Classement thématique série 1848–1945:
IV. QUESTIONS FINANCIÈRES GÉNÉRALES
1. Investissements suisses à l’étranger et accords de clearing; problèmes de compétence entre DPF et DEP
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 11, doc. 323
volume linkBern 1989
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001C#1000/1534#3091* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(C)1000/1534 177 | |
Dossier title | Durchführung der mit versch. Ländern getroffenen Devisenabkommen, II (1935–1936) | |
File reference archive | C.42.10 |
dodis.ch/46244 Le Délégué du Conseil fédéral pour le Commerce extérieur, W. Stucki, au Vorort de l’Union suisse du Commerce et de l’Industrie1
Unter höflicher Bezugnahme auf meine vorgestrige mündliche Besprechung mit den Herren Dr. Hans Sulzer und Dr. Wetter beehre ich mich, Ihnen meine Ansicht über die schweizerische Aussenhandelspolitik im allgemeinen und diejenige gegenüber den Staaten Osteuropas im speziellen kurz wie folgt zu bestätigen:
1. Bis zur Abwertung2 hat die Schweiz bewusst die Einfuhr aus sogenannten Clearingstaaten nicht nur begünstigt, sondern mit verschiedenen Mitteln in vielen Fällen direkt forciert, selbst wenn dadurch die Einfuhr eine gewisse Verteuerung erfahren hat. Diese Politik ist schon damals bekanntlich von vielen Seiten heftig kritisiert worden. Nach der Abwertung stellt sich die Frage, ob diese Politik weitergeführt werden kann, obschon sie zweifellos in Konflikt kommt mit der vom Bundesrat festgesetzten Richtlinie: Lockerung der Einfuhr, Kampf gegen Preiserhöhungen. Meines Erachtens – und diese Ansicht wird vom Bundesrat geteilt – ist es weder möglich noch zweckmässig, die Clearingländer nun plötzlich vollkommen zu vernachlässigen. Die Einfuhr aus diesen Ländern ist nach wie vor zu begünstigen, soweit dies eine spürbare Rückgewinnung auf die Preise von Waren, die für den Index der Lebenshaltung bedeutsam sind, möglich ist. Eine Forcierung der Einfuhr und die Bezahlung von Überpreisen für solche Waren kann dagegen nicht mehr gerechtfertigt werden. Der Import aus Clearingländern, die nicht gleichzeitig abgewertet haben, wird deshalb voraussichtlich zurückgehen und damit verringert sich die Möglichkeit, unsern Export nach solchen Ländern in bisherigem Ausmasse aufrecht zu erhalten, da er nicht mehr über Verrechnung bezahlt werden kann.
2. Die Waren, welche wir aus den Clearingländern Osteuropas beziehen, sind fast ausnahmslos für die Gestaltung des Lebenskostenindexes von wesentlicher Bedeutung. Sie sind aber auch erfahrungsgemäss ohne Bezahlung von Überpreisen für die Schweiz in den meisten Fällen nicht erhältlich. Da diese Überpreise nicht mehr bezahlt werden sollen, da sogar bei verschiedenen Oststaaten die Tendenz besteht, gerade die wichtigsten Waren nur noch gegen freie Devisen und nicht mehr in Verrechnung zu liefern, so muss bedauerlicherweise mit einem starken Rückgang der Importe und damit der Speisung dieser Clearings gerechnet werden.
3. Wenn der Staat zu dieser Erkenntnis gelangt, leider gelangen muss, so ist es nicht mehr sein Recht sondern seine Pflicht, dafür zu sorgen, dass nicht die schweizerischen Exporteure im Vertrauen auf die bestehenden Staatsverträge ungehemmt weiter ausführen. Die ohnehin schon gewaltigen Rückstände für bereits gelieferte Waren würden sich damit noch wesentlich erhöhen, ohne dass die Gewissheit oder auch nur die Wahrscheinlichkeit bestünde, diese Guthaben selbst innert sehr langer Frist, über Warenimporte abzudecken.
4. Aus diesen Gründen bin ich der Ansicht, dass Clearingverträge, die derart schlechte Aussichten bieten, auf möglichst nahen Zeitpunkt zu kündigen und zu liquidieren sind. Wo eine Kündigung nicht auf kurze Frist ausgesprochen werden kann (Türkei)3, ist eine starke Einschränkung des Exportes leider unvermeidlich, bezw. es muss der Exporteur auf das ausserordentliche Risiko, das er bei seinen Exporten übernimmt, ausdrücklich aufmerksam gemacht werden. Das gleiche gilt meines Erachtens auch mit Bezug auf die Exporte nach ändern solchen Staaten für die Zeit bis zum Ablauf der Kündigungsfrist.
5. Da aus den mündlich erwähnten Gründen vollständige Exportverbote oder auch eine weitere starke Drosselung des Exportes auf dem Wege der Kontingentierung politisch und psychologisch äusserst bedenklich und schwer verständlich wäre, so blieb kaum etwas anderes übrig, als die Exporteure auf anderem Wege über die veränderte Situation aufzuklären und sie auf das stark gesteigerte Risiko aufmerksam zu machen. Diese Absicht lag dem Zirkular der Schweizerischen Verrechnungsstelle vom 9. ds. Mts.4 zugrunde.
