Language: German
19.3.1940 (Tuesday)
CONSEIL FÉDÉRAL Procès-verbal de la séance du 19.3.1940
Minutes of the Federal Council (PVCF)
Le Conseil fédéral et le Général examinent ensemble le problème de la censure. Ils fixent quelques principes: neutralité intégrale de l’Etat; liberté de pensée et d’opinion; objectivité fondée de la presse et de la radio, évitant toute offense et toute passion.

Classement thématique série 1848–1945:
VI. AFFAIRES DE PRESSE, CENSURE, PROPAGANDE ET OPINION PUBLIQUE
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Printed in

Jean-François Bergier et al. (ed.)

Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 13, doc. 253

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Bern 1991

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Repository

dodis.ch/47010
CONSEIL FÉDÉRA L Procès-verbal de la séance du 19 mars 19401

452. Allgemeine militärische Fragen

Der Herr General erscheint in der Sitzung zur Besprechung einiger grundsätzlicher Fragen.

Herr Bundespräsident Pilet-Golaz begrüsst den General und führt u.a. aus, die allgemeinen Richtlinien für die Zensur seien vielleicht nicht überall gleich aufgefasst worden. Es sei indessen notwendig, dass alle Organe mitwirken, damit überall die gleiche Auffassung zur Geltung gelange. Auch die Frage der Propaganda sollte gemeinsam mit dem General besprochen werden. Die Stellung unseres Landes ist sehr schwierig und heikel. Auch ein Gedankenaustausch über die gegenwärtige internationale Lage erscheint uns wünschbar.

A. Der Herr General berichtet über die internationale militärische Lage, wie er sie auf Grund der ihm zur Verfügung stehenden Berichte und Meldungen sieht.

Hierauf äussern die einzelnen Mitglieder des Rates ihre Ansicht, wobei sie natürlich die politische und die wirtschaftliche internationale Lage beleuchten.

Herr Bundespräsident Pilet-Golaz entwickelt folgende Grundsätze, die seines Erachtens wegleitend sein müssen: Integrale Neutralität des Staates; Gedanken- und Meinungsfreiheit ohne jegliche Gleichschaltung, Freiheit, die in ihrer Betätigung vom schweizerischen Standpunkte durchdrungen ist und stets mit objektiver Würdigung dessen betätigt wird, was im Auslande vorgeht, wobei jegliche Beleidigung, jegliche Leidenschaft sowohl in der Presse als im Radio vermieden worden müssen; unbedingter Wille, die Freiheit des Landes unter allen Umständen zu verteidigen.

Der Rat und der Herr General schliessen sich diesen Ausführungen an.

B. Hierauf wird geprüft, ob die Zensur der Armee entzogen und der Zivilbehörde übertragen werden solle.

Der Rat ist grundsätzlich der Meinung, dass am gegenwärtigen Zustande nichts geändert werden solle und Presse und Radio bei der Armee zu verbleiben hätten.

Eine zweite Frage ist, wie eine bessere Koordination zwischen der Abteilung Presse und Funkspruch des Armeestabes und den Zivilstellen erreicht werden könnte. Dies kann in zweifacher Weise geschehen: erstens durch Aufstellung von Richtlinien, zweitens durch Mitwirkung von Zivilpersonen bei der Leitung von Presse und Funkspruch.

Der Vorsteher des Justiz- und Polizeidepartements teilt mit, es würden schon jetzt von der Armee zivile Stellen beigezogen, die allerdings eine mehr begutachtende und beratende Tätigkeit zu entfalten hätten und keine Entscheidungsbefugnis besässen. Dies habe bei der Presse Unzufriedenheit hervorgerufen. Es wird nun die Schaffung einer Kommission, bestehend aus 2 Offizieren, einem Pressevertreter und 2 Delegierten des Bundesrates, in Aussicht genommen. Wir müssen unterscheiden zwischen militärischen und politischen Interessen. Wo es sich um die militärischen Interessen handelt, ist es klar, dass das Militär das Übergewicht haben muss. Dies soll dadurch erreicht werden, dass die Offiziere in solchen Fragen ein Doppelstimmrecht besitzen. Bei politischen Fragen hingegen würde den Zivilpersonen das gleiche Stimmrecht eingeräumt, wie den Militärpersonen. Bei dieser Neuordnung würde eine Rekurskommission vorgesehen, an die auch die unterliegende Minderheit der Kommission rekurrieren könnte. Zusammenfassend beantragt daher Herr Bundesrat Baumann, es sei die Organisation bei der Armee zu belassen, hingegen eine gemischte Kommission im Sinne des soeben Gesagten zu schaffen.

