Classement thématique série 1848–1945:
IV. POLITIQUE ET ACTIVITÉS ÉCONOMIQUES
2. Ravitaillement de la Suisse en temps de guerre
2.3. Blocus franco-britannique
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 13, doc. 394
volume linkBern 1991
more… |▼▶Repository
Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E7800#1000/1961#2042* | |
Old classification | CH-BAR E 7800(-)1000/1961 163 | |
Dossier title | Gegenblockade. Mitteilungen des Vororts des Handels- und Industrie-Vereins, etc. (1940–1942) | |
File reference archive | 10.15.04 |
dodis.ch/47151
2. VERHANDLUNGSBERICHT. LONDON, 25. SEPTEMBER BIS 4. OKTOBER 1940.
1. Nach der Abklärung der zahlenmässigen Grundlagen der Versorgung der Schweiz mit jenen Erzeugnissen, welche die britische Blockadekontrolle passieren müssen um in die Schweiz zu gelangen2, begann eine Verhandlungsetappe, die wenig angenehmer und zum Teil schwieriger Aufschlusserteilung über die im ersten Bericht unter Ziffer 4 genannten Punkte gewidmet war.
a. Die «MOUNT TAURUS»-Affäre kann als erledigt betrachtet werden. Sie wird im Gedächtnis der Engländer haften bleiben als Beweis für die umfassende Kontrolle unserer Ausfuhren durch die Achsenmächte. Der Rückruf des Schiffes in den Hafen von Genua war hier Beleg für die willkürliche Behandlung, der die schweizerischen Exporte in Zukunft ausgeliefert sein werden.
Unsere Bemühungen, ein neues Schiff für schweizerische Exporte nach neutralem Überseehafen bewilligt zu erhalten, blieben zur Zeit erfolglos. Das britische Interesse an solchen Exporten wird offen als sehr gering bezeichnet und unsere dringlichen Vorstellungen, dass diese Exportmöglichkeiten für die Schweiz lebenswichtig seien, begegneten dem Einwand, dass vorerst die ganze Lage grundsätzlich durchbesprochen werden müsse und alle Einzelfragen bis dahin zuwarten müssten. Wir haben Ihnen deshalb telegraphisch empfohlen, das amerikanische Interesse an der Aufrechterhaltung laufender Ein- und Ausfuhrbeziehungen mit der Schweiz zu wecken und hier auf diplomatischem Wege wirksam werden zu lassen. Wir versprechen uns davon eine Hilfe gegen eine Beurteilung unserer künftigen Zu- und Ausfuhren unter dem Blickpunkte des geringer gewordenen direkten englischen Interesses.
b. Das englische Interesse an der schweizerischen Produktion ist durch die deutsch-italienische Gegenblockade sehr stark getroffen worden. Nach einer Analyse der britischen Einfuhr aus der Schweiz im Jahre 1940 (bis Ende August) werden in Zukunft 60% dieser Käufe unter die Bewilligungspflicht der Achsenmächte fallen und nur noch 40% im Transit frei bleiben. Diese veränderte Lage bildet die Basis einer «Neu-Überprüfung unserer Zufuhren».
Man macht uns hier nicht die deutsch-italienische Gegenblockade - die wir nicht zu verhindern vermögen - zum Vorwurf, als vielmehr die Tatsache, dass die schweizerischen Regierungsstellen durch die Verweigerung von Ausfuhrbewilligungen während Wochen die Versorgung Englands mit wichtigen Erzeugnissen verhindert und damit seine Stellung geschwächt hätten. Die Einrede des Schutzes schweizerischer Exporteure vor einer eventuellen Beschlagnahme ihrer Waren im Transit durch Frankreich wird hier nicht gehört, sondern mit dem Hinweis auf die britische Risiko-Übernahme (Bezahlung) in der Schweiz zurückgewiesen. Die lange Dauer des seinerzeit kurzfristig gedachten «Übergangsstadium», hat uns hier in ein schiefes Licht versetzt und uns viel guten Glauben genommen. Wir haben versucht, das bestehende Misstrauen durch offene Darlegung der Entwicklung zu zerstreuen. Dies ist uns noch nicht völlig gelungen und wir werden die Nachwirkungen unseres aktiven Verhaltens in dieser Angelegenheit sicher noch einige Zeit spüren. Hier liegt sicher auch einer der Gründe, die es gegenwärtig verunmöglichen, einzelne Navicerts zu erhalten oder einzelne Schiffe für Ein- oder Ausfuhr bewilligt zu bekommen.
