Classement thématique série 1848–1945:
IV. POLITIQUE ET ACTIVITÉS ÉCONOMIQUES
2. Ravitaillement de la Suisse en temps de guerre
2.3. Blocus franco-britannique
Imprimé dans
Documents Diplomatiques Suisses, vol. 13, doc. 265
volume linkBern 1991
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Archives | Archives fédérales suisses, Berne | |
Cote d'archives | CH-BAR#E1004.1#1000/9#13587* | |
Titre du dossier | Beschlussprotokoll(-e) 19.04.-23.04.1940 (1940–1940) |
dodis.ch/47022 CONSEIL FÉDÉRAL
Procès-verbal de la séance du 23 avril 19401 677. Wirtschaftsverhandlungen mit Frankreich und Grossbritannien
Procès-verbal de la séance du 23 avril 19401
Unterm 23. März unterbreitete das Volkswirtschaftsdepartement dem Bundesrat folgenden Bericht2:«/.
In unserem Bericht vom 23. pto. gaben wir Ihnen Kenntnis von den Resultaten der Arbeit der «Berner Experten», bestehend aus den beiden Handelsattaches von Frankreich und England, sowie von Direktor Hotz und Dr. Hornberger. Für die meisten Positionen des schweizerischen Zolltarifs ist eine Einigung erzielt worden über die Einreihung in die 4 Listen: a) Ausfuhrverbot, b) courants normaux unseres Exportes auf der Basis der Ausfuhr von 1938, c) besondere Regelung für wichtige Produkte im Sinne von Einschränkung der courants normaux der Ausfuhr und schliesslich d) Liste für die ausfuhrfreien Produkte. Keine Einigung war damals erzielt für die wichtigsten Produkte unseres Bodens (Vieh, Käse, Obst, Milch und Eisenerz), sowie für die wichtigsten Textilien (Seide, Wolle, Baumwolle), sowie für die Nicht-Eisen-Metalle (incl. Waffen und Munition). II.
1. Nach zähem Ringen ist es nun gelungen, für unsere wichtigsten Produkte des Bodens (produits du soi) zwar nicht die völlige Ausfuhr frei, wohl aber genügende Exportkontingente für unsere Ausfuhr nach Deutschland zu erhalten.
a) Für Obst gibt uns der courant normal des Jahres 1938 genügend Bewegungsfreiheit, ganz abgesehen davon, dass die Westmächte bereit sind, bei ausserordentlich hohen Ernten mit uns über die Ausfuhr zu sprechen.
b) Für Milch haben wir uns auf eine Exportmenge von 25 Millionen Liter per Jahr geeinigt, während uns Frankreich/England anfänglich nur 15 Millionen Liter zugestehen wollten.
c) Vieh: Hier hätten wir gerne ein Exportkontingent von 10000 Stück gehabt, gaben uns schliesslich mit 7000 Stück zufrieden.
d) Käse: Wir erzielten für Hartkäse in Laiben 550 Wagen; rechnet man noch den courant normal für Schachtelkäse, Blockkäse und Kräuterkäse von ca. 70 Wagen hinzu, so übersteigt das Erreichte das uns bisher von Frankreich zugestandene Ausfuhrkontingent von 600 Wagen.