Der Vorsteher des Departements des Innern hält dafür, dass die in Aussicht genommene Kommission mehr als nur 5 Mitglieder zählen sollte. An deren Spitze sollte eine ganz hervorragende Persönlichkeit gestellt werden, die allgemeines Vertrauen und Ansehen geniesst. Eine Zahl von 7 Mitgliedern wäre nicht zu hoch, wobei alle Regionen und alle Grundauffassungen vertreten sein müssten, denn durch eine solche Pressekommission müsse eine Vertrauensbasis geschaffen werden. Ein Rekursrecht für eine Minderheit der Kommission sollte nicht vorgesehen werden. Wichtig und wesentlich erscheint die Leitung der Abteilung sowie der Kurs den sie befolgen wird.

Der Vorsteher des Militärdepartements hätte eine genaue Ausscheidung vorgezogen, in dem Sinne, dass die zivile Zensur, d.h. die Kontrolle über politische Meldungen usw. dem Bundesrat überlassen worden wäre. Nun kann aber das nicht mehr geändert werden.

Der Herr General macht darauf aufmerksam, dass wir das einzige Land seien, welches die Zensur der Armee übertragen habe. Der vorgesehenen Neuordnung kann er sich anschliessen.

Herr Bundespräsident Pilet-Golaz stellt zusammenfassend fest, dass also die Sektion Presse und Funkspruch dort zu belassen wäre, wo sie sich gegenwärtig befindet. Doch müsste das politische, also zivile Element zahlreicher vertreten sein als bisher. Die Zahl der Mitglieder der Kommission - die sich auszusprechen hätte in wichtigen Angelegenheiten, sowie in Grundsatzfällen oder wo ein Präzedenzfall geschaffen würde, - würde im Minimum 7 betragen, wovon 2 Vertreter der Armee. Die verschiedenen Landesgegenden und die grossen Kulturkreise wären ebenfalls vertreten sowie auch die Presse. In militärischen Dingen würden bei Meinungsverschiedenheiten die militärischen Instanzen (z.B. der Leiter der Abteilung) endgültig entscheiden. In politischen Dingen würde die Kommission als Kollegium entscheiden, wobei ein Rekursrecht der Interessenten bestünde, jedoch nicht ein solches für die Mitglieder der Kommission als solche, oder für die Kommission selbst. Der Bundesrat behält von sich aus oder auf Antrag eines seiner Mitglieder die Befugnis, sich mit einer bestimmten Angelegenheit zu befassen und selbst einen Entscheid zu treffen, wenn die Wichtigkeit des Falles vom diplomatischen Standpunkte aus, oder mit Rücksicht auf die allgemeine Politik dies rechtfertigt. Redner bittet den Vorsteher des Justiz- und Polizeidepartements, den Entwurf zu einer Instruktion auszuarbeiten, der einer kleinen Kommission, bestehend aus den Vorstehern des Justiz- und Polizeidepartements, des Departements des Innern und des Politischen Departements vorzulegen wäre.

C. Was die für das Land selbst oder für das Ausland bestimmte Propaganda und nicht diejenige für die Armee allein anbelangt (Literatur, Presse, Theater, Filme, Radio, usw.), führt der Herr Bundespräsident ferner aus, so müsste diese in Händen der Regierung verbleiben und zwar am zweckmässigsten beim Departement des Innern.

Der Vorsteher des Departements des Innern ist ebenfalls der Meinung, dass die Propaganda am richtigsten seinem Departement übertragen würde, doch könne es sich nicht um ein eigentliches Propagandadepartement im üblichen Sinne des Wortes handeln2.

Der Herr General ist mit einer derartigen organisatorischen Regelung des Propagandawesens einverstanden, möchte aber wünschen, dass das Departement des Innern einen engen Kontakt mit der Armee und mit der Abteilung «Haus und Heer» pflege.

Der Vorsteher des Departements des Innern ist einverstanden, macht jedoch darauf aufmerksam, dass die Notwendigkeit eines solchen Kontaktes sich nur in Grenzfällen (Zivilpropaganda - Propaganda innerhalb der Armee) oder für deren Koordinierung ergeben dürfte.

1
E 1004.1 1/395. Etait absent: E. Wetter.
2
A ce sujet, cf. E 3800 1/55.