Classement thématique série 1848–1945:
IV. POLITIQUE ET ACTIVITÉS ÉCONOMIQUES
2. Ravitaillement de la Suisse en temps de guerre
2.3. Blocus franco-britannique
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 13, doc. 260
volume linkBern 1991
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E7001B#1000/1060#529* | |
Old classification | CH-BAR E 7001(B)1000/1060 454 | |
Dossier title | Neapel - Punta Arenas (1934–1955) | |
File reference archive | 6.0 |
dodis.ch/47017
Le Ministre de Suisse à Paris, W. Stucki, au Chef du Département de l’Economie publique, H. Obrecht1
Im Nachgange zu meinem gestrigen Bericht2, beehre ich mich Ihnen folgendes mitzuteilen:
Heute mittag bat mich der Blockusminister, Herr Georges Monnet, zu sich, um mir in Gegenwart des «Directeur Général du blocus», Herrn Minister Labaume, bekannt zu geben, dass der gestrige französische Ministerrat beschlossen habe, dem Vermittlungsvorschlage betreffend Ausfuhr schweizerischer Eisenerze nach Deutschland zuzustimmen, das heisst, eine Ausfuhr von 220000 Tonnen im Jahre 1940 zu gestatten. Er wies nachdrücklich darauf hin, dass diese Konzession um so schwerer gefallen sei, als bekanntlich der letzte oberste Kriegsrat der Alliierten vor einigen Tagen beschlossen hat, die Blockade gegen Deutschland wesentlich zu verschärfen und namentlich die Lieferung der schwedischen Eisenerze nach Möglichkeit zu unterbinden. Wenn man trotzdem der Schweiz gestatte, mehr Eisenerze nach Deutschland zu liefern als in normalen Zeiten, so liege darin ein schlüssiger Beweis für die Freundschaft und das Vertrauen, das Frankreich der Schweiz entgegenbringe.
Diese in den schweizerisch-französischen Blockusverhandlungen einzig noch offene Frage wäre zu unserer Zufriedenheit erledigt.
Leider sind nun aber von englischer Seite im allerletzten Augenblick neue Begehren aufgetaucht, die uns neue Schwierigkeiten bereiten dürften. Herr Monnet hat mir nämlich mitgeteilt, die französische Regierung hätte gestern von London ein einlässliches Memorial über die Verhandlungen mit der Schweiz erhalten, in welchem eine ganze Anzahl neuer Begehren aufgestellt worden sind. Die meisten dieser Begehren seien nach französischer Auffassung nicht wichtig genug, um uns im letzten Augenblick noch unterbreitet zu werden. Dagegen müsse die französische Regierung uns zwei neue englische Forderungen hinsichtlich unserer Handelsbeziehungen mit ändern neutralen Staaten unterbreiten. Er tue dies sehr ungern und entschuldige sich, damit so spät zu kommen, könne aber diesen Wunsch Londons nicht übergehen. Er legte mir den Entwurf eines Schreibens an den französischen Aussenminister vor, den ich hier in Kopie beilege und dessen Wortlaut ich heute Herrn Péquignot telephonisch bereits mitgeteilt habe.
Meines Erachtens sind diese beiden neuen Forderungen für die Schweiz nicht annehmbar, was ich den beiden Herren sofort erklärt habe. Zu Punkt eins führte ich aus, dass man uns unmöglich zumuten könne, für unsere Sendungen nach Belgien, Holland, Dänemark, sowie den skandinavischen und baltischen Staaten, statt den natürlichen Weg über Deutschland zu benutzen, den viel längeren, komplizierteren, teueren und unsichereren Weg über Frankreich einzuschlagen. Praktisch wäre es überdies nahezu unmöglich, die vielen Tausende von Einzelsendungen vorher der «Commission mixte» zu unterbreiten. Aber auch grundsätzlich könne meines Erachtens die Schweiz sich den Transit nach ändern neutralen Staaten so wenig vorschreiben lassen, als sie sich je unter deutschem Druck verpflichten könnte und würde, zum Beispiel ihren Export statt über Frankreich nur noch über Italien zu leiten. Wenn England hoffe, mit diesem Vorschlag der deutschen Reichsbahn Einnahmen zu entziehen und dadurch diesem Feind devisenmässig zu schädigen, so sei ja darauf hinzuweisen, dass die Schweiz solche Transportkosten an Deutschland nicht in Devisen bezahlt.
