Lingua: tedesco
7.10.1938 (venerdì)
CONSEIL FÉDÉRAL Procès-verbal de la séance du 7.10.1938
Verbale del Consiglio federale (PVCF)
Le Journal des Nations est rédigé presqu’exclusivement par des étrangers. Son antifascisme, sa dépendance de l’étranger, les précédents a Prato et Natoli. Décision d’interdire sa parution pour trois mois pour avoir qualifié les Chefs de Gouvernements réunis à Munich de «Club des charcutiers».
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Pubblicato in

Oscar Gauye (ed.)

Documenti Diplomatici Svizzeri, vol. 12, doc. 420

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Bern 1994

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Collocazione

dodis.ch/46680
CONSEIL FÉDÉRAL
Procès-verbal de la séance du 7 octobre 19381

1687. «Journal des Nations». Erscheinungsverbot

In Genf erscheint in einem Umfang von 6-8 Seiten die Tageszeitung «Journal des Nations». Das Blatt hat sich seit jeher durch seine einseitige antifascistische Einstellung bemerkbar gemacht, und die eidg. Behörden hatten sich wegen der kontinuierlichen Hetze gegen Deutschland und insbesondere gegen Italien mehrfach mit dieser Zeitung und ihren Redaktoren (Fälle A Prato und Natoli) zu befassen. Für die Schreibweise des Blattes ist charakteristisch das beleidigende Heruntermachen des Gegners in teilweise äusserst scharfen Artikeln.

Das «Journal des Nations» ist, wie die Untersuchung in den Angelegenheiten A Prato und Natoli schon gezeigt haben, ein ausgesprochen ausländisches Presseerzeugnis, dessen Besonderheit darin liegt, die Ideen der Volksfront zu propagieren, d. h. in Verbindung mit dem Kommunismus alles zu bekämpfen, was im weitesten Sinne fascistisch heisst, und in diesem Kampfe keinerlei Rücksichten auf die internationalen Beziehungen des Gastlandes, der Schweiz, zu nehmen.

Als Beweis für die Abhängigkeit vom Auslande sei lediglich auf folgende Tatsachen hingewiesen: Die Zeitung erhielt im Dezember des Jahres 1936 durch Vermittlung ihres Mitarbeiters A Prato vom spanischen Konsul Rivas Cheriff in Genf Fr. 10000.– und im Januar 1937 durch Vermittlung des Journalisten Natoli von derselben Stelle nochmals Fr. 3000.–. Die Redaktoren scheinen zur Hauptsache antifascistisch eingestellte Ausländer zu sein, und die Leser sollen sich, wie anlässlich der letzten Sitzung der Konsultativen Pressekommission der über die Genfer und insbesondere Völkerbundsverhältnisse wohl orientierte Präsident Chapuisat erklärte, beinahe ausschliesslich aus Ausländern rekrutieren.

Die beleidigende Schreibweise des «Journal des Nations» und dessen ausgesprochen tendenziöse Einstellung hat schon zu vielfachen Demarchen der betroffenen Regierungen beim eidg. Politischen Departement geführt. Die Bundesanwaltschaft hat insbesondere Kenntnis von Schritten der Italienischen Gesandtschaft im April 1937, der Ungarischen Gesandschaft im Mai 1937 und der Deutschen Gesandtschaft im September desselben Jahres.

Die Haltung des Blattes führte seinerzeit dazu, dass das Justiz- und Polizeidepartement des Kantons Genf am 23. Dezember 1936 die Toleranzbewilligung eines Mitarbeiters des «Journal des Nations», des Journalisten A Prato, widerrief; die Ausdehnungsverfügung der eidg. Fremdenpolizei wurde am 1. März 1937 in einem Rekursentscheid2 durch das eidg. Justiz- und Polizeidepartement geschützt.

Im Oktober desselben Jahres sah sich die Bundesanwaltschaft gezwungen, gegen einen weitern Mitarbeiter des «Journal des Nations» namens Natoli, der gleichzeitig auch Leiter der von der spanischen Regierung abhängigen Agentur «Informations d’Espagne» war, die Einreisesperre zu verhängen. Veranlassung dazu gab der Umstand, dass Natoli in Nr. 1836 vom 22. September 1937 zwei besonders beleidigende Stellen einer bereits in Nr. 1832 vom 17. Sept. 1937 veröffentlichten Rede des spanischen Ministerpräsidenten Negrin nochmals publizierte. Die Stellen lauten folgendermassen:

«Messieurs, lorsque le complot cuisiné par le Signor Mussolini et Herr Hitler éclata chez nous, avec l’aide de quelques naïfs insensés, détournés par ces esprits sataniques, le gouvernement de l’Espagne était un gouvernement républicain modéré, dans lequel ne se trouvaient ni socialistes, ni communistes.»