e) Eisenerz: Hier hat es der äussersten Anstrengung der Delegation, sowie von Minister Stucki bedurft3, um hoffentlich zu einer annehmbaren Lösung zu kommen. Wir schätzten die Exportmöglichkeit unserer 3 Eisenerz-Gruben auf 300000 Tonnen per Jahr und die Westmächte wollten uns nur etwas mehr als die Ausfuhr des Jahres 1938 (127 000 t) mit 150000 Tonnen bewilligen. Da wir in ausserordentlichem Masse auf die deutsche Eisen- und Stahlzufuhr angewiesen sind und das inländische Erz ein äusserst wichtiger Kompensationsartikel darstellt, haben wir den Kampf bis zur letzten Stunde geführt, schliesslich mit dem reduzierten Begehren, dass uns das Ausfuhrkontingent für das laufende Jahr auf 220000 Tonnen - die praktische Ausfuhrmöglichkeit im Jahre 1940 - angesetzt wird mit der Möglichkeit, in der vorgesehenen gemischten Kommission für die folgenden Jahre das Ausfuhrkontingent auf erhöhtem Niveau neu festzusetzen. Leider hat sich der jetzt zurückgetretene Blockade-Minister Pernot auf seinen doktrinären Standpunkt vollkommen verbissen und es ist in mehrfachen Besprechungen durch Minister Stucki nicht gelungen, ihn von seinem Standpunkt abzubringen. Minister Stucki hat sich deshalb mit ändern Mitgliedern der Regierung, sowie mit einflussreichen Persönlichkeiten in Verbindung gesetzt und diese ausnahmslos von der Richtigkeit des schweizerischen Standpunktes überzeugt. Die direkte Aktion beim Ministerpräsidenten wurde nun aber infolge der Kabinettskrise verunmöglicht und es erscheint sehr fraglich, dass noch vor Ostern ein für uns günstiger Entscheid des Ministerpräsidenten erwirkt werden kann. Die Delegation, wie auch Herr Minister Stucki sind der bestimmten Auffassung, dass wir, ohne unsere Eisen- und Kohlenversorgung aus Deutschland schwer zu gefährden, nicht auf ein Ausfuhrkontingent eintreten können, das kleiner ist als die zu erwartende Produktion pro 1940, d.h. ca. 220000 Tonnen. Wir hoffen, dass dieses Ziel mit Energie und Festigkeit doch noch zu erreichen ist, dies umsomehr als die übrigen Fragen des Blockus- Vertrages keine Schwierigkeiten mehr bieten.
2. Textilien.
a) Wolle: Wir erhalten die Ausfuhrmöglichkeit für Garne nach Deutschland im Umfange von 750 q = ca. 25% derjenigen des Jahres 1938, dagegen erhöht sich die Ausfuhr für Gewebe von ca. 200 q des Jahres 1938 auf max 1250 q.
b) Baumwolle: Für Garne werden rund 50% des Jahres 1938, d.h. 15 000 q bewilligt und die Gewebe-Ausfuhr nach Deutschland von ca. 13 500 q auf max 18 000 q erhöht. Solange die Eisenerz-Frage nicht im Sinne unserer Ausführungen unter e) geregelt ist, halten wir zwar noch an unserem Begehren von 20000 q fest, sind aber bereit, den englisch/französischen Vermittlungsvorschlag mit 18 000 q anzunehmen.
c) Seide: Verboten wird die Ausfuhr nach Deutschland von Abfällen der Pos. 434 a sowie die Rohstoffpositionen 432/36 und ferner wird die Ausfuhr für Florettseide und Seidenzwirn (Pos. 437/9) im Rahmen eines Globalkontingentes auf 50% reduziert. Für Seidengewebe wird die Ausfuhr global im Rahmen der Ausfuhr 1938 zugelassen, während die Pos. 449/54 (Bänder, Stickereien, Spitzen und Decken) ausfuhrfrei sind.
3. Metalle, incl. Waffen und Munition. Während das Aluminium und Ferrosylicium praktisch auf die Freiliste kommt, ergaben sich die folgenden weitern erwähnenswerten Ausfuhreinschränkungen: Abfälle der Pos. 708 & 711 =75% von 1938, Ferrochrom der Pos. 710b Verbot der Ausfuhr, für Kupfer der Pos. 830 a/b (Schrauben etc.) 50% von 1938, für rohe Kupferwaren der Pos. 833 = Verbot, für die übrigen Kupferwaren der Pos. 834/6 = 50%; für Camions etc. der Pos. 914 d Ausfuhr von 1938, während die elektrischen Apparate der Pos. 924 c1 und c2 wie auch alle Maschinen auf die Freiliste kommen. Betreffend Waffen und Munition sind wir einstweilen keine Bindung eingegangen. Wir haben ausdrücklich alle Rechte der Landesverteidigung Vorbehalten. Mündlich fügten wir immerhin bei, dass seit der Einführung des Doppel-Bewilligungsverfahrens (Fabrikations- und Ausfuhrbewilligung) in keinem einzigen Fall eine zur Fabrikation bewilligte Ware nachträglich nicht auch zur Ausfuhr bewilligt worden sei. Praktisch geschehe also bereits das, was die Franzosen von uns fordern und man werde es weiterhin so halten; eine formell einzugehende Bindung im Sinne der französischen Begehren könnte leider nicht gewährt werden. Es wird sich nun zeigen, ob in der Folge im Zusammenhang mit den Versorgungs- und handelspolitischen Fragen Frankreich nicht erneut auf sein Begehren zurückkommt, das im wesentlichen dahin geht, dass wenn einmal eine Ware zur Fabrikation bewilligt worden ist, dann nach ihrer Fertigstellung auch bedingungslos die Ausfuhrbewilligung zu erteilen sei.III.
