Classement thématique série 1848–1945:
IV. POLITIQUE ET ACTIVITÉS ÉCONOMIQUES
1. Situation générale, principes et neutralité économique
1.1. Situation économique générale
Pubblicato in
Documenti Diplomatici Svizzeri, vol. 13, doc. 61
volume linkBern 1991
Dettagli… |▼▶Collocazione
Archivio | Archivio federale svizzero, Berna | |
▼ ▶ Segnatura | CH-BAR#E6100A-17#1000/1917#12* | |
Vecchia segnatura | CH-BAR E 6100(A)-17/1000/1917 1 | |
Titolo dossier | Währungspolitik (Dossier Nr. 1117) (1936–1939) | |
Riferimento archivio | F.01-33 |
dodis.ch/46818
Das Direktorium hat kürzlich Anlass genommen, die Frage zu prüfen, wie weit unsere Wirtschaft durch die jüngsten politischen Vorgänge in Mitteleuropa in Mitleidenschaft gezogen wird und welche Rückwirkungen valutapolitischer Natur allenfalls damit verbunden sein könnten.
Die Bedeutung des ehemaligen tschechoslowakischen Staatsgebietes für unsere Wirtschaft ergibt sich in erster Linie aus den wechselseitigen regen Handelsbeziehungen.
[...]3
Diese Tabelle zeigt, dass der schweizerische Aussenhandel mit der Tschechoslowakei sich in den letzten Jahren vor der politischen Krise in rasch aufsteigender Richtung entwickelt hat. So ist der Export zwischen 1935 und 1937 um mehr als das Doppelte in die Höhe gegangen. Im letzten Normaljahr 1937 machte die Ausfuhr nach der Tschechoslowakei, die unter den Exportländern an sechster Stelle rangierte, beinahe die Hälfte des schweizerischen Exportes nach den U.S.A. aus und überstieg den Export nach Belgienbez[iehungs]wfeisej Holland um ein Wesentliches. Er war beinahe so gross wie der zusammengerechnete Export nach den drei skandinavischen Ländern und um einige Millionen höher als der gesamte Export nach Ungarn, Jugoslavien, Griechenland, Bulgarien, Rumänien und nach der Türkei zusammengerechnet.
Die Schweiz verliert in der Tschechoslowakei nicht nur einen ausgezeichneten Kunden, sondern mit der Eingliederung dieses Staates in das deutsche Wirtschaftsgebiet, wobei wohl damit gerechnet werden muss, dass die Slowakei mit der Zeit dem deutschen Zollgebiet einverleibt wird, ist ein weiteres Land aus der Reihe der clearingfreien Staaten zu streichen. Die Gliederung des Exportes nach verschiedenen Ländergruppen zeigte 1938 folgendes Bild:
[...]4
Mit der Überführung der Tschechoslowakei in die Gruppe der Clearingländer würde die Gliederung des Exportes, unter Zugrundelegung der Ausfuhr nach der Tschechoslowakei des Jahres 1937 als dem letzten Normaljahr vor der Krise, wie folgt aussehen:
[...]5
[...]6
Die Einverleibung der Tschechoslowakei in das deutsch Wirtschaftsgebiet bringt für die Gliederung der schweizerischen Ausfuhr nach clearingfreien und clearinggebundenen Ländern eine deutliche Verschlechterung. Wird darauf abgestellt, dass die Schweiz 1937 nach der Tschechoslowakei für 52,5 Millionen Franken Waren geliefert hat, so würde sich der prozentuale Anteil der Clearingländer am gesamten schweizerischen Export von 30,83 auf 34,82% erhöhen, während der Anteil der Gruppe der Goldwährungsländer einschliesslich Dollarblock von 17,89 auf 13,90% zurückgehen würde. Der Export nach den Ländern mit Clearingregelung und nach Ländern mit schwankender Währung (Pfundblock) macht von der gesamten schweizerischen Ausfuhr rund 76% aus, wovon etwa 35 % auf Clearingländer und 41 % auf Länder mit schwankenden Währungen entfallen.
