Language: German
6.4.1937 (Tuesday)
CONSEIL FÉDÉRAL Procès-verbal de la séance du 6.4.1937
Minutes of the Federal Council (PVCF)
Décision du Conseil fédéral d'accorder à un représentant des exportateurs de marchandises suisses vers l'URSS la garantie à l'exportation pour un coningent donné de livraisons futures. Examen de la requête, propositions des DFEP et DFFD, conditions de l'octroi

Classement thématique série 1848–1945:
II. LES RELATION BILATÉRALES ET LA VIE DES ÉTATS
II.27 UNION SOVIÉTIQUE
How to cite: Copy

Printed in

Oscar Gauye (ed.)

Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 12, doc. 54

volume link

Bern 1994

more… |
How to cite: Copy
Cover of DDS, 12

Repository

dodis.ch/46314
CONSEIL FÉDÉRAL
Procès-verbal de la séance du 6 avril 19371

594. Staatliche Risikogarantie für Lieferungen nach Russland

I. Herr Nationalrat F. Wüthrich in Zürich hat mit Schreiben vom 11. November 19362 das Gesuch um Gewährung einer staatlichen Risikogarantie für Lieferungen nach Russland gestellt. Es würde sich dabei nicht um schon jetzt abgeschlossene bestimmte Aufträge, sondern um eine grundsätzliche Garantieleistung für künftige Geschäfte handeln. Der Gesuchsteller, der mit gewissen am Warenverkehr Russland/Schweiz beteiligten Kreisen in Verbindung steht, glaubt, dass, sofern der Bund grundsätzlich eine Risikogarantie übernehmen würde, in erheblichem Umfange Geschäfte mit Russland getätigt werden könnten. Nach der Auffassung des Gesuchstellers würde die Transaktion auf folgender Grundlage beruhen:

1. Der Umfang des Geschäftes sollte den Betrag von 20 Millionen Franken erreichen und später eventuell auf 30-50 Millionen erhöht werden (vgl. Ziff. 5).

2. Für den angegebenen Betrag soll durch ein Bankensyndikat ein Kredit eröffnet werden, welcher zur Bezahlung der russischen Bezüge in der Schweiz zu dienen hätte. Herr Direktor Jaberg von der Schweizerischen Bankgesellschaft soll sich grundsätzlich bereit erklärt haben, die Führung eines derartigen Bankensyndikates zu übernehmen.

3. Die Russen stellen die Bedingung, die schweizerischen Lieferfirmen selbst auswählen und mit diesen direkte Verhandlungen führen zu dürfen. Das Syndikat müsste jedoch über den Gang der Verhandlungen orientiert werden und ihm das Genehmigungsrecht abgeschlossener Bestellungen Vorbehalten bleiben.

4. Was die Zahlungen betrifft, so wären gewisse Zahlungstermine vorzusehen, welche festgesetzt werden könnten auf 1/3 zahlbar bei Bestellung, 1/3 bei Versandbereitschaft und 1/3 bei Ablieferung bezw. nach Montage der betreffenden Objekte. Der jeweils fällige Drittel würde honoriert durch russische Akzepte zu 1/3 mit Verfall nach zehn Monaten, 1/3 nach 20 Monaten und 1/3 nach 30 Monaten. Als Zins würden 5% beansprucht und auf den Akzeptbetrag zugeschlagen. Ausserdem müsste eine angemessene Risikomarge einkalkuliert werden, welche von den Lieferfirmen zur Speisung eines Risikofondes an das Syndikat abzuführen wäre.

Das Bankensyndikat hätte die Akzepte zu honorieren, wobei diese ausgerüstet wären mit einer 80%igen Bundesgarantie, einer 10%igen Kantonsgarantie und einem 10%igen Selbstbehalt der Lieferfirmen.

5. Bei Verfall der Wechsel und entsprechender Einlösung hätten die Russen das Recht, für den Gegenwert neue Bestellungen aufzugeben, also wiederum den ganzen bewilligten Kreditbetrag von 20 Millionen Franken auszunützen. Es würde sich somit um einen «revolving Credit» handeln, dessen Dauer auf drei Jahre festgesetzt würde. Vom zweiten Jahre an würde der Kredit auf 30 Millionen Franken erhöht. Es wäre somit möglich, dass die letzten Wechsel nach 51/2 Jahren zum Verfall kämen. Da aber wegen der ständigen Wiedereinlösung von Wechseln bei neuen Bestellungen ein Umschlag des Kredites durchschnittlich nach 20 Monaten erfolgen würde, so könnte das ganze Geschäft für die Schweiz während der Gesamtdauer von drei Jahren Bestellungen im Betrage von 50-60 Millionen Franken bringen.

6. Den Garanten (Bund und Kantonen) wäre inbezug auf die Frage, ob die Wechsel im Portefeuille des Syndikates bleiben, bei der Nationalbank rediskontiert oder à forfait verkauft werden sollen, ein entscheidender Einfluss einzuräumen. Es müsste daher ein Vertrauensmann des Bundes Sitz und Stimme im Syndikat haben mit dem Rechte, den Verkauf der Wechsel à forfait zu verlangen, wobei ein sich ergebender Verlust aus dem Risikofonds zu decken wäre.