6. Der Wortlaut dieses Zirkulars ist insofern missverständlich und unvollständig, als die Ausführung von Geschäften, die vor dem 6. November abgeschlossen worden waren, auch meiner Ansicht nach gleich zu behandeln ist, wie vor dem 6. November ausgeführte Lieferungen.
7. Ich begreife vollkommen, dass das erwähnte Zirkular der Verrechnungsstelle bei vielen Exporteuren Bestürzung verursacht hat. Ich halte aber dafür, dass diese ausdrückliche Warnung notwendig war und aufrecht erhalten werden muss. Wenn wir der vollendeten Überzeugung sind, dass die Zahlungsmöglichkeiten sehr stark zurückgehen, so dürfen wir den Exporteur nicht im Glauben lassen, der Staat werde Willens und in der Lage sein, in bisheriger Weise für die Bezahlung getätigter Exporte zu sorgen. Der Exporteur muss wissen, dass der Staat in Zukunft weder aus seiner eigenen Kasse zur Bezahlung solcher Exporte Opfer übernehmen kann, noch ändern Kreisen solche Opfer zumuten wird. (Von den Importeuren zu bezahlende Überpreise.)
9. Meines Erachtens besteht für die Bezahlung von Exporten, die ohne besondere Warnung unter der Herrschaft geltender Clearingverträge, eventuell im Rahmen bestimmter Exportkontingente getätigt worden sind, eine rechtliche Haftung des Staates nicht. Eine moralische Verantwortlichkeit wird man jedoch kaum verneinen können. Gerade deshalb musste die ausdrückliche Warnung erlassen werden.
10. Es scheint mir ganz selbstverständlich zu sein, dass der Staat, nach den gegebenen Möglichkeiten immer, selbst nach Erlass einer solchen Warnung dafür besorgt sein muss, seine Angehörigen, namentlich auch diejenigen, die Waren exportiert haben, vor Verlust zu schützen. Diese Möglichkeiten sind aber sehr zurückgegangen und es wird unvermeidbar sein, dass bei ihrer Ausnützung diejenigen vorweg berücksichtigt werden, die in gutem Glauben vor Erlass der Warnung exportiert haben. Die ändern, die trotz der Warnung das grosse Risiko übernehmen wollen, werden selbstverständlich nicht einfach ihrem Schicksal überlassen bleiben, aber in 2. Linie zu stellen sein. Was dies bedeutet, ist für jeden, der die Verhältnisse kennt, leicht auszurechnen!
11. Was insbesondere Rumänien5 anbelangt, so ist mir die Bedeutung dieses Landes insbesondere für den Export schweizerischer Maschinen, sehr wohl bekannt. Ich bin deshalb auch der bestimmten Ansicht, dass der Import der wichtigsten rumänischen Waren (Benzin und Öl) weiter nach Möglichkeit in den Dienst unseres Exportes zu stellen ist. Ich habe mich deshalb mit aller Energie dagegen gewendet, die Provenienzvorschriften für den Import flüssiger Brennstoffe zu beseitigen und werde auch weiterhin diese Stellung annehmen. Dagegen dürfen den Importeuren spürbare Überpreise auch für diese Waren nicht mehr zugemutet werden. Auch kommt dazu, dass es zurzeit noch fraglich ist, ob die Rumänische Regierung die gesamten Waren weiter gegen Bezahlung im Verrechnungsverkehr liefern lässt oder dafür freie Devisen verlangt. Aus diesen beiden Gründen scheinen mir auch neue Exporte nach Rumänien nicht ohne wesentliches Risiko zu sein.
- 1
- Lettre (Copie): E 2001 (C) 4/177.↩
- 2
- Cf. no 297.↩
- 3
- Cf. no 322, n. 4.↩
- 4
- Dans cette circulaire, après avoir communiqué la décision du Conseil fédéral du 30 octobre de dénoncer les accords de clearing conclus avec certains pays de l’Est de l’Europe (cf. no 306), l’Office suisse de Compensation écrit: En vertu d’instructions du Département fédéral de l’Economie publique nous portons à la connaissance des intéressés que les exportateurs qui livreront désormais des marchandises en Roumanie, Yougoslavie, Grèce, Bulgarie ou en Turquie ne pourront plus absolument compter recevoir le paiement par la voie du clearing des créances découlant de telles exportations; ils doivent plutôt à l’avenir s’attendre à ce que l’exportation soit limitée à l’exécution de compensations privées. De ce fait, la délivrance de certificats de contingentement et de certificats de clearing par les instances compétentes (organismes chargés de la gestion des contingents et chambres de commerce) est, sans exception, à partir du 6 novembre a. c. subordonnée, le cas échéant, à la signature d’une déclaration spéciale par l’exportateur certifiant qu’il a pris connaissance de la présente communication. (E 2001 (D) 1/221.)↩