Language: German
6.5.1938 (Friday)
CONSEIL FÉDÉRAL Procès-verbal de la séance du 6.5.1938
Minutes of the Federal Council (PVCF)
Décision de confisquer la brochure d’Humbert-Droz Werbezentrale für Spanien ? - Zum Spanienprozess vor Divisionsgericht VI: cette brochure est de la propagande communiste, elle invite à soutenir les Brigades internationales.
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Printed in

Oscar Gauye (ed.)

Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 12, doc. 290

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Bern 1994

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dodis.ch/46550
CONSEIL FÉDÉRAL
Procès-verbal de la séance du 6 mai 19381

780. Einziehung der Broschüre «Werbezentrale für Spanien»

I. In der zweiten Hälfte des Monats April 1938 erschien im Verlag «Freie Schweiz», Zürich, eine vom Sekretär der Kommunistischen Partei der Schweiz, Jules Humbert-Droz, verfasste Broschüre mit dem Titel «Werbezentrale für Spanien? - Zum Spanienprozess vor Divisionsgericht VI»2. Diese Druckschrift, welche nach einer Mitteilung in der kommunistischen Zeitung «Freiheit» zum Verkauf in der «Dreiecksbuchhandlung» in Basel und der «Stauffacherbuchhandlung» in Zürich auflag, wurde der Bundesanwaltschaft auf Verlangen vom Polizeikommando des Kantons Zürich zugesandt. Nach einer der Bundesanwaltschaft aus Neuenburg zugegangenen Mitteilung, wurde dort die Broschüre unter dem Titel «Au service de l’étranger?» vertrieben.

Die Prüfung des Inhaltes ergab, dass es sich um eine kommunistische Werbeschrift handelt. Sie schliesst mit einem Aufruf zum Beitritt zur kommunistischen Partei und einer Aufforderung zum Abonnement der kommunistischen Zeitung «Freiheit». Die Schrift enthält eine grosse Zahl von unwahren und verleumderischen Behauptungen. Der Bundesrat wird als Feind des Schweizervolkes bezeichnet; ihm und insbesondere dem Vorsteher des Politischen Departementes wird vorgeworfen, im Interesse des Auslandes die Neutralität und die Sicherheit der Schweiz zu gefährden und damit die Aufforderung verbunden, diese Behörde und Herrn Motta davonzujagen. Dem Divisionsgericht VI wird offensichtliche Parteilichkeit und offene Feindseligkeit gegen die Angeklagten vorgeworfen; von der Militärjustiz wird behauptet, dass sie die Wehrkraft des Landes schwäche und daran die Losung geknüpft: «Fort mit der Militärjustiz, diesem Organ der Reaktion».

Dem Sinne nach wird weiterhin gesagt, dass Oberstdivisionär Constam nicht nach dem nationalen Spanien zu reisen3 brauchte, um zu lernen, wie «man die Zivilbevölkerung mit Maschinengewehren zusammenschiesst und mordet», denn «die schweizerischen fascistischen Offiziere haben am 9. November 1932 in Genf bewiesen, dass sie sich mit den Offizieren Francos messen und die Prüfung ehrenvoll bestehen konnten»4. Der Bundesanwaltschaft wird vorgeworfen, den gerichtspolizeilichen Ermittlungsakten Dokumente entwendet oder ihnen gefälschte unterschoben zu haben. Die Vorgänge in Spanien werden als «Verbrechen Hitlers und Mussolinis» bezeichnet und vom heutigen deutschen Gesandten wird gesagt, seine Anwesenheit in Bern sei beunruhigend, weil er - als früherer Generalkonsul in Barcelona - aktiven Anteil an den Vorbereitungen zum Aufstand in Spanien nahm.

Endlich fordert die Broschüre das Volk zur «Unterstützung des Kampfes der Internationalen Brigaden» auf.

Die Bundesanwaltschaft verfügte, gestützt auf Art. 1, Abs. 2, der BRB betr. Massnahmen gegen die kommunistischen Umtriebe in der Schweiz vom 3. November 19365 und Art. 4 des BRB betr. Massnahmen zur Durchführung des Verbotes der Teilnahme an den Feindseligkeiten in Spanien vom 25. August 19366, die Beschlagnahme dieser kommunistischen Werbeschrift.

Mit Schreiben vom 21. April 19387 an das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement protestiert der Verfasser Humbert-Droz gegen die Beschlagnahme seiner Broschüre; er stellt eine formelle Beschwerde in Aussicht und kündigt an, die Angelegenheit allfällig im Nationalrat zur Sprache bringen zu wollen. Er und sein Anwalt, Nationalrat Johannes Huber in St. Gallen, stellen folgende Begehren: 1) Zustellung der Verfügung der Bundesanwaltschaft im Wortlaut; 2) Angabe der beanstandeten Stellen in der Broschüre; 3) Mitteilung ob die Druckschrift bei Weglassung dieser Stellen freigegeben würde. Auf Ziff. 1 und 2 wurde Nationalrat J. Huber vom Bundesanwalt entsprechend geantwortet; auf Ziff. 3 bezugnehmend mit dem Bemerken, dass es zufolge der zahlreichen beanstandeten Stellen unmöglich scheine, die Schrift in bereinigter Form herauszugeben. In einer mündlichen Unterredung mit dem Bundesanwalt ersuchte er, es mit der Verwarnung seines Klienten Humbert-Droz bewenden zu lassen.