7. Die Mittelsleute des Geschäftes verlangen eine Provision, die in üblicher Höhe (Maximum 1 %) gewährt werden müsste. Der Gesuchsteller selber beansprucht für seine Mühe keinerlei Provision, sondern beim Zustandekommen des Geschäftes nur Rückerstattung seiner Spesen durch das Syndikat und das Mitgliedsrecht in diesem.

8. Die in Frage stehenden Transaktionen wären ausserhalb des schweizerisch-russischen Kompensationsabkommens durchzuführen, so dass also die Einfuhr aus Russland keine entsprechende Erhöhung zu erfahren brauchte, und es den russischen Gegenkontrahenten überlassen bliebe, die nötigen Devisen für die Einlösung der fällig werdenden Wechsel auf andere Weise zu beschaffen.

II. Es handelt sich hier um eine Transaktion, welche nach gewissen Richtungen hin über den Rahmen der bestehenden Vorschriften betreffend Export-Risikogarantie hinausgeht, und zwar namentlich deshalb, weil die einzelnen Lieferungen und Exporteure nicht zum vornherein feststehen. Will man indessen das Geschäft durch staatliche Unterstützung ermöglichen, so kann dies einzig in Form der Export-Risikogarantie im Sinne des Bundesbeschlusses über die Förderung der Warenausfuhr vom 8. Oktober 1936 geschehen, da eine andere Grundlage nicht vorhanden ist.

Das Volkswirtschaftsdepartement hat deshalb das in Frage stehende Gesuch der in der Verordnung über Export-Risikogarantie vorgesehenen Kommission unterbreitet, welche die Angelegenheit in ihrer Sitzung vom 10. Dezember 1936 geprüft hat. Die Kommission ist zum Schlüsse gekommen, dass es sich rechtfertige, einen Versuch im Sinne der Vorschläge von Herrn Nationalrat Wüthrich zu unternehmen, und sie befürwortet demgemäss die grundsätzliche Zusicherung einer Risikogarantie, jedoch mit der Einschränkung, dass diese vorläufig nur für einen Lieferungskredit von höchstens 10 Millionen Franken zu gewähren sei und zwar in der Höhe von 70% eines allfällig eintretenden Verlustes, so dass die Garantie im Maximum 7 Millionen Franken ausmachen würde. Ferner müsste die Regelung im einzelnen Falle und insbesondere auch das Mitspracherecht des Bundes vor Abschluss des Geschäftes Vorbehalten werden. Schliesslich wäre die Risikogarantie zeitlich zu befristen in dem Sinne, dass die Bewilligung nur erteilt wird für den Fall, dass die Transaktion innert drei Monaten zustande kommt.

Das Volkswirtschaftsdepartement schliesst sich diesem Antrage der Kommission an. Es wäre zweifellos sehr zu begrüssen, wenn unsere Exportindustrie in erheblichem Umfange zusätzliche Aufträge hereinnehmen könnte. Im vorliegenden Falle wird dies nur möglich sein mit staatlicher Unterstützung in Form der Export-Risikogarantie. Das Departement hält dafür, dass das vom Staate zu tragende Risiko in einem angemessenen Verhältnis zu dem aus der vermehrten Arbeitsbeschaffung sich ergebenden Vorteilen steht und daher verantwortet werden kann. Es würde sich ausschliesslich um Exportaufträge der Produktionsgüterindustrie handeln (Art. 1 des Bundesbeschlusses über die Förderung der Warenausfuhr).

III. Gemäss Art. 10, Abs. 2, der Verordnung über Exportrisikogarantie vom 24. November 1936 sind Gesuche von grundsätzlicher Tragweite und solche, denen aus ändern Gründen eine besondere Bedeutung zukommt, dem Bundesrate zum Entscheid vorzulegen. Diese Voraussetzungen treffen hier zu, und das Volkswirtschaftsdepartement unterbreitet daher dem Bundesrate die Angelegenheit und stellt gleichzeitig folgenden Antrag:

Es sei dem Gesuche des Herrn Wüthrich in dem Sinne zu entsprechen, dass der Bund grundsätzlich für die in Frage stehenden Lieferungen nach Russland bis zum Höchstbetrage von 10 Millionen Franken eine Risikogarantie von höchstens 70% des allfällig eintretenden Verlustes übernimmt, unter folgenden Bedingungen:

a. Die Transaktion muss spätestens bis zum 31. März 1937 zustande kommen, wobei die Regelung im Einzelnen der Genehmigung des eidg. Volkswirtschaftsdepartementes unterliegt;

b. dem Bunde ist im Bankensyndikat eine Vertretung einzuräumen. Der Bundesvertreter, der vom eidgen. Volkswirtschaftsdepartement bezeichnet wird, hat das Recht, gegen die Übernahme einzelner Geschäfte Einspruch zu erheben und den Verkauf der Wechsel à forfait zu verlangen;

c. die in Frage stehenden Lieferungen nach Russland sind ausserhalb des schweizerisch-russischen Kompensationsabkommens durchzuführen.

