Language: German
22.5.1936 (Friday)
CONSEIL FÉDÉRAL Procès-verbal de la séance du 22.5.1936
Minutes of the Federal Council (PVCF)
La délégation suisse s’efforcera de ne pas laisser à l’Italie l’administration de toutes les marchandises suisses contingentées et de faire augmenter les contingents.

Classement thématique série 1848–1945:
II. RELATIONS BILATÉRALES
15. Italie
15.1. Relations commerciales et financières et accord de clearing
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Printed in

Jean-Claude Favez et al. (ed.)

Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 11, doc. 237

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Bern 1989

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dodis.ch/46158
CONSEIL FÉDÉRAL
Procès-verbal de la séance du 22 mai 19361

877. Italien. Verhandlungen

Das Volkswirtschaftsdepartement berichtet folgendes:

«Mit Beschluss vom 21. Februar 19362 hat der Bundesrat der damals bezeichneten Delegation für die Verhandlungen mit Italien den doppelten Auftrag erteilt, auf handelspolitischem Gebiete gewisse, im Beschlüsse selbst näher umschriebene schweizerische Begehren durchzusetzen und auf finanzpolitischem Gebiete die Regelung des Transferdienstes vertraglich festzulegen.

Der letztere Auftrag konnte von der Delegation in befriedigender Weise durchgeführt werden, sodass ein Transferabkommen zustande kam, welchem der Bundesrat in seiner Sitzung vom 17. April 19363 seine Genehmigung erteilte.

Anders verhielt es sich mit den handelspolitischen Begehren. Dieselben erstrebten bekanntlich die Zustimmung Italiens zur Dekonsolidierung der Zölle auf Naturseide und einer erheblichen Erhöhung der Zölle auf Kunstseide sowie die Zustimmung zur Freiheit des Seidenveredlungsverkehrs, ferner eine tarifarische Neuregelung der elektrischen Automobilbestandteile, im weiteren die Wiederherstellung des Vertragszustandes für Küpenfarbstoffe und der amtlichen Werte für Alkaloide und synthetische Riechstoffe und schliesslich eine Neuordnung des italienischen Kontingentierungssystems4.

Das letztere Begehren, nämlich die Neuordnung des italienischen Kontigentierungssystems, auf dem wir gewisse Verbesserungen der letztjährigen Protokolle5 wünschten, welche uns die Kontigentsverwaltung bei der Einfuhr in Italien verschafft hätte, erfuhr nun im Laufe der Verhandlungen einen völligen Umtausch der Rollen. Statt die von uns verlangte weitere Ausgestaltung unserer eigenen Kontingentsverwaltung zu bewilligen, verlangte Italien die Beseitigung der im letzteren Jahre vereinbarten Protokolle und unsere Zustimmung zum Übergange unserer gesamten Einfuhr an die italienische Kontingentsverwaltung, d.h. unter das System der italienischen Einfuhrbewilligung. Italien verlangte damit allerdings nur etwas, das wir hinsichtlich der Einfuhr in die Schweiz allen Ländern gegenüber bereits seit 1932, d. h. seit Beginn der Kontigentierung6, selber anwenden, insofern die Einfuhr in die Schweiz aus sämtlichen Ländern nur auf Grund unserer eigenen Einfuhrbewilligungen erfolgen kann. Es war schwierig, den Italienern ihr Begehren abzuschlagen, nachdem wir selbst stets eifersüchtig darüber gewacht haben, den ausländischen Staaten in keiner Weise ein Mitspracherecht zu unserer Einfuhrregelung zu gewähren.

Die Ablehnung des italienischen Begehrens liess sich nur dadurch begründen, dass man auf die tatsächlichen Verhältnisse hinwies. In der Tat kann die Einfuhr in ein kleines Land viel leichter durch die staatlichen Organe geregelt werden als dies bei einem grossen Lande möglich ist. Dazu kam, dass die italienische Einfuhrregelung, wie sie sämtlichen Ländern gegenüber heute schon Gültigkeit hat, eine ziemlich komplizierte Institution darstellt, welche für den Absatz unserer Produkte in Italien berechtigte Befürchtungen auslösen musste.

Nachdem Ende März die schweizerische Verhandlungsdelegation zur Überzeugung kam, dass Italien unter allen Umständen auf seinem Begehren beharren werde, und dass eine Durchsetzung unserer Wünsche ohne Zustimmung zur Unterstellung unserer Ausfuhr unter die italienische Kontingentsverwaltung unmöglich war, wurden die Verhandlungen von der schweizerischen Delegation unterbrochen, um sich mit den interessierten Verbänden in Verbindung zu setzen und neue Instruktionen einzuholen. Auf Grund der damals geführten Besprechungen begab sich die Delegation am 13. April neuerdings nach Rom, in der Hoffnung, die italienische Forderung auf Kontingentsverwaltung auf einen bestimmten Teil des italienischen Zolltarifs begrenzen zu können und die Zustimmung der italienischen Regierung zu unseren Begehren auf dem Seidengebiete durch eine Beschränkung derselben zu erwirken.