Zusammenfassend ergibt sich, dass wir im Verkehr mit Deutschland schätzungsweise mit rund 25 Millionen Fr. jährlichen Exportverlusten zu rechnen haben (Häute und Felle, Textilien incl. Abfälle, Metalle und Kautschuk, Lumpen, Alteisen etc.), was aber durch die vermehrten Ausfuhrmöglichkeiten für die Produkte des Bodens ungefähr ausgeglichen werden kann.
Bezüglich des Textes des Abkommens verweisen wir auf die Beilagen. Auch hier ist es gelungen, befriedigende Formulierungen zu finden, so insbesondere bezüglich der Frage der Behandlung der Neutralen. Die Liste der Länder, für welche vom Empfänger der Ware eine Erklärung der Nicht-Wiederausfuhr nach kriegführenden Staaten verlangt werden muss, beschränkt sich auf die an Deutschland angrenzenden Staaten (Holland, Dänemark, Ungarn, Italien, Russland, Randstaaten, Rumänien und Jugoslawien), sowie Spanien und Bulgarien. Diese Erklärung der non-réexpédition vers des pays belligérants beschränkt sich auf die die Artikel der Listen B 1 und B 2, wobei sie für die Produkte der beiden Listen nur für die Ausfuhr im Jahre 1938 übersteigenden Mengen beizubringen ist. Es kommt hinzu, dass ja für viele wichtige schweizerische Exportartikel (Aluminium, Uhren, Maschinen und Apparate, Chemikalien, Stickereien, Hutgeflechte) die Ausfuhrfreiheit hat erreicht werden können. Besonders hervorzuheben ist, dass nach Inkrafttreten des Blockus-Vertrages die sattsam bekannten Verwendungserklärungen (undertakings, attestations) betreffend Nichtwiederausfuhr völlig in Wegfall kommen werden. Dagegen werden die sog. Navicerts (Warenpass) bleiben, nur werden sie fortan im allgemeinen an die schweizerischen Importeure ohne weiteres erteilt werden, d.h. ohne dass irgendwelche einzelne Verwendungserklärung durch die schweizerischen Firmen verlangt werden. Bekanntlich bezweckt das Navicert, die Seekontrolle zu vereinfachen und die dafür benötigte Zeit zu verkürzen. Der Lieferant hat im Verschiffungshafen beim dortigen britischen Konsul ein bezügliches Gesuch einzureichen und den Abnehmer im Bestimmungsland zu bezeichnen. Im übrigen wird es unvermeidlich, dass - wie es für gewisse Textilien bereits besteht - zahlreiche neue Warengruppen dem Bewilligungsverfahren unterstellt werden müssen, wobei die Bewilligung ausschliesslich Kontrollzwecken dient und daher in der Regel durch das zuständige kriegswirtschaftliche Syndikat verabfolgt werden wird. Auch bei der Verabfolgung des nunmehr für jede die Blockade passierende Einfuhr vorgesehenen «Certificat de garantie» (Vergl. ad Art. 2, Ziff. 2) sollen die genannten Syndikate möglichst weitgehend zur Mitarbeit herangezogen werden.IV.
Aus obigem Bericht geht hervor, dass nach zähem Ringen die Blockade-Verhandlungen praktisch und in befriedigender Weise als abgeschlossen betrachtet werden können, sobald noch die Eisenerz-Frage mit der französischen Regierung hat geregelt werden können. Wir zählen dabei auf die verständnisvolle Einwirkung der englischen Regierung auf die französischen Persönlichkeiten. Wir hoffen immer noch auf eine Erhöhung des bisher zugestandenen Ausfuhrkontingentes von 150000 Tonnen für das laufende Jahr auf ca. 220000 Tonnen, in den spätem Jahren dann auf 300000 Tonnen.»
Das Volkswirtschaftsdepartement legt nunmehr den nachstehenden ergänzenden Bericht vor:
«1. Am 23. März haben wir Ihnen über den Stand der Blockade-Verhandlungen mit Frankreich und Grossbritannien Bericht erstattet und bemerkt, dass vor allem noch die Höhe des Exportkontingentes für Eisenerz offen sei. Inzwischen ist es nun gelungen, unserm Vermittlungsvorschlag von 220000 Tonnen für das Jahr 1940 dank der intensiven Bemühungen des Herrn Minister Stucki in Paris zum Durchbruch zu verhelfen.