Der Antrag ist dem Finanz- und Zolldepartemente zum Mitbericht überwiesen und von diesem im Einvernehmen mit dem Volkswirtschaftsdepartement zurückbehalten worden bis die prinzipielle Frage der Bemessung der Risikogarantie ihre Erledigung gefunden hat. Der Bundesrat hat nunmehr am 8. März einen Beschluss gefasst3, wonach das Volkswirtschaftsdepartement angewiesen wird, sich zu bemühen, den in Art. 2 des Bundesbeschlusses vom 8. Oktober 1936 als Regel genannten Satz von 50% Risikogarantie in der Mehrzahl der Fälle nicht zu überschreiten.

Das vorliegende Geschäft bedeutet in verschiedener Hinsicht ein Novum. Während die schweizerischen Exporteure bis jetzt einzeln und direkt mit der russischen Handelsvertretung verhandelten und innert verhältnismässig kurzer Frist bezahlt worden sind, soll nach den Plänen von Herrn Nationalrat Wüthrich ein Bankensyndikat als Vermittler geschaffen werden, und die Bezahlung würde in Akzepten erfolgen, die in 10 bis 30 Monaten eingelöst würden.

Der erwähnte Bundesratsbeschluss vom 8. März 1937 sowie der Versuchscharakter, der den Vorschlägen des Herrn Wüthrich innewohnt, haben dem Finanz- und Zolldepartement Veranlassung gegeben, das Geschäft mit dem Volkswirtschaftsdepartemente neuerdings zu besprechen und im Einverständnis mit dem antragstellenden Departemente folgende Änderungen in Aussicht zu nehmen:

1. Der Betrag von 10 Millionen Franken scheint etwas hoch bemessen zu sein, wenn man sich vergegenwärtigt, dass der Bund nach dem Wortlaute des Bundesbeschlusses vom 8. Oktober 1936 insgesamt nur für 30 Millionen Franken Risikogarantien übernehmen darf, wovon bis zum 31. Dezember 1936 schon für 6,6 Millionen Franken in Anspruch genommen worden waren. Es wäre darum angebracht, das Geschäft nur bis zum Höchstbetrage von 5 Millionen Franken zu genehmigen.

2. Ein Garantiesatz von 70% ist im Hinblick auf den Bundesratsbeschluss vom 8. März 1937 ebenfalls als zu hoch anzusprechen. Da im Verkehr mit Russland in den letzten Jahren noch kein schweizerischer Exporteur zu Schaden gekommen ist und die Zahlungsfristen seit einigen Monaten als sehr kurz zu bezeichnen sind, würde es sich empfehlen, für Geschäfte nach Russland durchwegs nur den im Bundesbeschluss als Regel vorgesehenen Garantiesatz von 50% zur Anwendung zu bringen. Da im vorliegenden Falle aber Zahlungsfristen zur Anwendung kommen sollen, die länger als üblich sind, könnte das Finanz- und Zolldepartement schliesslich einen Garantiesatz von höchstens 60% befürworten. Es setzt dabei voraus, dass auch in diesem Falle gemäss der neuen Praxis eine Degression des Garantiesatzes bis auf 30% eintritt, wenn es nur zu einem teilweisen Verlust kommen sollte.

3. Das Volkswirtschaftsdepartement hat in seinem Antrage vorgesehen, dass die Transaktion spätestens bis zum 31. März 1937 zustande kommen müsse. Da sich in der Behandlung des Geschäftes eine Verzögerung ergeben hat, sollte diese Frist jetzt bis zum 30. Juni 1937 erstreckt werden.

Gemäss dem im Einverständnis mit dem Volkswirtschaftsdepartement vom Finanz- und Zolldepartement gestellten Gegenanträge wird daher beschlossen:

Dem Gesuche des Herrn Wüthrich wird in dem Sinne entsprochen, dass der Bund grundsätzlich für die in Frage stehenden Lieferungen nach Russland bis zum Höchstbetrage von 5 Millionen Franken eine Risikogarantie von höchstens 60% des allfällig eintretenden Verlustes übernimmt, unter folgenden Bedingungen:

a. die Transaktion muss spätestens bis zum 30. Juni 1937 zustande kommen, wobei die Regelung im Einzelnen der Genehmigung des eidgen. Volkswirtschaftsdepartement unterliegt;

b. dem Bunde ist im Bankensyndikat eine Vertretung einzuräumen. Der Bundes Vertreter, der vom eidg. Volkswirtschaftsdepartement bezeichnet wird, hat das Recht, gegen die Übernahme einzelner Geschäfte Einspruch zu erheben und den Verkauf der Wechsel à forfait zu verlangen;

c. die in Frage stehenden Lieferungen nach Russland sind ausserhalb des schweizerisch-russischen Kompensationsabkommens durchzuführen.

1
E 1004.1 1/363. Etait absent: G. Motta.
2
Non retrouvée.
3
Non reproduit, cf. E 1004.1 1/363, No 431.