Classement thématique série 1848–1945:
I. LA SUISSE ET LA SOCIÉTÉ DES NATIONS
I.1 LE RETOUR DE LA SUISSE À LA NEUTRALITÉ INTÉGRALE
Pubblicato in
Documenti Diplomatici Svizzeri, vol. 12, doc. 288
volume linkBern 1994
Dettagli… |▼▶Collocazione
Archivio | Archivio federale svizzero, Berna | |
Segnatura | CH-BAR#E2001D#1000/1554#7* | |
Titolo dossier | Mémorandum sur la neutralité de la Suisse au sein de la S.d.N. (1938–1938) | |
Riferimento archivio | E.12.20.a |
dodis.ch/46548 Le Ministre de Suisse à Paris, W. Stucki, au Chef du Département politique, G. Motta1
Nach Empfang Ihres Schreibens vom 4. ds. Mts.2 habe ich mich sofort bemüht, sowohl die Frage nach dem englischen Entwurf zu einer Resolution über die schweizerische Neutralitätsfrage abzuklären, als auch die französische Regierung zu veranlassen, an den mir gemachten Erklärungen, dem schweizerischen Memorandum ohne Bedingungen und Vorbehalte zustimmen zu wollen, festzuhalten.
Entgegen den meinem Kollegen in London zuerst abgegebenen Erklärungen besteht in der Tat ein englischer Vorentwurf zu Händen des Völkerbundsrates. Das einzige Exemplar in englischer Sprache hat Herr Arnal, der bereits gestern nach Genf abgereist ist, mitgenommen. Ich konnte den Text somit nicht erhalten.
Die Stellungnahme der französischen Regierung zum englischen Entwurf scheint etwa folgende zu sein: Wir selbst waren anfänglich der bestimmten Ansicht, dass anlässlich der Debatte über die Schweizerangelegenheit gewisse Fragen, die mit dem Sitz der S.D.N. Zusammenhängen, abgeklärt werden sollten. Wir haben unter dem Eindruck der schweizerischen Vorstellungen darauf verzichtet, diese Fragen selber in Genf aufzuwerfen oder durch das Sekretariat in Genf aufwerfen zu lassen. Wenn aber die englische Regierung unsere eigenen Gedanken aufnimmt, so fällt es uns schwer, uns dagegen aufzulehnen.
Mit Rücksicht auf die Bedeutung der Angelegenheit, versuchte ich gestern sofort entweder Herrn Léger oder Herrn Massigli neuerdings zu sprechen. Beide waren leider nicht erreichbar, letzterer wegen Abwesenheit von Paris. Ich hatte dann eine lange Besprechung mit dem Sous-Directeur politique, Herrn Minister Charvériat. Ich setzte ihm neuerdings auseinander, dass:
a. die Schweiz bezüglich ihrer Neutralität unter keinen Umständen zu einem «marchandage» Hand bieten könne,
b. eine gleichzeitige Verhandlung über die Neutralitätsfrage und gewisse Fragen des Völkerbundssitzes schon deshalb unmöglich sei, weil wir heute, einige Tage vor Beginn der Ratssession nicht einmal wüssten, welche Fragen überhaupt aufgeworfen werden sollten,
c. wenn gewisse Fragen des Sitzes nach Ansicht gewisser Leute besser abgeklärt, bezw. geregelt werden sollten, dies mit dem Gegenstand unseres Memorandums nichts zu tun habe. Diese Fragen seien jedenfalls unabhängig davon, ob die Schweiz theoretisch verpflichtet sei, sich an wirtschaftlichen Sanktionen zu beteiligen oder nicht. Solche Fragen könnten höchstens in Zusammenhang gebracht werden mit der militärischen Neutralität, die für uns vor und nach dem 9. Mai 1938 unverändert ist. Wir könnten deshalb nicht einsehen und nicht zulassen, dass solche Fragen in Zusammenhang mit unserem jetzt hängigen Begehren gebracht würden.
d. Was die gelegentlich angedeutete Frage nach der militärischen Vorbereitung eines Völkerbundskrieges in Genf anbelange, so sei meines Erachtens der Text der Londoner Erklärung deutlich genug und zwar im negativen Sinne.
e. Dass wir weder von Frankreich noch vom Völkerbundsrat irgendein Geschenk verlangen, sondern ein Begehren Vorbringen, welches im Interesse Frankreichs, des Völkerbundes und Europas liege.
Herr Charvériat stimmte meinen Ausführungen im allgemeinen durchaus zu und versprach mir, sowohl Herrn Léger wie Herrn Bonnet unverzüglich davon Kenntnis zu geben.
In meiner Besprechung mit dem Aussenminister hatte ich noch nicht die Möglichkeit, den englischen Entwurf im Detail zur Sprache zu bringen, da er mir überhaupt nicht und ihm offenkundig nur ganz flüchtig bekannt war. Herr Bonnet, der mich überaus freundschaftlich empfing, erklärte lediglich, die französische Regierung sei überzeugt von der Richtigkeit des schweizerischen Standpunktes und werde ihm in Genf keine Schwierigkeiten bereiten.
Nach meinen zahlreichen hier über die Neutralitätsfrage geführten Besprechungen, habe ich die vollendete Überzeugung, dass unser Standpunkt in Genf voll zum Durchbruch gebracht werden kann und dass man auf irgendwelche Bedingungen und Reserven betreffend Völkerbundssitz verzichtet, wenn man sich überzeugt, dass die Schweiz nicht nachgeben will und kann.