Classement thématique série 1848–1945:
II. RELATIONS BILATÉRALES
A. AVEC LES ÉTATS LIMITROPHES
1. Allemagne
1.2. Affaires économiques.
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 13, doc. 116
volume linkBern 1991
more… |▼▶Repository
Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001D#1000/1551#7152* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(D)1000/1551 250 | |
Dossier title | Anwendung des Verrechnungsabkommens mit Deutschland, III (1938–1939) | |
File reference archive | C.44.11.1 • Additional component: Deutschland |
dodis.ch/46873
Ihrem an die Nationalbank gerichteten Wunsche entsprechend hat der Unterzeichnete in Vertretung des Politischen Departements als Mitglied der schweizerischen Delegation auch an den nun in Bern zu Ende geführten Verhandlungen teilgenommen. Da jedoch auch ein Sektionschef Ihres Departements, Herr Fürsprech Kohli, speziell den Sitzungen der Finanzunterkommissionen beiwohnte und somit, was die Behandlung der Finanzprobleme anbetrifft, laufend orientiert war, dürften Sie über das Ergebnis wohl bereits unterrichtet worden sein. Ich darf mich daher auf einige wenige Bemerkungen beschränken3.
1. Es handelte sich bei diesen Verhandlungen in der Hauptsache um eine Sanierung des Clearingverkehrs mit Deutschland, die notwendig geworden war im Hinblick auf das bedrohliche Anwachsen der Rückstände im Warenverkehr (Guthaben für schweizerischen Warenexport), die Ende Juni den Betrag von Fr. 60 Millionen bereits überschritten hatten. Diese Situation ist in der Hauptsache daraus entstanden, dass der schweizerische Export im Verhältnis zum Import aus Deutschland während längerer Zeit in zu grossem Umfang erfolgte. Es bestehen allerdings für die einzelnen Exportkategorien bestimmte Wertgrenzen und es werden die für jede Ausfuhr erforderlichen sogenannten Clearingcertifikate den Exporteuren nur im Rahmen dieser Wertgrenzen ausgehändigt. Diese Wertgrenzen wurden nun aber zur Zeit des Abkommens vom Juni 19374 festgesetzt und zwar auf der damaligen Basis von durchschnittlich 32 1/2 Millionen Fr. Einzahlungen in der Schweiz; sie blieben in der Folge bestehen, obwohl die Einzahlungen in der Schweiz seither zeitweise ganz erheblich zurückgegangen sind und beispielsweise in den ersten 4 Monaten dieses Jahres noch wenig mehr als 28 Millionen monatsdurchschnittlich erreichten, im Jahre 1938 mehrmals sogar nur 25-26 Millionen. Daraus ergab sich dann diese bedauerliche Störung des Gleichgewichts im Clearing bzw. die erwähnten Rückstände, zu deren Tilgung nun geschritten werden muss. Zu diesem Zwecke wird allmonatlich ein Teil der Einzahlungen in der Schweiz zu Tilgungszwecken verwendet, sodass für die Abwicklung des sogenannten laufenden Geschäftes entsprechend weniger Einzahlungsvolumen zur Verfügung stehen wird, was eine entsprechende Reduktion der bezüglichen Zuteilungsquoten bedingt.
Man einigte sich auf eine neue Ausgangsbasis von 28,3 Mill. Fr. monatlicher Einzahlungen in der Schweiz sowie ferner dahin, dass die Tilgung der Rückstände zu Lasten der die Basis von 28,3 überschreitenden Mehreinzahlungen zu gehen habe. Die neue Aufteilung der in der Schweiz zur Einzahlung gelangenden Beträge geschieht nun unter dem neuen Abkommen wie folgt:
Einzahlungen in der Schweiz:
Fr. 28,3 Millionen Dieser auf das Warenkonto entfallende Anteil soll nun ausschliesslich zur Tilgung Verwendung finden, bis die Rückstände auf den Betrag von 40 bzw. 30 Millionen zurückgeführt sind, worauf das Ausmass der Tilgung etwas reduziert wird.
