Classement thématique série 1848–1945:
II. RELATIONS BILATÉRALES
B. AVEC LES ÉTATS EUROPÉENS NON LIMITROPHES
17. Union soviétique
17.1. Relations commerciales
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 13, doc. 323
volume linkBern 1991
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E7110#1967/32#4070* | |
Old classification | CH-BAR E 7110(-)1967/32 239 | |
Dossier title | Russland Allgemeines (1940–1940) | |
File reference archive | 370.0.1 • Additional component: Russland |
dodis.ch/47080
Le Délégué du Conseil fédéral aux accords commerciaux, H. Ebrard, au Chef du Département de l’Economie publique, H. Obrecht1
Der Rapport über die Beziehungen zwischen der Schweiz und der U.d.S.S.R., den das Politische Departement zusammen mit dem Unterzeichneten am 10. August vergangenen Jahres der Kommission für Auswärtige Angelegenheiten erstattet hat2, ist im Sektor der wirtschaftlichen Betrachtungen zum Ergebnis gelangt, dass in dem an sich bescheidenen Rahmen des russischen Gesamtexportes die Schweiz wohl die Möglichkeit besitzt, ihren Warenverkehr mit der U.d.S.S.R. in fühlbarer Weise zu entwickeln, dass jedoch eine wesentliche Verbesserung des gegenseitigen Warenaustausches nur dann erwartet werden könne, wenn das ausgefahrene und untauglich befundene Geleise des seit 1933 bestehenden Kompensationsverkehrs (im besonderen russischen Sinne verstanden) endgültig verlassen werde.
Der obzitierte Bericht führt hierzu (vgl. Seite 22) weiter folgendes aus:
[..]3
Die im vorerwähnten Rapport vertretene Auffassung besitzt zweifellos auch heute, trotz der inzwischen veränderten allgemeinen politischen Lage, ihre Berechtigung und es ist nichts erfolgt, das uns veranlassen könnte, unser Urteil abzuändern.
Allein das Problem des schweizerisch-sowjetrussischen Warenverkehrs ist in diesem Rapport - es ist immer nur von dessen wirtschaftspolitischem Teil die Rede - betrachtet vornehmlich vom Standpunkt der möglichen Förderung und Entwicklung unseres Exportes und unter besonderer Beachtung der handelspolitischen Rückwirkungen, die ein evtl. möglicher Ausbau unseres Handels mit Russland auf andere, für den schweizerischen Export ungleich bedeutendere Drittmächte mit sich bringen könnte, untersucht und behandelt worden.
Heute aber, im Stadium dringlichster Fürsorge um allgemeine Landesversorgung und im Besonderen um Deckung des Armeebedarfes ist eine Überprüfung unseres der Frage des Wirtschaftsverkehrs mit Russland gegenüber eingenommenen Standpunktes unerlässlich, nicht nur im Hinblick auf allfällige Bezugsmöglichkeiten für ganz besonders benötigte und anderweitig schwer oder gar nicht zu beschaffende Rohprodukte, sondern nicht minder wegen der in der heutigen internationalen Lage unter Umständen relativ günstigen Transitverhältnisse für solche Güter. Es genügt daran zu erinnern, dass Russland wichtige Rohstoffe wie u.a. Getreide, Schmieröle, Holz und selbst Kohle in für die Schweiz beträchtlichen Mengen zu liefern im Stande ist, wenn es auch zweifellos in erster Linie seine Bedürfnisse in den Dienst der Bedarfsdeckung des eigenen Marktes zu stellen die Gewohnheit hat und an Exporten nur aus devisenpolitischen Erwägungen, d.h. wenn sie in Gold bezahlt werden, Interesse besitzt.
Freilich ist es angesichts des Fehlens jeglicher zuverlässiger Statistik für die Jahre 1938 und 1939 unmöglich, sich ein etwas einlässliches Bild darüber zu machen, in welchem Rahmen sich Drittländern gegenüber der russische Export in den wichtigsten Warenkategorien entwickelt hat. Auch die mit ändern Staaten in der letzten Zeit abgeschlossenen Handelsabkommen geben, soweit überhaupt Angaben hierüber in unseren Besitz gelangt sind, kein brauchbares Ergebnis; auch die Völkerbunds-Statistik versagt.
Somit wird man für die Beurteilung der heute eine für die Schweiz ganz andere Bedeutung als bisher besitzenden russischen Exportkapazität auf das statistische Material abstellen müssen, wie es für die zurückliegenden letzterfasslichen Jahre besteht, ferner wenigstens teilweise auf die Import-Statistiken einzelner Drittländer.
[...]4. Was sich aus diesem Material entnehmen lässt, ist das Bestehen der objektiven Möglichkeit, in der gegenwärtigen Periode dringlichen Importbedarfs für eine Reihe von Rohstoffen und rohstoffnahen Produktion auf den sowjetrussischen Markt greifen zu können, der zweifellos, gemessen am in Betracht fallenden schweizerischen Importvolumen, als leistungsfähig anzusprechen ist.
Ob und in welchem Ausmass Sowjetrussland in Anbetracht einmal seiner Lage und der gegenwärtigen internationalen Konstellation, ferner seines Expansionsdranges und damit verbunden seines militärischen Bedarfes, zum ändern im Hinblick auf das Fehlen offizieller Beziehungen zur Schweiz in der Lage und bereit ist, in vermehrtem Masse seine Waren auch der Schweiz zur Verfügung zu stellen, dies wird sich nur auf empirischem Wege, eben durch Verhandlungen mit den zuständigen Stellen in Moskau selbst, einwandfrei feststellen lassen.
