Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 11, doc. 272
volume linkBern 1989
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001D#1000/1551#4190* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(D)1000/1551 141 | |
Dossier title | Bürgerkrieg in Spanien, Berichte: Barcelona (1936–1939) | |
File reference archive | B.73.E.7 |
dodis.ch/46193 Le Vice-Consul, Gérant du Consulat de Suisse à Barcelone, A. Gonzenbach, au Chef du Service consulaire du Département politique, C. T. Stucki1
[...]2Mit der Generalidad de Cataluna3 bin ich stets im Kontakt. Die Regierung gibt mir alle Erleichterungen und hat mir schon etliche Male das Mikrophon ihrer Radiostation zur Verfügung gestellt, um meinen Landsleuten Weisungen geben zu können. Da aber im Grunde genommen nicht mehr die Generalidad regiert, sondern die «Milicias Antifascistas», führt Herr José Metzger im Namen des Konsulats die Verhandlungen mit deren Comité Central, wo er sich gute Verbindungen geschaffen hat.
Im Namen der Schweizerkolonie haben wir den «Milicias Antifascistas» die Schweizerschule als Spital zur Verfügung gestellt. Der Aufstand in Barcelona hat ca. 800 Tote gefordert, und die Zahl der Verwundeten wird auf 5000 geschätzt.
Diese Zahlen sind natürlich unverbindlich. – Es fallen auch viele Leute der besitzenden Klasse oder Leiter der Industrie, sowie auch katholische Pfarrer den Racheakten zum Opfer, und gestern sollten in den Leichendepots über 60 Leichen der Identifikation harren.
In den verschiedenen Aufrufen und Reden wird von den Leitern der C.N.T.4 und ganz speziell der F.A.I.5 immer wieder betont, dass sie unter keinen Umständen die Waffen aus der Hand geben sollen, die Waffen, welche sich die Arbeiter selbst erobert haben. Das schliesst natürlich eine äusserste Gefahr in sich, umsomehr, als C.N.T. und F.A.I. vollständig kommunistisch sind. Die Generalidad möchte am liebsten die F.A.I. entwaffnen, besitzt aber dazu absolut keine Möglichkeit.
Ausser den oben erwähnten Massnahmen von Seiten des Konsulats nenne ich Ihnen noch folgende, indem ich jedoch vorher noch ausdrücklich bemerke, dass ich von Madrid keinerlei Instruktionen erhalten habe.
Zum Schutz der einzelnen Landsleute habe ich Zeugnisse ausgestellt, mit meiner oder des Kanzlers Unterschrift und mit dem Stempel des Konsulats versehen, welche an die Türen der betreffenden Wohnungen geheftet werden können, und worin ich die betreffenden Landsleute unter den Schutz des Konsulats stelle. Für diejenigen Schweizer Firmen und Firmen, in welchen nachweisbar Schweizer Interessen vertreten sind (also bei Firmen, bei welchen Schweizer Kapital beteiligt oder welche Schweizer Ware in Konsignation besitzen) habe ich ein anderes Zertifikat, ebenfalls lt. Kopie, verabfolgt, welches ebenfalls an die betr. Türen geheftet werden kann. Letztere Zertifikate sind durch Vermittlung des Herrn Metzger mit dem Stempel des Central-Komitees der Antifaschistischen Miliz versehen.
In der Ausgabe dieser letzteren Zertifikate habe ich äusserste Vorsicht walten lassen, da wir von dem Central-Komitee ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht worden sind, dass Herr Metzger und das Konsulat die Verantwortung für evtl. Missbräuche zu tragen hat.
Ich konnte mich nicht weigern, kleine Pakete mit Schmuck, Gold und Wertsachen auf dem Konsulat zu akzeptieren. Ich habe hierfür keine Quittungen ausgegeben und ausdrücklich bemerkt, dass das Konsulat keinerlei Verantwortung dafür übernehmen kann. Im Einverständnis mit dem französischen Konsulat werde ich diese Wertsachen in handliche Kisten verpacken lassen und im Notfälle sehen, ob solche auf ein Schiff gebracht werden können.
Die Liste der Firmen, welche unter Schweizer Schutz gestellt worden sind, wird in den Tagesblättern veröffentlicht werden.
Das Central-Komitee der Miliz hat von unseren Konzentrationspunkten (s. Zirkular)6 Kenntnis und ist voll und ganz mit unserem Vorhaben einverstanden, und ich hoffe, dass im Falle der äussersten Not diese Refuges von der Miliz selbst werden geschützt werden.
Die Lage im allgemeinen ist hier ähnlich, wie sie wohl bei Ausbruch der Revolution in Russland gewesen sein mag, aber mit dem Unterschied, dass die hiesigen effektiven Machthaber Angst haben, die fremden Interessen irgendwie zu schädigen, weil sie unter allen Umständen eine fremde Intervention vermeiden wollen.
- 1
- Lettre: E 2001 (D) 1/141.↩
- 2
- Les événements à Barcelone et dans les environs à partir du 18 juillet. L’évacuation d’environ 350 ressortissants suisses grâce aux navires anglais, français, allemands et italiens.↩
- 4
- Confédération nationale du travail.↩
- 5
- Fédération anarchiste ibérique. CNT et FAI sont deux organisations anarchistes et non communistes au sens de la IIIe Internationale, comme le texte pourrait le laisser croire.↩
- 6
- Non reproduit.↩
Tags
Spain (Others)
Spanish Civil War (1936–1939)