Classement thématique série 1848–1945:
II. RELATIONS BILATÉRALES
1. Allemagne
1.1. Relations financières et commerciales
Également: Conclusion d’un 3ème additif à l’accord de compensation et d’un 1Oème avenant à la convention de commerce avec le Reich. Annexe de 29.12.1936
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 11, doc. 315
volume linkBern 1989
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001C#1000/1534#2834* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(C)1000/1534 161 | |
Dossier title | Verrrechnungsabkommen mit Deutschland, Zusatzabkommen vom 6. Juli 1936, II (1934–1936) | |
File reference archive | C.42.45.a • Additional component: Deutschland |
dodis.ch/46236
Le Ministre de Suisse à Berlin, P. Dinichert, au Délégué du Conseil fédéral pour le Commerce extérieur, W. Stucki1
Nachdem ich meine Erhebungen bei den zuständigen Stellen über die deutschen Forderungen und Wünsche zu den nächsten Verhandlungen abgeschlossen habe, beehre ich mich, Ihnen über diesen Gegenstand folgendes zu berichten:
1. Rahmenabkommen
Die deutsche Delegation wird mit der bestimmten Instruktion in die Verhandlungen eintreten, die bisherige Struktur des Rahmenabkommens nicht mehr aufrecht zu erhalten. Die Aufteilung der im Verrechnungsverkehr zur Verfügung stehenden Mittel in zwei Hypotheken soll demnach fallen gelassen werden und an deren Stelle eine Ausscheidung nach bestimmten noch zu vereinbarenden Quoten, welche den verschiedenen Interessentengruppen zugewiesen werden sollen, vorgenommen werden. Die Gruppe der Exporteure würde daher in Zukunft nicht mehr mit einer bestimmten Grösse rechnen können wie bisher.
Deutschland wird aus dieser Forderung zweifelsohne eine conditio sine qua non machen; dies schon aus dem Grunde, weil die deutsche Regierung unbedingt daran festhält, dass die Finanzgläubiger in Zukunft besser gestellt werden sollen2.
Dies bedeutet an und für sich keine Abweichung von der im Memorandum vom 9. Mai3 dargelegten Auffassung, wonach die Verteilung der deutschen Ausfuhrerlöse auf die drei grossen Gläubigergruppen in erster Linie eine Angelegenheit der Schweiz sei. Diese Ansicht soll vielmehr aufrecht erhalten werden, jedoch unter der ausdrücklichen Bedingung, dass die Ansprüche der Finanzgläubiger eine endgültige Regelung erfahren.
Der absolut freie Reichsbankanteil4, das heisst unbeschwert von Belastungen wie Stillhaltezinsen, Zinsen für Neukredite usw., sollte meines Erachtens bei maximal 10% fixiert werden können. Ich glaube kaum, dass in dieser Hinsicht weitergehende Forderungen gestellt werden.
Das zukünftige Abkommen soll höchstens auf die Dauer eines Jahres befristet werden.
2. Warenverkehr
Wie bereits erwähnt, soll der Warentransport nach deutscher Auffassung nicht mehr mit einer zum vorneherein bestimmten Summe rechnen können. An deren Stelle würde vielmehr eine prozentuale Quote treten, aus welcher vorab die Nebenkosten sowie auch die Stromkosten, welche praktisch kaum eine Kürzung erleiden können, beglichen werden sollen. Was noch darüber hinaus zur Verfügung steht, soll zu Bezahlung des Warenexportes Vorbehalten bleiben und zwar in der Weise, dass für eine begrenzte Frist, zum Beispiel für ein Quartal, eine Summe zum voraus festgelegt wird, deren Grösse sich richtet nach den Erfahrungen während einer bestimmten vorangehenden Zeitperiode.
Diese Globalsumme wäre nach einem zu vereinbarenden Schlüssel auf die verschiedenen Überwachungsstellen aufzuteilen, wobei es die Meinung hat, dass diese nach eigenem Ermessen darüber bestimmen, das heisst zu deren Lasten Devisenbescheinigungen erteilen können nach Massgabe des auch im neuen Vierjahresplan5 wiederum unterstrichenen Gesichtspunktes des dringlichen Bedarfes.
Die Begründung zu dieser Forderung liegt nach deutscher Ansicht darin, dass eine Besserstellung der Finanzgläubiger unumgänglich sei, was natürlich nur auf Kosten des Exportes geschehen kann. Wenn aber zur Bezahlung der Ausfuhr von Schweizerwaren weniger Mittel zur Verfügung stehen, so muss im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten der dringende Bedarf in erster Linie berücksichtigt werden.