Diese Verhandlungen führten jedoch zu keinem Ziele, indem sich die italienisehe Delegation absolut unnachgiebig zeigte und eine Kündigung des schweizerisch-italienischen Handelsvertrages in Aussicht stellte, sofern wir unsere Zustimmung zur italienischen Kontingentsverwaltung sämtlicher Positionen des italienischen Zolltarifs verweigern sollten. Die Hartnäckigkeit der italienischen Delegation wurde durch die inzwischen erfolgten militärischen Erfolge in Äthiopien7 und die gesamte internationale politische Lage zweifellos sehr gestärkt.

Da damit zu rechnen ist, dass Italien fest entschlossen ist, auf den 1. Juli nächsthin auch der Schweiz gegenüber das Einfuhrlizenzsystem zur Anwendung zu bringen, d. h. auch die Einfuhr aus der Schweiz unter eigene Verwaltung zu nehmen, und da wir anderseits mit Rücksicht auf die schweizerische Seidenindustrie unsere bezüglichen Begehren unter allen Umständen durchsetzen müssen, darf nicht länger gezögert werden, mit Italien eine Einigung herbeizuführen, selbst durch das Opfer, unsere bisherige Vorzugsstellung bei der Einfuhr nach Italien aufzugeben. Wir müssen uns dazu umso mehr entschliessen, als die bevorstehenden Verhandlungen mit Deutschland8 wenig erfreuliche Perspektiven eröffnen und wir unter keinen Umständen riskieren dürfen, gleichzeitig mit Deutschland und Italien in einem vertragslosen Zustand zu leben.

Wir glauben daher, dass der schweizerischen Delegation die Weisung zu erteilen ist, die von Italien verlangte Verwaltung der Einfuhr schweizerischer Erzeugnisse zu bewilligen, wobei es Aufgabe der Delegation sein soll, wenigstens für eine gewisse, engbeschränkte Anzahl von Positionen die schweizerische Kontingentsverwaltung aufrecht zu erhalten; es würde sich um diejenigen Warenpositionen handeln, unter denen eine Ausfuhr zur Hauptsache an Detaillisten erfolgt, sodass sich das italienische Lizenzsystem infolge seiner Umständlichkeit als eine Gefährdung unserer Absatzmöglichkeit auswirken müsste. Diese Positionen betreffen gewisse Textilien, Uhren, Käse, Vieh und Obst.

Wenn es der Delegation jedoch nicht möglich sein sollte, auf diesen beschränkten Positionen die schweizerische Kontingentsverwaltung zu erhalten, so soll sie ermächtigt sein, eine Regelung zu treffen, wonach die gesamte schweizerische Ausfuhr nach Italien unter die italienische Kontingentsverwaltung zu stellen ist, wie dies bei der Einfuhr aus sämtlichen ändern Ländern nach Italien heute schon der Fall ist.

Die bereits im Bundesratsbeschluss vom 21. Februar 19369 fixierten schweizerischen Begehren sind auch heute aufrecht zu erhalten. Daneben soll die Delegation ermächtigt sein, den italienischen Begehren um Kontingentserhöhung bei der Einfuhr italienischer Waren in die Schweiz weitgehend Rechnung zu tragen, zumal dies im Interesse der Durchführung des Clearingverkehrs und damit des schweizerischen Exportes liegt. Die völlige Umgestaltung der schweizerisch-italienischen Handelsbilanz in den letzten 3 Monaten, welche eine aussergewöhnliche Schrumpfung der Einfuhr italienischer Waren in die Schweiz auswies, sodass wir, entgegen Jahrzehnte langer Gewohnheit, in den letzten drei Monaten eine Aktivbilanz mit Italien hatten, zwingt uns übrigens aus Selbsterhaltungsgründen zu einer möglichsten Lockerung der Kontingente. Die an Italien neu zu gewährenden Kontingentsansätze sind im übrigen mit den in Betracht kommenden Verbänden von Industrie und Landwirtschaft festgelegt worden.

Mit Rücksicht auf die auf dem Spiele stehenden Interessen wäre ausserdem den schweizerischen Delegierten noch ein Vertreter des Vororts und für die Behandlung der landwirtschaftlichen Belange ein Vertreter des Schweizerischen Bauernverbandes beizugeben.»

Antragsgemäss wird beschlossen:

Der schweizerischen Delegation für die Endetappe der handelspolitischen Verhandlungen mit Italien wird Weisung im Sinne der vorstehenden Ausführungen erteilt.

1
E 1004 1/358.
2
Cf. no 211.
3
Cf. no 221.
4
Cf. no 100.
5
Accord du 8 mars et protocole additionnel du 18 juin 1935. Cf. nos 106 et 129.
6
5. Cf. DDS vol. 10, no 144 dodis.ch/45686, n. 2.
7
Cf. no 230.
8
Cf. rubrique II.1.1: Allemagne, relations financières et commerciales.
9
Cf. no 211.

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