Ich möchte auf diesen Punkt das grösste Gewicht legen. Es ist zur Zeit sinnlos, in aller Welt Waren zu kaufen und in jedem Einzelfall die Gesandtschaft in London mit Interventionen zu beauftragen. Es braucht jetzt 2-3 Wochen Geduld, weil sich hier ganz einfach nichts erzwingen lässt. Wir haben Hoffnung, neue Zufuhren bewilligt zu erhalten, aber erst nach erfolgter Stellungnahme sämtlicher interessierter Ministerien zu den von uns mit dem Blockadeministerium bereinigten Grundlagen. Man hat uns eine erste Äusserung auf Ende der nächsten Woche versprochen. Bis dahin und bis zu unserem Bericht sollten von privater Seite in der Schweiz weder Schiffe gechartert und beladen noch von staatlicher Seite irgendwelche Warenaufkäufe durch die Gewährung von «certificats de garantie» begünstigt werden.
2. Wir benützen die Zwischenzeit, um durch persönliche Fühlungnahme mit Vertretern der Ministerien, welche sich zu den Vorschlägen des Blockadeministeriums zu äussern haben werden, auf diese Stellungnahme Einfluss zu gewinnen. Die guten Beziehungen unserer Gesandtschaft zum Foreign Office und zur Presse, alte und neue Beziehungen zum Board of Trade und zu den höchsten Beamten des Ministry of Economic Warfare ermöglichen uns diese Fühlungnahme. Eine Erweiterung der Delegation unter diesem Gesichtspunkt ist zur Zeit nicht notwendig; über die Wünschbarkeit technischer Experten lässt sich erst nach der Stellungnahme von Minister Dalton entscheiden.
3. Die drohende Spannung zwischen Italien und Griechenland legt uns die Anregung nahe, alles vorzukehren, um Schwierigkeiten für die vom Bunde zeit-gecharterten griechischen Schiffe zu vermeiden. Als einfachste Lösung erschiene uns ein Abkommen mit Italien, diese Schiffe und ihre Mannschaft selbst im Konfliktfalle ungehindert zu lassen. Sollte dies nicht erreichbar sein, so müsste die Frage der Schweizer-Flagge mit allem Nachdruck erneut gestellt werden. Wir nehmen an, dass das Kriegs-Transport-Amt diesen Fragen bereits seine Aufmerksamkeit schenkt, glaubten aber im Zusammenhang mit den Bemühungen um neue Zufuhren und auf Grund bisheriger Erfahrungen mit nicht genehmen Schiffseigentümern auf ihre mögliche Bedeutung hinweisen zu sollen.
4. Das Board of Trade hat uns wissen lassen, dass es mit uns über die möglichen und wünschbaren Ein- und Ausfuhren zwischen den beiden Ländern sprechen möchte. Wir haben den deutlichen Eindruck, dass England an der Wiederaufnahme seiner Kohlentransporte nach der Schweiz stark interessiert ist. Ich habe Ihnen deshalb gekabelt, es möchte versucht werden, von Italien erhöhte Zusicherungen für diesen besondern Transit von Gütern feindlichen Ursprungs zu erhalten. Ein Erfolg dieser Bemühungen würde uns hier unsere schwache und schwierige Situation etwas verstärken3.
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