Ich bin zwar der Überzeugung, dass keine Einwände dagegen erhoben werden, wenn schweizerischerseits das Begehren gestellt wird, dass innerhalb der den Überwachungsstellen zugeteilten Quoten Ausscheidungen für bestimmte, die Schweiz besonders interessierende Positionen vorgenommen werden. Ich glaube sogar, dass sich die deutsche Regierung dazu verstehen könnte, dass zum Beispiel über die eine Hälfte dieser Zuteilungen die Überwachungsstellen nach ihrem Ermessen und über die andere nur im Einverständnis mit den zuständigen schweizerischen Stellen verfügen könnten.
Über Waren, die Saisonschwankungen unterliegen, müssen natürlich von Fall zu Fall die entsprechenden Abreden getroffen werden. [...]
3. Reiseverkehr
Die deutsche Regierung ist der Auffassung, dass die Verkoppelung des Reiseverkehrs nach der Schweiz mit den Kohlenbezügen ihre Berechtigung verloren habe6. Von dieser Verbindung sei man tatsächlich schon dadurch abgekommen, dass für die einzelnen Monate bestimmte Beträge vereinbart worden sind. Man könne also füglich noch einen Schritt weitergehen und den Gegenwert der gesamten Kohlenlieferungen dem Sammeltopf zukommen lassen, aus dem die Zuteilungen an die einzelnen Gruppen vorgenommen werden, wobei auch für den Reiseverkehr wie bisher diese Zuteilung in bestimmten Summen für die einzelnen Monate, anstatt in einer prozentualen Quote, vorgenommen werden kann.
Deutscherseits wird wahrscheinlich noch der Wunsch vorgebracht werden, innerhalb des Kontingentes für den Hotelverkehr einen Betrag für Gesellschaftsreisen auszuscheiden. Diesem Begehren könnte meines Erachtens vielleicht durch eine Vereinbarung entsprochen werden, wonach den wichtigeren Reiseagenturen ein bestimmter verhältnismässiger Anteil vom monatlichen Fixbetrag zugewiesen wird. Dabei würde es diesen Agenturen freistehen, innerhalb eines Betrages, auf den sie bestimmt rechnen können, Gesellschaftsreisen zu organisieren. Gleichzeitig würde dadurch erreicht werden, dass das Schweizer Reisebureau in Berlin nicht von Monat zu Monat stiefmütterlicher behandelt wird, was in letzter Zeit der Fall war. Wir müssen unbedingt vermeiden, dass deutscherseits mit der Zeit eine Kontrolle über die Reisenden ausgeübt wird in dem Sinne, dass nur noch solche Personen zum Erwerb von Kreditdokumenten zugelassen werden, die dem Regime genehm sind.
4. Kapitalverkehr
Über die von deutscher Seite oft erhobene Forderung eines Kapitalabstriches wird sich reden lassen. Man ist hierseits selbst überzeugt, dass sich die Schweiz auf ein solches Begehren nicht einlässt. Hingegen werden wohl neue Anläufe zu einer langfristigen Regelung des gesamten Schuldenproblems etwa im Sinne des sogenannten Somary-Planes7 zu erwarten sein, obschon hier kein Zweifel mehr darüber besteht, dass der genannte Vorschlag praktisch nicht durchführbar ist. Über eventuelle Anregungen in dieser Richtung ist man sich allerdings noch nicht im klaren.
Die Frage der Fundierung ist eine weitere conditio sine qua non. Herr Ministerialdirektor Wohlthat erklärte mir, dass er niemals einen Vertrag unterschreiben würde, welcher in irgendeiner Weise die Aushändigung von Fundingbonds für Fälligkeiten nach dem 1. Januar 1937 vorsehen sollte8.
Die Frage der Kapitalerträgnisse muss nach deutscher Auffassung so gelöst werden, dass durch die zu vereinbarende Regelung die Ansprüche der schweizerischen Gläubiger als ausgeglichen gelten. Eine Abmachung, wie sie zum Beispiel mit Holland getroffen worden ist und über die ich Ihnen seinerzeit eingehend berichtet habe9, wird nicht abgelehnt. Man verweist jedoch auch ausdrücklich auf die Beispiele Belgiens und Italiens, wo mit einem Bartransfer von 372% sämtliche Verpflichtungen abgegolten sind, ohne dass darüber hinaus noch ein Schuldtitel ausgehändigt wird, wie es gegenüber den holländischen Gläubigern geschieht.