2. Bereits im erwähnten Bericht vom 23. pto. haben wir uns bereit erklärt, die englisch/französische Offerte für 18 000 q Exportkontingent nach Deutschland für Baumwollgewebe anzunehmen, immerhin unter der Voraussetzung, dass die inzwischen englischerseits nachträglich noch aufgeworfenen Fragen ebenfalls in befriedigender Weise geregelt werden können. Es ist uns nun dies in besondern Besprechungen mit dem englischen Handelsattaché in Verbindung mit zwei speziell nach Bern delegierten englischen Experten aus London auch tatsächlich gelungen.
a) Rein redaktionell wird der englisch/französischen Gegenerklärung der in der Beilage unterstrichene Satz beigefügt. Praktisch bedeutet dies nichts Neues, sondern entspricht den in Paris gemachten Erklärungen der Blockade-Mächte (vergl. auch beiliegende Erklärung dazu).
b) Bezüglich der Überschreibung des «courant normal» gegenüber den «mauvais neutres» haben wir uns dahin geeinigt, dass in der gemischten Kommission über anormale Ausfuhrsteigerungen gesprochen werden soll und bei vorliegenden Missbräuchen nach Abhilfe gesucht werden soll.
c) Hinsichtlich der heiklen Frage der Durchfuhr für unsern Export durch Deutschland, besonders nach den nordischen Staaten, haben wir die Lösung in einer den neuen Verhältnissen besser angepassten Formulierung des Geltungsbereichs Deutschlands gefunden. Danach sind einstweilen zu Deutschland zu rechnen: Deutschland, Tschechoslowakei, Österreich, Polen, Dänemark und ein Teil von Norwegen.
Schliesslich haben wir zugestimmt, dass mit Rücksicht auf die jüngsten Verhältnisse Norwegen und Schweden von der Liste der guten Neutralen gestrichen werden.
d) Wollabfälle der Pos. 456: In Liste B2 wird die ganze Position 456 (nicht bloss die sog. blouses) aufgenommen, aber die Ausfuhr für jeden Staat beschränkt auf 1/3 des Jahres 1938. Dagegen fällt dann ex Pos. 456 in der Liste A völlig weg.
3. Wir erwähnen noch besonders, dass anlässlich dieser Besprechungen mit den englischen Experten auch noch sehr wichtige Durchführungsfragen haben zu unserer vollen Zufriedenheit geregelt werden können (siehe Beilage). Dazu ist allerdings noch zu bemerken, dass das nunmehr vorliegende bereinigte Blockade-Abkommen erst dann auch für die englischen Dominions Wirkung hat, wenn dieselben ihrerseits ausdrücklich zugestimmt haben werden. Die Engländer sind aber davon überzeugt, dass dies in sehr kurzer Zeit der Fall sein wird.»
Gestützt auf die erzielte völlige Einigung mit den Westmächten beantragt das Departement und der Rat1. Das nunmehr bereinigte «Blockade»-Vertragswerk wird genehmigt4;
2. Herr Minister Stucki in Paris wird ermächtigt, die bezüglichen schweizerisch/französischen Erklärungen zu unterzeichnen;
3. bezüglich Grossbritannien wird der Chef des Politischen Departements ermächtigt, die Unterzeichnung mit dem hiesigen englischen Gesandten vorzunehmen. Entgegen einem frühem Antrag erscheint es auch englischerseits als sehr wünschenswert, die Vereinbarungen mit England in Bern zu unterzeichnen, weil der hiesige englische Handels-Attaché der einzige Engländer war, der immer an den Besprechungen aktiv teilgenommen hat und so ein weiterer Zeitverlust durch eine eventuelle Unterzeichnung in London vermieden werden kann. Es ist vorgesehen, die Unterzeichnung in Bern und Paris am nächsten Donnerstag vorzunehmen;
4. die Presse ist in geeigneter Weise durch ein «Mitgeteilt» zu orientieren.
5. Schweizerischerseits werden in die vorgesehene gemischte Kommission delegiert:
a) Dir. Dr. J. Hotz, Bern, Stellvertreter Prof. Dr. P. Keller,
b) Dir. Dr. H. Hornberger, Zürich.
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