Classement thématique série 1848–1945:
IV. POLITIQUE ET ACTIVITÉS ÉCONOMIQUES
2. Ravitaillement de la Suisse en temps de guerre
2.2. L’économie de guerre
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 13, doc. 170
volume linkBern 1991
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2200.19-01#1000/1723#47* | |
Old classification | CH-BAR E 2200.19-01(-)1000/1723 8 | |
Dossier title | Accord de transit italo-suisse (1935–1940) | |
File reference archive | A.r.3 |
dodis.ch/46927
Vom 18.-22. September abhin haben in Rom die Verhandlungen über die Regelung des Durchgangsverkehrs durch Italien und andere Transportfragen stattgefunden 2.Ich habe die Ehre, Ihnen anmit Abschrift des Abkommens zu übermitteln3. Ich gestatte mir, hiezu folgendes zu bemerken.
1. Erleichterung des Transitverkehrs.
Die italienische Regierung verpflichtet sich, den Durchgangsverkehr nicht nur für Güter, sondern auch für Personen zu erleichtern und die Güter weder zu beschlagnahmen noch zu requirieren.
2. Güterwagen.
Mit Rücksicht auf die Knappheit an Wagen haben die italienischen Staatsbahnen und die schweizerischen Bundesbahnen gemeinsam Massnahmen zu treffen, um den Wagenumlauf nach Möglichkeit zu beschleunigen (Erstellung von Transportplänen, Einführung direkter Güterzüge).
Die Generaldirektion der S.B.B. wurde verständigt.
3. Auto-treni.
Für die Beförderung von flüssigen Brennstoffen für den Kanton Tessin wurde die Verwendung von Camions (Auto-treni) ins Auge gefasst. Aus devisentechnischen Gründen wurde italienischerseits verlangt, dass die Schweiz den hiefür nötigen Brennstoff liefert. Die Organisation dieser Transporte und der Abschluss von Verträgen mit italienischen Autounternehmungen ist Sache der schweizerischen Benzinimporteure, von denen sich während den Verhandlungen eine Vertretung in Rom befand. Diese wurde entsprechend verständigt.
4. Häfen.
Für den schweizerischen Verkehr werden die Häfen von Genua, Savona, Vado Ligure, Venedig und Trieste zur Verfügung gestellt. Die Häfen von Genua, Vado Ligure und Trieste sind namentlich für den Umschlag von flüssigen Brennstoffen wichtig, weil sich daselbst die nötigen Reservoirs befinden (siehe Ziffer 7).
5. Schiffsraum.
Italien hat von sich aus eine beliebige Menge Schiffsraum für die Dauer des Krieges angeboten und zugesichert, die gemieteten Schiffe nicht zu requirieren. Ich habe Prüfung der Miete von Schiffen mit einer Tragfähigkeit von etwa 30000 t. in Aussicht gestellt und gebeten, die Reeder möchten veranlasst werden, hiefür eine Offerte einzureichen. Die Frage, ob es angezeigt erscheint, ausser den griechischen Schiffen noch weitere Schiffe zu mieten, wird im Einvernehmen mit den beteiligten Stellen sofort geprüft. Die italienische Regierung ersuchte um baldige Antwort, weil sie auch von ändern Ländern um Abgabe von Schiffsraum angegangen worden sei.
6. Commissaire fédéral.
Die Stationierung eines schweizerischen Vertreters in Genua wurde nicht von allen italienischen Stellen gerne gesehen. Es ist mir aber gelungen, sie zu überzeugen, dass eine solche Vertretung im Interesse aller beteiligten Behörden und der Bahnkunden liege. Ich wies dabei auch darauf hin, dass man damit beim letzten Krieg sehr gute Erfahrungen gemacht, ferner dass Frankreich bereits seine Zustimmung zur Stationierung von schweizerischen Vertretern in gewissen Häfen erteilt habe. Dem Vorschlag wurde schliesslich bedingungslos zugestimmt.
Die wichtigsten, dem Commissaire fédéral zufallenden Aufgaben sind im Abkommen aufgeführt.
7. Flüssige Brennstoffe.
Für die Häfen von Genua, Vado Ligure und Trieste wurde die Benützung der für etwa 200000 t. flüssiger Brennstoffe, also für etwa die Hälfte des Gesamtbedarfs der Schweiz benötigten Reservoirs zugestanden. Die Angaben über die Bedürfnisse der Reservoirs sind von den schweizerischen Benzinfirmen im Einvernehmen mit ihren italienischen Geschäftsfreunden geliefert worden.
Die Benützer dieser Reservoirs müssen sich verpflichten, wie die italienischen Benzinimporteure, in den Reservoirs ständig eine Reserve von 30% ihres Fassungsvermögens zu halten.
Ich legte Wert darauf, dass zur Beruhigung der schweizerischen Importeure im Abkommen eine Bestimmung aufgenommen wurde, wonach im Falle, dass über diese Reserve durch die zuständige italienische Behörde verfügt wird, Bezahlung erfolgt. Diesem Wunsche wurde nur ungern entsprochen mit der Begründung, dass dies selbstverständlich sei.
Eine Verpflichtung zur Stellung von Tankschiffen wurde italienischerseits nicht übernommen. Immerhin wird gegen die Verwendung solcher, sofern sie verfügbar sind, keine Einwendung erhoben. Bahneigene Kesselwagen werden zur Verfügung gestellt, soweit solche verfügbar sind. Gegen die Abgabe von Kesselwagen, die Privaten gehören, wird nichts eingewendet, wenn diese überschüssige Wagen haben.