«...L’Espagne est et veut être un pays démocratique. Elle abomine toute espèce de dictature, si contraire à son esprit et c’est là que son gouvernement puise sa plus grande force. Comme suite à cette légende, on déverse sur nous les pires injures. Singulière ironie! Cela se fait par celui qui a banni, maltraité, torturé, fait tuer les meilleurs de ses propres compatriotes pour des motifs raciaux, religieux, politiques ou autres. Pour celui qui a reproduit en agrandissant une nouvelle Saint-Barthélémy, et cette nuit-là même a survolé son pays pour exécuter personnellement, pistolet en main, son ami intime. Nous, les hommes qui régissons les destinées de l’Espagne, nous ne nous sommes jamais souillé les mains...»III.

Die Konsultative Pressekommission hat sich auch schon mehrfach mit dem «Journal des Nations» befasst. In den oben erwähnten Fällen der italienischen und ungarischen Demarchen bestand keine Veranlassung zu besondern Massnahmen, dagegen sah die Kommission in dem zuletzt zitierten Fall, der zweifellos eine äusserst schwere Presseausschreitung darstellt, nur deshalb von einer eigentlichen Massnahme ab, weil in der Zwischenzeit der verantwortliche Journalist Natoli wegen der gegen ihn geführten Untersuchung ins Ausland geflohen und gegen ihn die Einreisesperre verhängt worden war.

Nun hat das «Journal des Nations» am 30. September 1938 unter dem Titel «Ni répit ni guerre ne sont synonymes de paix» neuerdings einen Artikel publiziert, der für die Regierungschefs, welche in München zusammengekommen waren, eine schwere Beleidigung enthält. Es wird nämlich mit Bezug auf die Münchener Konferenz der letzten Woche folgende Wendung gebraucht, die als besonders schwere Ausschreitung im Sinne des BRB vom 26. März 19343 zu betrachten ist:

«Huits points et deux annexes ont été signés vers minuit au club des charcutiers.»

In der Sitzung der Konsultativen Pressekommission vom 3. Oktober 1938 stellte das eidg. Politische Departement, das durch Herrn Bundesrat Motta vertreten war, den Antrag, es sei das «Journal des Nations» auf bestimmte Zeit zu suspendieren; als Zeitdauer wurden 6 Monate genannt. Die Konsultative Pressekommission schloss sich mehrheitlich diesem Antrag an, was der Präsident der genannten Kommission gleichen Tages dem Bundespräsidenten zu Händen des Bundesrates schriftlich mitteilte. Über die Zeitdauer und die rechtliche Begründung der Einstellung sprach sich die Kommission nicht näher aus, wies aber auf die Vorgänge A Prato und Natoli hin, sowie auf die Tatsache, dass es sich beim «Journal des Nations» um ein ausländisches Presseerzeugnis handelt, das das Gastrecht in der Schweiz missbraucht.IV.

In Rechtlicher Beziehung ist zwar zu berücksichtigen, dass einem Erscheinungsverbot gemäss Ziff. 1 des BRB vom 26. März 1934 eine Verwarnung des betr. Presseorganes vorauszugehen hat. Eine derartige ausdrückliche Verwarnung des «Journal des Nations» ist nun zwar bisher nicht erfolgt. Dagegen lässt sich zweifellos die Auffassung vertreten, der Widerruf der an A Prato erteilten Toleranzbewilligung und die Verhängung der Einreisesperre gegen Natoli - beides Mitarbeiter des «Journal des Nations» - sowie die gegen diese Personen geführten Untersuchungen und die an ihre Adresse gerichteten Verwarnungen seien auch als Verwarnung des «Journal des Nations» anzusehen.

Eine nähere Prüfung dieser Frage erübrigt sich indessen, weil gemäss BV Art. 102, Ziff. 8 & 94 dem Bundesrat die Wahrung der völkerrechtlichen Beziehungen sowie der äussern Sicherheit und der Neutralität der Eidgenossenschaft obliegt. Bei der Durchführung dieser Aufgabe ist er auch ermächtigt, die im Innern dazu nötigen Massnahmen zu treffen (Komm. Burckhardt, 3.Aufl., S. 739), wozu auch das Erscheinungsverbot einer Zeitung gehört, welche die guten Beziehungen der Schweiz zum Ausland nachgewiesenermassen gefährdet hat.

Was die Dauer des Erscheinungsverbotes betrifft, so scheint in Anbetracht des Umstandes, dass es sich um eine Tageszeitung handelt, sowie um eine sehr schwerwiegende Massnahme, die in den letzten Jahren nicht ausgesprochen werden musste, eine Zeitdauer von 3 Monaten für angemessen.

Aus diesen Gründen stellt das Justiz- & Polizeidepartement gestützt auf Art. 102, Ziff. 8 & 9 der Bundesverfassung, sowie Ziff. 1 des BRB vom 26. März 1934 betr. Massnahmen gegen Presseausschreitungen den Antrag und der Rat beschliesst:

1.) Das Erscheinen und der Vertrieb der in Genf herausgegebenen Tageszeitung «Journal des Nations» sowie eines jeden Ersatzblattes wird für die Dauer von 3 Monaten verboten.

2.) Die Bundesanwaltschaft wird mit dem Vollzug dieses Beschlusses beauftragt.

1
E 1004.1 1/378. Etait absent: M. Pilet-Golaz.
2
Cf. No 26, note 4.
3
Cf. FF, 1934, I, p. 867.
4
Cf. RO, 1876, vol. I, p. 29.