dodis.ch/46308 Le Chargé d’Affaires de Suisse à
Téhéran,
A. Daeniker, au Président de la Confédération, G, Mot ta
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Letzter Tage hatte ich bei mir den dänischen Gesandten in Moskau, Herrn Ove Engell, zu Gast, der alljährlich für einige Wochen sich in Teheran aufhält, wo er gleichfalls akkreditiert ist. Ich brachte dabei auch das Gespräch auf die Einstellung offizieller Kreise in Moskau zur Schweiz im Zusammenhang mit dem Problem der Nichtanerkennung. Herr Minister Engell meinte, dass selbstverständlich die Sowiets diejenigen europäischen Staaten mit einem gewissen Ressentiment beurteilen, deren Regierungen ihnen die Anerkennung de jure bis heute Vorbehalten haben. Der Wunsch, diesen Zustand überwunden zu sehn, sei dabei hauptsächlich von Prestigerücksichten beeinflusst; eine Animosität gegenüber der Schweiz wegen des Ausgangs des Worowski-Prozesses oder wegen anderer Gründe sei wohl kaum feststellbar. Es sei eine Erfahrungstatsache, dass sich diejenigen Staaten, die bis dahin die Sowietregierung nicht anerkannt haben, ökonomisch besser gestellt haben als selbst diejenigen, welche freundschaftliche Beziehungen mit ihr unterhalten (eine definitive Benachteiligung ist allerdings die verweigerte Durchfuhrbewilligung für Waren, die nach östlichen Staaten wie z. B. Iran spediert werden).
Was die Propagandatätigkeit seitens der Kominternorganisationen auf dem Gebiete solcher Staaten, welche die Anerkennung bereits ausgesprochen haben, betrifft, müsse doch wohl festgestellt werden, dass das Bestehn einer offiziellen Sowietvertretung darauf eher hemmend wirke oder sie zum mindesten kanalisiere, nicht aber sie ansporne; Herr Engell sieht darin keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit eines Staates, welcher die Anerkennung ausgesprochen hat.
Herr Minister Engell kam auch auf die religiöse Lage zu sprechen und bezeichnete die Lage des Protestantismus als trostlos. Es seien heute noch 3 reformierte Pfarrer in Russland zugelassen; das Kommen eines der letztem nach Moskau anlässlich der letzten Weihnachtsfeier habe sich zu einer wahren Trauerkundgebung entwickelt, trotzdem ihm das Predigen nicht gestattet worden sei.
Herr Engell war während des letzten sog. II. Trotzkisten-Prozesses in Moskau anwesend, er führt diesen Prozess teilweise auf wirtschaftliche Gründe zurück, teilweise aber auch auf die tatsächlich subversive Tätigkeit einzelner der Angeklagten, denen die umstürzlerische Tätigkeit derart zum Lebenselement geworden, dass er ihnen durchaus zutraue, gegen das Weiterbestehn des Régimes ernstlich konspiriert zu haben.