II. Art. 1, Abs. 2, des Beschlusses gegen die kommunistischen Umtriebe beauftragt die Bundesanwaltschaft, u.a. in der Schweiz herausgegebene kommunistische Druckschriften, die die innere oder äussere Sicherheit des Landes oder die öffentliche Ruhe und Ordnung gefährden, zu beschlagnahmen. Desgleichen ermächtigt Ziff. 2 des BRB vom 26. März 19348 betr. Ausschreitungen der Presse zur Beschlagnahme von Druckschriften, die geeignet sind, die guten Beziehungen der Schweiz zu ändern Staaten zu gefährden. Über die Einziehung hat der Bundesrat zu beschliessen.

Es handelt sich im vorliegenden Falle um eine kommunistische Werbeschrift. Die Bezeichnung des Bundesrates als Feind des Schweizervolkes, die Behauptung, er oder Herr Bundesrat Motta gefährden die Neutralität und Sicherheit des Landes, die masslosen Angriffe auf die Militärjustiz und auf Armeeführer, die verleumderische Behauptung, die Bundesanwaltschaft und ihre Polizeiorgane unterschlage oder unterschiebe Akten, bezwecken, diese Behörden und Personen im Volke verhasst zu machen und ihnen das entgegengebrachte Vertrauen zu untergraben. Daran knüpft sich noch die Aufforderung, den Bundesrat oder eines seiner Mitglieder davonzujagen. Die kommunistische Hetzschrift ist demnach geeignet, die innere Sicherheit des Landes oder die öffentliche Ruhe und Ordnung zu gefährden.

Der Angriff auf fremde Regierungschefs und die Verdächtigung eines diplomatischen Vertreters sind weiterhin geeignet, die guten Beziehungen zu ändern Staaten und damit auch die äussere Sicherheit des Landes zu gefährden.

Des weitern bestimmt Art. 4 des Spanienbeschlusses, dass Druckschriften, die zur Widerhandlung gegen das Verbot der Teilnahme an den Feindseligkeiten in Spanien anreizen, zu beschlagnahmen sind. Über die Einziehung befindet der Bundesrat. Eine solche Anreizung ist in der Aufforderung zur Unterstützung des Kampfes der Internationalen Brigaden zu erblicken.

Die Beschlagnahmung der Broschüre auf Weisung der Bundesanwaltschaft ist somit in vollem Umfang zu Recht erfolgt. Eine blosse Verwarnung des Verfassers kommt angesichts der Schwere des Falles nicht in Betracht und würde übrigens die die Sicherheit des Landes gefährdende Verbreitung der Hetzschrift nicht hindern. In der heutigen Zeit, in der sich das ganze Volk zur Aufrechterhaltung der Neutralität bekennt, die Kräfte zur Behauptung unserer Unabhängigkeit sammelt und dafür grosse Opfer bringt, können derartige Umtriebe, welche die Sicherheit des Landes und die öffentliche Ruhe und Ordnung gefährden, nicht geduldet werden, und der Bundesrat hat die verfassungsmässige Pflicht, sie zu verhindern.

Gestützt auf Art. 102, Ziff. 8, 9 und 109 der Bundesverfassung, Art. 1, Abs. 2 des BRB gegen die kommunistischen Umtriebe vom 3. November 1936, Art. 4 des BRB betr. Massnahmen zur Durchführung des Verbotes der Teilnahme an den Feindseligkeiten in Spanien vom 25. August 1936 und Ziff. 2 des BRB vom 26. März 1934 betr. Ausschreitungen der Presse beantragt daher das Justiz- und Polizeidepartement und der Rat beschliesst:

1) Die von Jules Humbert-Droz verfasste Broschüre «Werbezentrale für Spanien?» in deutscher - und «Au service de l’étranger?» in französischer Ausgabe ist einzuziehen.

2) Die Bundesanwaltschaft wird mit dem Vollzug beauftragt.

3) Nach Massgabe des vorgelegten Entwurfes ist ein amtliches Communiqué10 zu veröffentlichen.

1
E 1004.1 1/373. Etait absent: R. Minger.
2
Procès en justice militaire intenté à dix personnalités communistes, dont Jules Humbert-Droz, accusées notamment d’avoir mis sur pied une organisation illégale de recrutement pour l’Espagne républicaine. Le jugement a été rendu le 21 mars 1938.
3
Sur la mission Constam, cf. E 27, Archiv-Nr. 12591.
4
Allusion à l’opération de maintien de l’ordre par l’armée à Genève, au cours de laquelle celle-ci ouvrit le feu sur la foule tuant 13 personnes.
5
Cf. RO, 1936, vol. 52, p. 843.
6
Cf. RO, 1936, vol. 52, p. 669.
7
Non retrouvée.
8
Cf. FF, 1934, I, p. 867.
9
Cf. RO, 1876, vol. 1, p. 29.
10
Ne figure pas au procès-verbal.