8. Einverleibung des Abkommens in die Wirtschaftsvereinbarung zwischen Italien und der Schweiz.
Der Vorsitzende der Konferenz, Herr Senator Giannini, erklärte gleich zu Beginn der Verhandlungen, er wünsche, dass das Transportabkommen in die italienisch-schweizerische Wirtschaftsvereinbarung einbezogen werde. Aus diesem Grunde wurde italienischerseits mit Nachdruck auf die Aufnahme der Ziffer 8 des beiliegenden Abkommens gedrungen.
9. Adressierung der über Italien eingeführten Transporte.
a) Auf meine am ersten Sitzungstage gestellte Frage, ob für die Durchfuhr der für die Schweiz bestimmten Güter durch Italien besondere Formalitäten zu erfüllen seien, antwortete der italienische Generalzolldirektor, dass solche Sendungen vom Ausgangspunkt aus direkt an den Empfänger in der Schweiz adressiert sein müssen. Transporte, die an die Adresse eines italienischen Vertreters oder Spediteurs eintreffen (Connaissement par ordre), würden wie Güter italienischer Provenienz behandelt, d.h. sie würden nationalisiert. Dieser Bestimmung kommt eine ausserordentlich grosse Bedeutung zu. Ich veranlasste deshalb von Rom aus unverzüglich, dass sie den Interessenten mittels Zirkular bekannt gegeben wurde.
b) Ich stellte hierauf die weitere Frage, wie es mit den Gütern gehalten werde, die wohl direkt an einen schweizerischen Empfänger adressiert sind, aber aus irgend einem Grunde in einem Magazin, Silo, Reservoir usw. vorübergehend eingelagert werden müssten, wie dies beispielsweise beim Getreide, bei flüssigen Brennstoffen usw. nötig sei. Darauf wurde erklärt, dieser Punkt müsse noch geprüft werden. An der am 22. September abgehaltenen letzten Sitzung teilte der Generalzolldirektor mit, dass die Prüfung noch nicht abgeschlossen sei, eine Antwort werde aber so bald als möglich gegeben. Ich vertrat natürlich nachhaltig den Standpunkt, dass die Güter erwähnter Art wie die direkt an den Empfänger in der Schweiz adressierten Güter, die ohne Aufenthalt weitergeleitet werden können, behandelt werden sollten.
10. Kontrolle der Güter.
Im Anschluss an die Erörterungen über die unter Ziffer 9 behandelte Frage führte Herr Senator Giannini aus, die direkte Adressierung sei auch nötig wegen den englischen Forderungen (prétentions), wonach die normalen Bedürfnisse jedes Landes begrenzt werden wollen. Er habe, soweit Italien in Frage komme, hiegegen protestiert und geltend gemacht, es sei sehr schwer, die Bedürfnisse des Königreichs, das seit den Sanktionen unter seinem normalen Bedarf lebe, festzustellen. Er lege Wert darauf, uns von den englischen Ansprüchen Kenntnis zu geben, damit wir wüssten, dass wir die Lage Italiens nicht erschweren sollen.
Frankreich und England stellten übrigens noch ein weiteres Begehren, nämlich dass über die Verwertung der einem ändern Lande übergebenen Transitgüter Kontrolle geführt werde. Herr Giannini habe hiegegen protestiert und gesagt, Italien sei kein Gendarme und könne nicht kontrollieren, was z. B. mit schwedischem Stahl, der von Jugoslavien durch Italien eingeführt werde, geschehe. Er schloss seine interessanten Ausführungen mit den Worten: «Nous refuserons le contrôle, mais vous, défendez-vous aussi!» Schlussbemerkungen.
Die Verhandlungen mit Italien haben ein sehr günstiges Ergebnis gezeitigt. Durch den Umstand, dass uns die obgenannten italienischen Häfen zur Verfügung gestellt werden, kommt das mit der Landesversorgung eng verknüpfte Transportproblem in ein neues Stadium. Wir sind von der schweren Sorge befreit, dass uns nur ein einziger Leitungsweg zur Verfügung gestanden wäre, nachdem uns die Leitung überseeischer Güter über die belgischen Häfen und von da über deutsche Wege bei den letzten Verhandlungen in Paris durch die französische und die englische Regierung abgelehnt worden war.
Der Hafen von Genua, über den beim letzten Krieg nahezu 1/3 der Güter überseeischer Provenienz für die Schweiz eingeführt wurden, ist seither bedeutend vergrössert und dementsprechend leistungsfähiger geworden. Gegenwärtig hat er einen Tagesverkehr von nur etwa 800 Wagen. Er könnte einen um ein mehrfaches grössern Verkehr bewältigen. Die Maximalleistung soll etwa 2800 Wagen betragen haben. Es ist unter diesen Umständen verständlich, dass die italienische Regierung darnach trachtet, Verkehr heranzuziehen. Ausser für die flüssigen Brennstoffe sind für die Leitung der Gütermengen über die italienischen Häfen keine Grenzen festgesetzt worden. Es könnten gegebenenfalls auch noch grössere Mengen als wie sie vorgesehen wurden über Italien geleitet werden. Wichtig ist nun, dass die Organisation der Abfuhr der Güter ab den Häfen und die Zufuhr des Leermaterials zweckmässig organisiert wird. Es besteht kein Zweifel, dass dies geschehen wird.