Vom gesamten Export nach Clearingländern in der Höhe von 458 Millionen Franken (die Tschechoslowakei zum Exportbetrag des Jahres 1937 dazu gerechnet) würden 1938 total 289,2 Millionen Franken oder 63% auf Grossdeutschland entfallen.
Der Anteil Grossdeutschlands am schweizerischen Export erhöht sich im Zuge der Eingliederung der Tschechoslowakei von 17,9 auf 21,9%. Freilich wird sich der Export nach Deutschland nicht auf dieser Position halten können, denn es ist wahrscheinlich damit zu rechnen, dass die Aufnahmefähigkeit des ehemaligen tschechoslowakischen Staatsgebietes für schweizerische Waren wesentlich zurückgehen wird. Schon die im letzten Herbst verkleinerte Tschechoslowakei war nicht mehr imstande, im gleichen Verhältnis wie früher schweizerische Produkte zu kaufen. Der tschechoslowakische Wirtschaftsverkehr war nach der Abtretung des Sudetenlandes schon derart stark vom Deutschen Reich mit Beschlag belegt worden, dass im internationalen Handelsverkehr auf andere Staaten immer weniger ab fiel.
Wie diese Zahlen darzulegen vermögen, treten die wirtschaftlichen Nachteile des Untergangs der freien Tschechoslowakei in verschiedener Gestalt in Erscheinung. Zunächst ist festzustellen, dass die schweizerische Exportindustrie den endgültigen Verlust eines Teils des ehemaligen Absatzgebietes in der Tschechoslowakei zu beklagen haben wird. Es dürfte ihr nicht leicht fallen, dafür in ändern Ländern Ersatz zu finden. Zu diesem Verlust tritt hinzu, dass es für den verbleibenden Handel fortan keine clearingfreie Zahlungsregelung mehr geben wird. Ob wir wollen oder nicht, wird durch die Unterstellung des schweizerischen Aussenhandels mit den ehemaligen Gebieten der Tschechoslowakei unter das Clearingsregime unsere wirtschaftliche Position abermals stärker mit den transfergebundenen Ländern verknüpft; m/i\t] änderen] W[orten], wenn wir unseren Export nach den angegliederten Gebieten Grossdeutschlands nur einigermassen auf einem unseren wirtschaftlichen Notwendigkeiten entsprechenden Stand halten wollen, sind wir gezwungen, unsere Importe aus Grossdeutschland zu erhöhen, gleichgültig, ob die Tschechei in der künftigen Zahlungsregelung dem deutschen Clearingverkehr untergeordnet wird oder ob, wie wir vernehmen, beabsichtigt ist, das genannte Land zum Gegenstand einer separaten Clearingregelung zu machen7. In diesem Sinne wird ein Teil unserer Wirtschaft durch den Zwang der Geschehnisse in ein verstärktes Abhängigkeitsverhältnis zu den Clearingstaaten gedrängt.
Endlich ergeben sich aus den wirtschaftspolitischen Verschiebungen in Mitteleuropa für unsere Währungslage bestimmte Rückwirkungen. Die Exportmöglichkeiten nach den Clearingländern sind weitgehend eine Funktion des Importes, den wir aus diesen Ländern tätigen, â[as]h[eisstj wir können nur soweit und solange exportieren, als unsere Wirtschaft in der Lage ist, die Produkte der Clearingländer aufzunehmen. Jede Verminderung des Importes wirkt sich exporthemmend aus. Die nach den Clearingländern und insbesondere nach Grossdeutschland orientierte Exportindustrie hat deshalb ein vitales Interesse daran, dass der Clearing- bQ[ziehungs]w[eise Markkurs einen möglichst tiefen Stand innehält. Jede Steigerung des Verrechnungskurses ist gleichbedeutend mit einer Beeinträchtigung des Exportes.