Hinzu kommt, dass den Fragen des Transits für sowjetrussische Ware derzeit besondere Bedeutung zukommt. Gelingt es, taugliche Transitwege zu eröffnen, so wird die Schweiz dadurch in zusätzlicher Weise unabhängig von den Einwirkungen der Blockademassnahmen der Westmächte sowohl wie auch derjenigen Deutschlands.
Unsere Gesandtschaften in Rumänien und Jugoslawien sind beauftragt worden, die erforderlichen Erhebungen über die Benützbarkeit des im Eventualfall in Frage kommenden Donauwegs sofort anzustellen. Die schweizerische Gesandtschaft in Rumänien ist dabei zu durchaus positiven Ergebnissen gelangt. Der Bericht aus Jugoslawien steht noch aus; doch ist nicht daran zu zweifeln, dass angesichts der Aufnahme der diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Jugoslawien und der U.d.S.S.R. auch hier Transit- und Umschlagsmöglichkeiten offen stehen.
Zunächst, d.h. solange nicht zwischen Italien und der U.d.S.S.R. Schwierigkeiten entstehen, liegt der Transit durch Dardanellen und Adria durchaus im Bereich normaler Annahmen.
Nicht zu übersehen ist schliesslich, dass auch der Transit durch Russland nach dem fernen Osten für die Schweiz von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist. So hat sich der Export deutscher Waren nach China dank der Transitmöglichkeit durch die U.d.S.S.R. im ersten Quartal 1940 gegenüber der gleichen Zeit des Vorjahres um ca. 55% vermehrt.
Selbstverständlich ist im voraus kein Urteil darüber möglich, ob die U.d.S.S.R. bei Aufnahme direkter Verhandlungen in Moskau grössere Anstrengungen zu machen bereit ist als bisher, den Handelsverkehr mit der Schweiz, sowohl nach der Export- wie nach der Importseite, wirklich zu entwickeln. Es ist jedoch nicht zu übersehen, dass in der jüngsten Vergangenheit solche Versuche nicht ohne Erfolg von verschiedenen anderen Staaten unternommen worden sind, wenn auch immerhin klar erkennbar ist, dass die Aufnahme von Wirtschaftsverhandlungen in Moskau selbst weniger rein wirtschaftlichen Belangen dienen sollten als vielmehr der Wiederherstellung geordneter zwischenstaatlicher Beziehungen.
Ob angesichts der grundlegenden Änderungen an der gesamten Struktur des europäischen Kontinents nicht auch für die Schweiz sich die Frage stellt, ob nicht eine Überprüfung auch der staatsrechtlichen bzw. völkerrechtlichen Seite des schweizerisch-russischen Problems nunmehr erwogen werden sollte, ist hier nicht zu untersuchen. Zweifellos aber sind Wirtschaftsverhandlungen mit den zuständigen Amtsstellen in Moskau geeignet, eine eventuell nachfolgende Abklärung dieser Fragen zu erleichtern.
Schwierig bleibt die Wahl der Form, in der der U.d.S.S.R. nahezulegen ist, die Besprechungen in Berlin und Bern durch Wirtschaftsverhandlungen in Moskau zu ersetzen. Ich halte dafür, dass die unmittelbar bevorstehende Anwesenheit einer Delegation der russischen Handelsvertretung, Berlin, in Bern hierzu den äusseren und unauffälligsten Anlass zu bieten hat. Nachdem schon die letzte Verhandlung in Berlin im März 19405
nicht mehr zum Ziel zu führen vermochte, irgendwelche russische Zusagen für Importe russischer Rohstoffe oder rohstoffnaher Waren zu erhalten, und vorauszusehen ist, dass auch anlässlich der bevorstehenden Verhandlungen in Bern die Einfuhr russischer Waren nicht in Gang zu bringen ist, wird schweizerischerseits mit Nachdruck auf die Aussichtslosigkeit weiterer Unterhandlungen mit der russischen Handelsvertretung hinzuweisen und ihre Fortführung in Moskau vorzuschlagen sein.
Gestützt auf den obzitierten Rapport des Politischen Departementes an die Kommission für Auswärtige Angelegenheiten vom 10. August 1939 und die dort erklärte Bereitschaft, die Wirtschaftsverhandlungen in Moskau durchzuführen, wenn der Weg des sogenannten Kompensationsverkehrs sich als ungangbar erweise,
beantrage ich Ihnen, es sei im Sinne dieser Ausführungen dem Bundesrat Antrag zu stellen, sobald die Verhandlungen mit der U.d.S.S.R. hier abgeschlossen worden sind. Dies dürfte in den ersten Tagen des Juli der Fall sein.
- 1
- (Copie): E 7110 1967/32/370.0.1/1940.↩
- 2
- Cf. No 126.↩
- 3
- Suit une longue citation du rapport mentionné, concluant que le système actuel, qui permet des rapports commerciaux indépendamment des relations diplomatiques, donne satisfaction.↩
- 4
- Suivent des statistiques sur le commerce extérieur et les capacités de production de l’URSS pour les années 1936 à 1938.↩
- 5
- Cf. E 7110 1967/32/370.0.1.et E 7110 1976/16/53.↩
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