[...]5
2. Der Transfersatz für die Finanzforderungen. Gemäss dem Ende vorigen Monats abgelaufenen Abkommen vom 30. Juni 19386 wurden bekanntlich die Ansprüche für Erträgnisse aus schweizerischen Kapitalforderungen gegenüber Deutschland mit einem Bartransfer von 3 lU unter gänzlichem Verzicht auf die Differenz zwischen diesem Satz und den vertraglichen Zinsansprüchen, abgegolten. Der schweizerische Gläubiger hatte sich somit mit diesem in bar zur Ausschüttung gelangenden Satz von 3 1/4% abzufinden, obwohl der deutsche Schuldner die von ihm vertraglich geschuldeten Leistungen nach wie vor in vollem Umfang bei der Deutschen Konversionskasse einzuzahlen hat. (Während die obgenannte Differenz unter früheren Abkommen dem schweizerischen Gläubiger zur teilweisen oder gänzlichen Verwendung in Deutschland in bestimmter Form (wie beispielsweise Fundingbonds, Reichsmarkanweisungen, usw.) zur Verfügung gestellt wurde, nimmt seit Inkrafttreten des Abkommens vom 30. Juni 1938 das Reich diese Differenzbeträge vollständig für sich in Anspruch, allerdings in der Meinung, dass sie zur Ausrichtung von sogen. Exportförderungszuschüssen für die Warenausfuhr nach der Schweiz Verwendung finden sollen; eine Kontrollmöglichkeit besteht jedoch schweizerischerseits diesbezüglich nicht.) Das Total dieser dem Reich zufallenden Differenzbeträge, auf die der schweizerische Gläubiger verzichten muss, belief sich in der Zeit vom 1.7.38 bis 31.3.39 (also in 10 Monaten) auf rund 22 Millionen Franken.
Die Dotierung des Transferfonds mit 15 % der Einzahlungen (nach Vorwegnahme der 2,8 Mill. für den Reiseverkehr) ermöglicht bei einigermassen normalem weitern Verlauf des Verrechnungsverkehrs die Ausschüttung eines Bar-Transfersatzes an die Finanzgläubiger von 23Ai% (statt bisher 3 X U %); es ist jedoch vorgesehen, gegen Ende d[iese]s i[ahre]s mit der deutschen Seite die dannzumalige Situation des Transferfonds zu überprüfen um festzustellen, ob event, für die Fälligkeiten der zweiten Hälfte des Vertragsjahres (1. Jan.-30. Juni 1940) der Transfersatz auf 3% erhöht werden kann. Würden die Einzahlungen in der Schweiz sich weiter auf dem in den beiden letzten Monaten erreichten Niveau von ungefähr 32-33 Mill. halten, so sollte eine solche Erhöhung des Transfersatzes auf 3% möglich sein.
Die schweizerischen Kapitalanlagen in Deutschland, soweit deren Erträgnisse zulasten des Transferfonds zu überweisen sind, belaufen sich z[ur\ Z[eit\ noch auf ca. 2,1 Milliarden Franken. Die abermalige Reduktion des als Abgeltung ausgerichteten Bar-Transfersatzes um l/2°/o kommt vom Gesichtspunkt des Ertrages einer weitern Entwertung dieses Kapitals um rund 325 Millionen Fr. gleich.
3. Bezüglich der Heimschaffung der sogen[annten\ Rückwanderer-Vermögen konnte die bisherige Regelung in der Hauptsache auch für die neue Vertragsperiode, d.h. bis Ende Juli 1940 erreicht werden.
4. In Sachen Erbschaftsclearing erhielten wir zuerst in der Finanz-Unterkommission eine Absage, wo der deutsche Vertreter die ihm entgegengehaltene, letztes Jahr zwischen dem Reich und U.S.A. getroffene Sonderregelung vorerst in Abrede stellte und, nach Vorlage der bezüglichen amerikanischen Publikation, sich dann den Anschein geben wollte, als hätte er von einer solchen Abmachung keine Kenntnis gehabt. Nachdem er sich im übrigen ablehnend verhielt, wurde die Angelegenheit dann noch in einer Konferenz zwischen den beiden Delegationschefs und ihren Hauptmitarbeitern offiziell vorgebracht, worauf jedoch eine kategorische Absage erfolgte. Nachdem man deutscherseits der Schweiz eine Lösung verweigert, wie sie einem ändern Staate glatt zugebilligt wurde, wird sich das Reich nicht beklagen können, wenn man nun schweizerischerseits zu einer autonomen Regelung dieses Problems schreiten sollte, was sehr zu begrüssen wäre.
