dodis.ch/46853
Le Ministre de Suisse à
Paris,
W. Stucki, au Directeur de la Division du Commerce du Département de l’Economie publique,
J. Hotz1
Lieber Herr Doktor,
Wie Sie wissen, habe ich durch das hiesige Propagandakomitee, die schweizerische Handelskammer in Paris und die schweizerischen Konsulate in Frankreich schon seit Wochen in der französischen Presse ein «Trommelfeuer» organisiert und durchgeführt zwecks Vorbereitung eines ernsthaften und intensiven Vorstosses zur Verbesserung unserer Handelsbeziehungen mit Frankreich2. Ich habe letzte Woche von der Handelsabteilung auch das vollständige Material erhalten, das mir dazu notwendig erscheint.
Im gleichen Augenblick lese ich aber in schweizerischen Zeitungen mit einiger Überraschung, dass der Bundesrat den französischen Handelsminister Gentin auf den 19. Juni zu einem offiziellen Besuch nach Bern eingeladen hat. Es erscheint mir nun als kaum angängig, dass ich unmittelbar vor diesem Besuch bei Herrn Gentin den beabsichtigten Angriff, eventuell mit Drohung der Kündigung der Handelsvertrages, unternehme. Man kann doch nicht wohl einen französischen Handelsminister sehr stark unter Druck setzen im Moment, da man ihn offiziell zu einem Besuche bei der eigenen Regierung einlädt. Bei dieser Sachlage ist es wohl besser, wenn die Attacke direkt von den Mitgliedern des Bundesrates und namentlich vom Chef des Volkswirtschaftsdepartements aus bei Herrn Gentin geritten wird. Allerdings setzt dies eine sorgfältige Vorbereitung voraus. Ich brauche kaum zu betonen, dass die zukünftigen Schritte der Gesandtschaft zur vollständigen Ergebnislosigkeit verurteilt würden, wenn Herr Gentin in Bern den Eindruck bekäme, der Bundesrat messe diesem Problem eigentlich keine sehr grosse Bedeutung bei und es handle sich nur um den «bösen und unangenehmen» schweizerischen Gesandten in Paris. Sie wissen, dass seit langem der französische Botschafter und namentlich sein Handelsattaché die hiesigen massgebenden Kreise in dieser Richtung orientieren. Diese Kreise, namentlich der Sohn des Botschafters, sind unseres Pressefeldzuges wegen ausserordentlich nervös geworden. Der Gedanke ist ziemlich naheliegend, dass von ihnen aus dieser Besuch des Herrn Gentin in Bern angetrieben wurde, um auf diese Weise den vorgesehenen Angriff der Gesandtschaft nicht unelegant zu parieren.
Ich muss es Ihnen überlassen, ob Sie diesen Brief Herrn Bundesrat Obrecht vorlegen wollen. Jedenfalls interessiert es mich sehr zu vernehmen, wie das Departement die Angelegenheit beurteilt3.