Wohl liegt das Übergewicht im Export noch auf der Seite der Länder mit freier Wirtschaft und ungehindertem internationalem Zahlungsverkehr. Doch hat anderseits der Anteil der Clearingländer an der schweizerischen Ausfuhr nicht unbeträchtliche Ausmasse angenommen. Mit Rücksicht darauf, dass vom gesamten schweizerischen Export nunmehr 22 % nach Grossdeutschland (einschliesslich Tschechoslowakei und rund 7 % nach Italien gehen (dazu weiter c/zrc/a 6% nach ändern Ländern), ist es für einen wesentlichen Teil der schweizerischen Wirtschaft nicht gleichgültig, ob die Clearingkurse steigen oder fallen. Für die Valutapolitik unseres Landes ergeben sich deshalb aus der Regelung des Handelsverkehrs auf dem Verrechnungswege gewisse Bindungen, indem eine und dieselbe währungspolitische Massnahme je nach der Orientierung nach dem einen oder ändern Staatenblock einem Teil der Exportwirtschaft zum Vorteil und dem ändern Teil zum Nachteil gereicht. Eine einseitige Orientierung unserer Valutapolitik zum Beispiel nach dem Pfundblock im Sinne einer Anpassung unserer Währung an das Pfund hätte vom Standpunkt des Exportes aus gesehen neben den Vorzügen auch beträchtliche wirtschaftliche Ausfälle zur Folge. Die Erleichterung, die der schweizerische Export nach den Ländern freier Währung oder des Dollarblocks aus einer weiteren Abwertung des Frankens gewinnen würde, müsste nicht nur mit einer Verschlechterung des Exportes nach den Clearingländern, sondern auch mit einer abermaligen Benachteiligung der schweizerischen Finanzgläubiger erkauft werden.
Der Umstand, dass die Clearingregelung im internationalen Zahlungsverkehr die Autonomie der Notenbank auf währungspolitischem Gebiet schwächt, gibt dem Direktorium zwingend Anlass, die handelspolitische Entwicklung mit aller Aufmerksamkeit zu verfolgen. Wir glaubten, die Gelegenheit wahrnehmen zu dürfen, Sie auf die damit verbundenen Schwierigkeiten und Gefahren aufmerksam zu machen. Wir sind mit dem Bankausschuss, in dessen Schoss die aufgeworfenen Frage ebenfalls eine einlässliche Behandlung erfahren hat, der Auffassung, dass das Bestreben unserer Wirtschaftspolitik dahin gerichtet sein sollte, den Handel mit Ländern mir freier Wirtschaftsordnung und freiem Zahlungsverkehr nach Möglichkeit zu fördern, um auf diese Weise einer stärkeren Verquickung unserer Wirtschaft mir derjenigen der grossen Clearingstaaten entgegenzuwirken und eine gewisse Lockerung unserer Handelsbeziehungen mit diesen Ländern in die Wege leiten zu können.
- 2
- Lettre: E 6100 (A) 17/1117.↩
- 3
- Für die Tabelle vgl. dodis.ch/46818. Pour le tableau, cf. dodis.ch/46818. For the table, cf. dodis.ch/46818. Per la tabella, cf. dodis.ch/46818.↩
- 4
- Für die Tabelle vgl. dodis.ch/46818. Pour le tableau, cf. dodis.ch/46818. For the table, cf. dodis.ch/46818. Per la tabella, cf. dodis.ch/46818.↩
- 5
- Für die Tabelle vgl. dodis.ch/46818. Pour le tableau, cf. dodis.ch/46818. For the table, cf. dodis.ch/46818. Per la tabella, cf. dodis.ch/46818.↩
- 6
- Für die Tabelle vgl. dodis.ch/46818. Pour le tableau, cf. dodis.ch/46818. For the table, cf. dodis.ch/46818. Per la tabella, cf. dodis.ch/46818.↩
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