5. In der sogenannten Bussenfrage hielten die Deutschen ebenfalls strikte an ihrer Auffassung und bisherigen Praxis fest. Bekanntlich verlangen die deutschen Polizei- und Gerichtsbehörden von in Deutschland wegen Devisenvergehen inhaftierten oder zu Gefangenschaft verurteilten Schweizern (wie offenbar von allen übrigen Ausländern) die Zahlung der ihnen auferlegten Bussen, Gefängniskosten, usw., in freien Devisen. Auch stellt man ihnen gelegentlich eine Milderung der Strafe bzw. eine frühere Haftentlassung in Aussicht, wenn sie Devisen zur Zahlung der meist kräftig bemessenen Bussen, usw., sofort beibringen. Die Leute versuchen dann, aus der Schweiz Devisen kommen zu lassen, während die Schweiz. Verrechnungsstelle auf Grund der Generalklausel im Verrechnungsabkommen sich auf den Standpunkt stellen muss, dass die Überweisung solcher Bussen, etc., auf dem Wege der Einzahlung ins Clearing zu erfolgen hat, welcher Auffassung sich aber die deutsche Verhandlungsdelegation widersetzte und die Überweisung in freien Devisen postulierte. Da eine Einigung in diesen divergierenden Standpunkten nicht zu erzielen war, so bleibt es beim bisherigen Zustand und man wird schweizerischerseits weiterhin darauf bestehen, dass solche Bussen-Überweisungen auf dem Clearingwege erfolgen.
6. Eine heikle Angelegenheit spielte bei verschiedenen Gelegenheiten die sogen[annte]Arierfrage, wo die Deutschen unerbittlich sind7. Man suchte die Angelegenheit auch schweizerischerseits mit aller Behutsamkeit nach Möglichkeit zu umgehen und beschränkte sich in der Hauptsache auf die Wahrung unseres grundsätzlichen Standpunktes, dass wir im Gesamt-Vertrags werk nur eine Sorte von Schweizerbürgern kennen und eine unterschiedliche Behandlung aus Rassen- oder Religionsgründen grundsätzlich nicht anerkennen können. Zweifellos werden in der Folge in diesem Punkte bei der Durchführung des Verrechnungsabkommens noch vermehrte Schwierigkeiten zu gewärtigen sein.
- 1
- Sur l’organisation interne de la Banque nationale, cf. No 49 note 1. Le premier département est principalement chargé de faire des études et de donner son avis sur les questions intéressant la politique monétaire et la politique de la banque d’émission, de traiter les affaires que la loi fédérale de 1934 sur les banques et les caisses d’épargne attribue à la Banque nationale, de s’occuper des statistiques, des questions juridiques.↩
- 2
- Lettre: E 2001 (D) 1/250.↩
- 3
- Cf. No s 80, 91 et 114, ainsi que E 1004.1 1/384, No 806, E 1004.1 1/385, No 991.↩
- 4
- Cf. RO, 1937, vol. 53, pp. 665 ss.↩
- 5
- Für die Tabelle vgl. dodis.ch/46873. Pour le tableau, cf. dodis.ch/46873. For the table, cf. dodis.ch/46873. Per la tabella, cf. dodis.ch/46873.↩
- 6
- Cf. RO, 1938, vol. 54, pp. 353 ss.↩
- 7
- Sur les conséquences des mesures antisémites sur les relations financières; cf. aussi la lettre du 4 mars 1939 du Directeur de la Schweizerische Lebensversicherungs- und Rentenanstalt,H. König, à J. Hotz(E 7110/1967/32/900 -Deutschland/7 et E 2001 (D) 1/226).↩