Herr Ministerialdirektor Wohlthat ist persönlich der Auffassung, dass in absehbarer Zeit den Zinsansprüchen aus lang- und mittelfristigen Anlagen eine ähnliche Verwendungsmöglichkeit eingeräumt werden kann wie der Registermark. Infolge des stetigen Abbaues der Stillhalteverpflichtungen10 werden sich seiner Ansicht nach die Stillhaltegläubiger gegen eine allgemein gewährte Auflösung der Zinsguthaben im Reiseverkehr nicht mehr sträuben.
5. Versicherungsverkehr
Nach wie vor soll der Versicherungsverkehr den devisenrechtlichen Beschränkungen grundsätzlich nicht unterworfen werden.
6. Aktivzinsen
Auch gegen die weitere Einbehaltung der Aktivzinsen wird die deutsche Regierung voraussichtlich keine Schwierigkeiten erheben. Es dürfte jedoch auch hier das Begehren gestellt werden, diese Zinsen dem Sammelkonto gutzuschreiben, wobei es die Meinung hat, dass die zu Lasten der sogenannten Aktivzinsen-Million bisher bestrittenen Verpflichtungen, ebenfalls durch eine Zuteilung aus dem Sammeltopf befriedigt werden.
7. Rückstände
Begreiflicherweise wird deutscherseits auch das Begehren gestellt, für die Abtragung der Rückstände eine Regelung zu treffen. Was diejenigen auf dem Konto Reiseverkehr im Belaufe von rund 23 Millionen Franken anbetrifft, so gewärtigt die deutsche Regierung immer noch die im Briefwechsel vom 6. Juli dieses Jahres vorgesehene Vereinbarung über einen Sonderbezug deutscher Kohle11. Es wurde mir versichert, dass deutscherseits jedenfalls die erforderlichen Vorbereitungen zur Abdeckung dieses Saldos durch Kohlenlieferungen bereits getroffen worden sind.
Was die Rückstände auf dem Konto Waren und Nebenkosten anbetrifft, die per 31. Oktober auf rund 28,4 Millionen Franken aufgelaufen sind, so wünscht Deutschland, dass zur Abtragung dieses Saldos ein besonderes Tilgungskonto geschaffen wird, ähnlich wie es zum Beispiel mit Holland vereinbart wurde, welches natürlich aus der Quote gespiesen werden müsste, die für den Warenverkehr auszuscheiden wäre.
Die Rückstände aus der Lieferung von Transitwaren werden nicht viel Kopfzerbrechen machen, da sie nur noch ungefähr 4 Millionen Franken betragen sollen. Es wird jedoch unumgänglich sein, in diese Regelung auch den noch nicht abgedeckten Rückstand aus Lieferungen von Transitwaren, die vor dem 1. Februar 1936 nach dem ehemaligen Zollausschlussgebiet um Jestetten getätigt worden sind, einzubeziehen, da als Folge der schweizerischen Währungsmassnahme in diesem Gebiete aus dem Handelsverkehr mit der Schweiz in nächster Zeit nicht mehr genügend Frankenbeträge anfallen dürften. Diese Rückstände beziffern sich jedoch nach meiner Schätzung höchstens noch auf 50 bis 60000 Franken.
Diesen Ausführungen ist zu entnehmen, dass Deutschland ganz allgemein gesprochen die Absicht hat, den Verrechnungsverkehr wesentlich einfacher zu gestalten. Dabei wird ein nachdrücklicher Appell zu erwarten sein, auch schweizerischerseits zu einer grosszügigen Regelung des Problems Hand zu bieten und zwar in der Weise, dass nicht für jede einzelne Position zum voraus auf Franken und Rappen bestimmt wird, was ihr zukommen soll. Es wird vielmehr beabsichtigt, diese Detailpunkte durch eine engere ständige Fühlung mit den kompetenten schweizerischen Behörden, insbesondere mit der Gesandtschaft, je nach Bedarf zu ordnen, wie dies auch im Verkehr mit übrigen Ländern geschieht, wobei nach deutscher Auffassung beide Partner nur die besten Erfahrungen gemacht haben. Dabei denkt insbesondere Herr Ministerialdirektor Wohlthat weniger an die Einsetzung eines nach seiner Ansicht etwas schwerfälligen Regierungsausschusses, sondern eher an einen ständigen Kontakt der Gesandtschaft mit den einzelnen deutschen Ressorts, wodurch die Begrüssung sämtlicher Abteilungen, die in einem Regierungsausschuss notwendigerweise vertreten sein müssen, vermieden wird.