Bezüglich des zweiten Punktes betonte ich, dass die Alliierten selber in den Verhandlungen auf die jetzt vorgesehene Lösung stark gedrängt haben und dass niemals davon die Rede war, die Garantien betreffend Nichtwiederausfuhr an Deutschland irgend jemandem vorzulegen. Diese Frage habe übrigens meines Wissens praktisch keine sehr grosse Bedeutung. Wenn man insbesondere Italien im Auge haben sollte, so sei auf die unbestreitbare Tatsache hinzuweisen, dass der Achsenfreund Italien von den Alliierten in den Blockadefragen besser behandelt werde, als die wirklich neutrale Schweiz und dass es doch nicht angehe, hinsichtlich von Waren, die aus der Schweiz nach Italien gelangen, schärfere Bedingungen zu stellen, als für Waren, die die Alliierten selber nach Italien liefern.
Die beiden Herren waren von meinen Einwendungen sichtlich beeindruckt. Sie Hessen deutlich durchblicken, dass sich Frankreich mit diesen neuen englischen Begehren nicht solidarisiere und diese eigentlich ebenfalls als verspätet und unbegründet betrachte. Man gibt uns den Rat, diese Forderungen nicht einfach abzulehnen, sondern wenn irgend möglich einen nicht sehr viel sagenden Gegenvorschlag zu machen, etwa in dem Sinne, die Schweiz sei damit einverstanden, dass solche Fragen in der «Commission mixte» behandelt werden und dort allfällige Wünsche der Alliierten bezüglich der beiden Punkte wohlwollend geprüft würden.
Was die noch bestehende Differenz bezüglich der Baumwollgewebe anbelangt, so ist darüber weder von französischer Seite noch von mir gesprochen worden. Frankreich stellt sich auf den Standpunkt, diese Frage sei zwischen der Schweiz und England endgültig zu erledigen. Man wird hier jeder Lösung zustimmen, die von England akzeptiert wird.
Unter diesen Umständen möchte ich empfehlen, dass sich die schweizerische Delegation unverzüglich mit dem englischen Handelsattaché in Bern in Verbindung setzt, um wenn möglich diese drei Fragen mit ihm direkt zu erledigen. Da meines Wissens heute abend die schweizerische Handelsdelegation wiederum nach London abreist, so dürfte wohl auch diese Gelegenheit haben, die Engländer zum Rückzuge zu bewegen. Jedenfalls betrachte ich meine Aufgabe hier als vorläufig erledigt und gewärtige gerne möglichst umgehenden Bericht über die erwähnten drei Punkte. Da seit einigen Tagen in allen Blockusfragen ein immer schärferer Wind weht und die Situation für uns nicht besser sondern schlechter werden dürfte, scheint mir allerdings Eile geboten.
Bei dieser Gelegenheit erlaube ich mir darauf aufmerksam zu machen, dass ich seit meinem letzten Bericht über meine Besprechungen mit dem Rüstungsminister Dautry3 betreffend französischer Metallieferungen an die Schweiz nichts mehr gehört habe. Ich wäre dankbar zu vernehmen, wie sich diese Lieferungen in der letzten Zeit gestaltet haben4 und welche Stellung man in der Schweiz heute in dieser Frage einnimmt. Gleichzeitig ersuche ich, nun schon zum fünften Male, Herrn Dautry, mir den in Aussicht gestellten Brief zukommen zu lassen.
- 1
- Lettre: E 7001 (B) 1/454. Annotation d’Obrecht en haut: An Herrn Péquignot: Ich gehe mit Herrn Minister Stucki auf ganzer Linie einig. Generalsekretariat oder Handelsabteilung in kürze in diesem Sinn eine Antwort vorlegen.↩
- 2
- Le 1er avril, Stucki avait expliqué le retard des discussions par une crise ministérielle et signalé des difficultés (de politique intérieure) sur la question du minerai de fer. Il espérait de ses interventions auprès de G. Monnet, Ministre du Blocus, L. Rollin, Ministre du Commerce et R. Dautry, Ministre de l’Armement, une décision favorable du cabinet de guerre.↩
- 3
- Cf. No 247.↩
- 4
- Cf. No 265.↩
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