Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 13, doc. 150
volume linkBern 1991
more… |▼▶Repository
Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E27#1000/721#14335* | |
Old classification | CH-BAR E 27(-)1000/721 3435 | |
Dossier title | Berichte über Besprechungen mit deutschen und französischen Militärattachés u.a. betr. die militärischen Gefahren für die Schweiz und die militärische Bereitschaft der Schweiz (1939–1939) | |
File reference archive | 06.H.4.d.8.a.1 |
dodis.ch/46907
BESPRECHUNG VOM 2. SEPTEMBER UM 16.15 UHR MIT COMMANDANT SIMÉON, MILITÄRATTACHE BEI DER FRANZÖSISCHEN BOTSCHAFT.
Commandant Siméon kam auf Veranlassung von Herrn Oberstlt. Masson zu mir in einer Angelegenheit, über die er schon früher mit mir gesprochen hatte2. Es handelt sich darum, dass Frankreich eventuell in der Schweiz Aufträge für die Lieferung von Zünderbestandteilen placieren möchte und zwar in den Uhrenfabriken im Jura. Er möchte gern wissen, ob solche Lieferungen gestattet würden. Ich habe ihm früher schon mitgeteilt, dass im Prinzip die Sache nicht unmöglich scheine, vorausgesetzt, dass keine Kollision mit unseren eigenen Bedürfnissen entstehe, dass aber die ganze Angelegenheit in erster Linie eine politische sei.
Die eingangs erwähnte Besprechung ergab noch folgendes:
Es kommen eine Anzahl Firmen in Frage, die auch bei Grossbetrieb nicht in sehr grossem Mass für uns beschäftigt sein werden. Die Firmen sind: Perrenoud, Le Locle; Omega, Biel; Marvin, La Chaux-de-Fonds und Tavannes Watch in Tavannes.
Ich habe ausdrücklich erwähnt, dass nach meiner Auffassung die Aufträge bei dieser Firma möglich seien, mit dem Vorbehalt, dass Aufträge, die für uns notwendig sind, den Vorrang erhalten, hauptsächlich auch hinsichtlich der Arbeitskräfte.
Im fernem müssen wir als Voraussetzung annehmen, dass von seiner Regierung den Firmen das Rohmaterial zur Verfügung gestellt werde.
Gleichzeitig sollten wir aber Zusicherungen erhalten, dass Lieferungen, die entweder aus Frankreich für uns bestimmt sind oder im Transit durch Frankreich geführt werden müssen, anstandslos zu uns kommen. Gegenwärtig ist z. B. eine Lieferung von Spruceholz für Flugzeugbau hängig und eine grössere Lieferung Kupfer, die für die Metallwerke Dörnach in Antwerpen liegt.
Zum Schluss erwähnte ich die Angelegenheit der Lieferungen von Waffen nach Frankreich, im besondern die Frage der Lieferung der 20 mm Oerlikon-Kanone. Ich habe ihm dargelegt, dass es unbedingt notwendig sei, zu einem gewissen Modus vivendi zu kommen, denn es sei für uns unerlässlich, dass wir zum mindesten einen Teil der Produktion im konkreten Fall von Oerlikon für uns beanspruchen können. Die Angelegenheit ziehe aber noch weitere Kreise, denn es seien Firmen vorhanden, die für Auslandaufträge so stark beschäftigt seien, dass sie sich ausserstande erklären, Aufträge für uns zu übernehmen, Aufträge die wir unbedingt placieren müssen und nur bei diesen Firmen placieren können. Im konkreten Fall handelt es sich um Lieferungen der Schweiz. Industriegesellschaft Neuhausen, die aber, soviel wir bis heute orientiert sind, weniger mit französischen als englischen Bestellungen kollidieren.
Commandant Siméon teilte mir ferner mit, dass der französische Botschafter mit Herrn Bundesrat Motta über den rein politischen Teil der Angelegenheit gesprochen habe3. Er glaubt, dass sich hier ein Modus vivendi finden lasse.
Ich habe ihm ferner mitgeteilt, dass ich voraussichtlich nächsten Montag oder Dienstag mit Industriellen eine Besprechung habe bezüglich der Schwierigkeiten, Lieferungen zu placieren und dass ich nachher mich mit ihm in Verbindung setzen werde, um zu prüfen, wie man eine Vereinbarung betreffend die Waffenausfuhr resp. Nichtausfuhr treffen könnte.
Ich hatte den Eindruck, dass Commandant Siméon die Sachlage gut begriffen hat und dass er als Kompensation für Lieferungen von Zünderteilen sich einsetzen werde, eine Lösung zu finden. Er bemerkte dabei, man sei in Frankreich jetzt eben im Begriff, mit der Ausrüstung bei der Truppe mit leichten Flab-Waffen zu beginnen und daher lege man so grossen Wert auf die Lieferungen. Seine Regierung ist also momentan genau in der gleichen Lage wie wir.