Ich brauche wohl nicht besonders zu betonen, dass ich mit den deutschen Referenten mich über die zukünftige Ausgestaltung des Zahlungsverkehrs nur unter dem ausdrücklichen Vorbehalt unterhalten habe, dass die gepflogenen Besprechungen für die schweizerische Stellungnahme in keiner Weise präjudizierend seien.
Ich habe jedoch diese Sondierungen gemacht in der Überzeugung, dass sie einer Beschleunigung der ohnehin stark belasteten Verhandlungen nur förderlich sein können. In diesem Sinne wäre es meines Erachtens von Vorteil, wenn auch den deutschen Behörden die allgemeinen Linien über die schweizerische Stellungnahme bekanntgegeben werden könnten. Ich wäre Ihnen zu Dank verbunden, wenn Sie mir in dieser Beziehung einige Anhaltspunkte geben würden, vorausgesetzt, dass Sie meiner Ansicht beipflichten.
- 1
- Lettre (Copie): E 2001 (C) 4/161.↩
- 2
- Dans son mémoire daté du 18 octobre 1936 qui concerne les conditions faites aux créances financières dans un nouvel accord de clearing avec l’Allemagne, A. Jöhr note: [...] Ich gehe von der Annahme aus, dass nach der Abwertung des Schweizerfrankens noch viel weniger als bisher die Finanzgläubiger sich mit dem fünften Rang zufrieden geben können; tatsächlich gingen ihnen bisher voraus: 1) der Reiseverkehr, 2) die Reichsbankquote, 3) die Export- und Nebenkosten-Quote, 4) die Kapitalhärtefälle. Dass die schweizerischen Finanzgläubiger auf die gleiche Stufe wie die ändern Interessenten gestellt zu werden verlangen, ist bekannt. Neu ist, dass in den letzten Verhandlungen der Leiter der Deutschen Delegation von sich aus ein ähnliches Begehren der deutschen Seite angemeldet hat und dass Reichsbankpräsident Schacht sich mir gegenüber völlig unprovoziert im gleichen Sinne geäussert hat.[...](E 2001 (C) 4/161.)G. Motta s’adresse le 5 novembre à W. Stucki, soutenant également le point de vue de l’Association suisse des banquiers: [...] Wir müssen den Standpunkt der Finanzgläubiger grundsätzlich als berechtigt anerkennen und erachten es als dringend wünschenswert, dass deren Interessen in weitgehenderem Mass, als es bisher der Fall war, berücksichtigt werden.[...] (E 2001 (C) 4/161.) A ce sujet, cf. no 305 + A.↩
- 3
- Cf. no 229.↩
- 4
- A ce sujet, cf. nos 110 et 112.↩
- 5
- Véritable plan de mobilisation de l’économie du Reich pour la guerre dont Göring prend la responsabilité le 19 octobre 1936.↩
- 6
- Cf. no 300.↩
- 7
- Du nom d’un banquier zurichois d’origine autrichienne. Non retrouvé.↩
- 8
- Cf. annexe au présent document.↩
- 9
- Non retrouvé.↩
- 10
- A.J'ôhr écrit à ce sujet au Président de la Reichsbank, H. Schacht, le 12 novembre 1936: Bei der Unterredung, welche Sie mir am 14. Oktober in Berlin gewährt haben, erlaubte ich mir, Ihnen einen konstruktiven Plan für die Neuordnung der schweizerisch-deutschen Finanzbeziehungen im kommenden Jahr zu entwickeln, der nach verschiedenen Richtungen Ihr Interesse gefunden hat. Im Wesentlichen sollte der Plan durch die Fortführung der Stillhaltevereinbarungen den Schweizerbanken ermöglichen, im Laufe von 1–2 Jahren ihre stillgehaltenen Guthaben über den Rückkauf von Registermark auf einen Betrag von vielleicht 250 Millionen Franken zu reduzieren.[, ..](E 2001 (C) 4/161.)↩
- 11
- Cf. no 300.↩
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