischen Anlagen investiert.
Mit einer Blockierung von schweizerischen Kapitalanlagen in den Vereinigten Staaten, die für unser Land von ganz überragender Bedeutung sind, würde sich zufolge Rückgang und Ausfall von Steuererträgnissen eine beträchtliche Verschlechterung im schweizerischen Finanzhaushalt einstellen, was sich nicht zuletzt in einer Erschwerung der Finanzierung unserer gewaltigen Ausgaben für die Landesverteidigung auswirken müsste.
6. Es darf im Verhältnis zwischen den Vereinigten Staaten und der Schweiz beachtet werden, dass praktisch keinerlei Verschuldung der Schweiz gegenüber den Vereinigten Staaten besteht. Es müsste daher keine Benachteiligung der amerikanischen Interessen befürchtet werden, wenn die gegenwärtigen Verhältnisse unverändert aufrechterhalten blieben.
7. Die schweizerischen Banken sind bestrebt, alles zu tun, um mit den Massnahmen der Vereinigten Staaten nicht in Widerspruch zu geraten, insbesondere die amerikanischen Blockierungsbestimmungen in keiner Weise zu verletzen. Die Schweizerische Nationalbank hat schon vor Monaten in diesem Sinne den Banken Weisungen erteilt und streng darauf geachtet, keinerlei Dollars aus ausländischem Besitz, der von den Vereinigten Staaten gesperrt ist, zu erwerben. Sie wird ihren vollen Einfluss weiterhin in dieser Richtung geltend machen.
8. Die Schweiz ist mit allen Kräften bestrebt, ihre Ausfuhr nach Übersee trotz der Behinderung durch die Gegenblockade aufrechtzuerhalten. Nicht zuletzt unter Berufung auf die bedeutenden schweizerischen Interessen an einem gegenseitigen Wirtschaftsverkehr mit Amerika ist es ihr bis jetzt gelungen, diese Exportinteressen durch Verständigung mit Deutschland und Italien in grossem Umfang zu wahren. Sollten die Vereinigten Staaten die Schweiz in eine etwaige Blockierung des Kapitalverkehrs einbeziehen, so wäre das auch ein schwerer Schlag gegen unsere Bemühungen, den Export nach Amerika trotz der deutsch-italienischen Gegenblockade aufrechtzuerhalten oder sogar zu steigern.
9. Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Sperrung der schweizerischen Guthaben gerade infolge des nachteiligen Einflusses auf die gesamte schweizerische Wirtschafts- und Währungspolitik auch allgemeine Rückwirkungen haben müsste, die uns die Wahrung der Unabhängigkeit und Neutralität nur erschweren könnte. Es darf daher der bestimmten Hoffnung Ausdruck gegeben werden, dass auch schon aus allgemeinen politischen Erwägungen und der überlieferten freundschaftlichen Rücksichtnahme auf unser Land keine Massnahme getroffen werde, die es wie kein zweites treffen müsste.
10. Auch vom Standpunkt Vereinigter Staaten aus Blockierung Schweizerguthaben kein Nutzen, wohl aber ausgesprochene Nachteile. Hiefür kann Punkt für Punkt obiger Ausführungen herangezogen werden. Bereits Ziffer 7 erwähnt, dass Schweizerische Nationalbank Weisungen erteilt hat und darüber wacht, dass keinerlei Dollars aus ausländischem Besitz, der von Vereinigten Staaten gesperrt ist, erworben werden. Daher schon technischer Nutzen Blockierung Schweizerguthaben in keinem Verhältnis zu angewendetem Mittel. Regierung Vereinigter Staaten kann aber auch kein Interesse haben, dass für Fixierung Goldpreises und Kursnotierungen der einzige feste Währungsstützpunkt, der in Europa noch bleibt, nur deshalb nicht erhalten werden kann, weil eine allgemeine Massnahme ohne die gerechtfertigte und durchführbare Diskriminierung auch auf Schweiz ausgedehnt würde. Ebensowenig kann sie es als Vorteil betrachten, wenn sich Schweiz gezwungen sähe, infolge Blockierung ihren freien Kapitalverkehr einzuschränken. Dieser hat es nicht zuletzt Schweiz erlaubt und wird ihr weiterhin erlauben, ihre charitative und völkerverbindende Aufgabe zu erfüllen, die Internationales Rotes Kreuz und andere humanitäre Werke verkörpern. Letzten Endes darf darauf hingewiesen werden, dass Blockierung zwangsläufig die letzten wenigen vom Krieg verschont gebliebenen Länder in wirtschaftlichen Antagonismus des europäischen Kontinent zu Amerika hineinziehen, Aufrechterhaltung humanitärer Beziehungen unter Völkern und Wiederaufbau bei Friedensschluss erschweren würde. Appell an verständnisvolle Zusammenarbeit der Vereinigten Staaten in Bemühungen Schweiz, ihre finanziellen und wirtschaftlichen Grundlagen vor Unordnung zu bewahren5.
- 1
- (Copie): E 2001 (D) 2/257.↩
- 2
- Cf. DDS, vol. 11, doc. 297, dodis.ch/46218 et annexes.↩
- 3
- Cf. DDS, vol. 11, doc. 297, dodis.ch/46218, note 3.↩
- 4
- Cf. E 2001 (D) 2/318.↩
- 5
- Le 27 février, le Ministre Bruggmann adresse au Secrétaire d’Etat C. Hull une note qui n’est qu’une traduction fidèle en anglais de ce télégramme du DPF (cf. E 2200Washington 16/5).↩
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